Sonntag, 24. Juni 2007

Isaac Hayes Blaxploitation Time
Der Fortsetzungsroman -
Kapitel 3

Zunächst mal eine Korrektur zu Kapitel 2: Black Moses ist natürlich von 1971, nicht von 74 – schließlich wollte ich ja auch einigermaßen chronologisch durch die Discographie spazieren.

Joy (1973)
Dass dieses Album kein ganz großer Knaller wurde, liegt wohl daran, dass sich hier neben dem fantastischen 16-minütigen Titelsong fast nur noch Füllmaterial findet. Aber lasst euch nicht abschrecken, denn Joy allein ist die Anschaffung des Albums schon wert. Ein superhypnotischer Midtempo-Burner mit mächtiger Bassline, eleganten Streichern und einem meisterlichen untertourigen Groove. Für mich einer drei besten Hayes-Tunes ever. Die vier weiteren Songs bewegen sich üblichen Rahmen: leicht schmieriges Liebesgesäusel im Barry White-Stil (die beiden haben übrigens auch mal eine Single gemeinsam besungen, ist aber nicht so doll geraten). Okay, The Feeling Keeps On Coming geht wegen seiner vorzüglichen Orchestrierung auch ganz okay.

Live At The Sahara Tahoe (1973)
Bin ja eigentlich kein Freund von Live-Alben, aber dieses Doppel-Vinyl hat es in sich. Gelang es Hayes doch, seinen fetten Sound auch auf der Bühne mit Riesenband, Streichorchester und reichlich Gebläse perfekt zu reproduzieren: nicht im Sinn von steril, sondern redhot, brodelnd, intensiv. Ohnehin war er anno 1973 in Bestform, trat konsequent mit goldbehangenem nacktem Oberkörper auf und sonnte sich in seinem Starruhm. Dazu gibt es lange Ansagen und Interludes im Plauderton, aber eben auch knackigen Funk und zum Teil ziemlich variierte Interpretationen von Klassikern (Shaft, Do Your Thing). Charles Pitts Gitarre ist einfach nur göttlich und dazu kommen zum Teil epische Coverversionen von Light My Fire, It’s Too Late (Carole King), Feelin’ Alright und gleich zweimal Bill Withers (Use Me und Ain’t No Sunshine als Zehnminüter). Soul Music braucht man ja normalerweise nicht als Konzert-Konserve, das hier aber schon.

Tough Guys (1974)
Mit seinem nächsten Blaxploitation-Score konnte Hayes im Jahr 1974 zwar nicht an den kommerziellen Erfolg von Shaft anknüpfen, aber das Album kann sich musikalisch durchaus mit dem Vorgänger messen, wie ich finde. Warum das Album Tough Guys, der Film aber 'Three Tough Guys' heißt, habe ich nicht verstanden, auch nicht, den hier auch als Schauspieler agierenden Hayes an die Seite von ausgerechnet Lino Ventura zu stellen. Da passt der dritte harte Bursche Fred Williamson schon besser ins Bild. Aber das Werk war eben eine italienische Produktion, also lustigerweise eine Italo-Exploitation-Variante des Blaxploitation-Genres. Die Tunes sind insgesamt deutlich knackiger als der insgesamt doch recht milde Shaft-Score. Das Titelthema klaut auch gleich beherzt beim Vorgänger, ansonsten ist Tough Guys eher ein typischer Blaxploitation-Score, der routiniert Funk- und Soul-Elemente mit typischer Filmmusik, also Streichern und Bläsern kombiniert. Dabei erweist sich Isaac Hayes erneut als der meines Erachtens beste Mann auf diesem Gebiet. Selbst der flauschigste Instrumentaltrack wird unter seiner Regie zu einem produktionstechnischen Lehrstück, allein die immer wieder ganz famose Gitarre liefert ein Kabinettstückchen nach dem anderen. Herzstück des Albums ist natürlich der Rare Groove-Klassiker Hung Up On My Baby, ein ganz ähnlich wie Cafe Regio's aus Shaft gestricktes Gitarren-Instrumental, das dank Eins zu Eins-Übernahme von den Geto Boys auch HipHop-Geschichte geschrieben hat (Mind Playing Tricks On Me).

Truck Turner (1974)
Die wahre Perle im Midsiebziger Opus. Der Meister nun auch im Kino ein publikumsträchtiges Zugpferd, dazu natürlich für den Score verantwortlich. Der einst ziemlich schwer zu kriegende Blaxploitation-Knaller ist jetzt übrigens problemlos als deutsche DVD mit dem verwirrenden Titel Chicago Poker zu haben. Habe ich mir zuletzt wieder angesehen und war hellauf begeistert – schaut euch mal Trailer an.
Immerhin unter der Regie von Jonathan Kaplan stakst Hayes als moderner Kopfgeldjäger durch die Gegend, der das Schulterhalfter seiner Magnum gerne auf nacktem Oberkörper trägt, und ein doch recht explizites Blutbad anrichtet – der Showdown ist ein ziemliches Gemetzel. Auch dabei: Yaphet Kotto und Nichelle Nichols aka Lieutenant Uhura von der Enterprise.
Auch musikalisch erweist sich Truck Turner als Hayes' bester Soundtrack, was vor allem an dem grandiosen Neunminüter Pursuit Of The Pimpmobile liegt. Hier zieht er alle Register seines typischen Blaxploitation-Sounds: funky as hell, mit delirierenden Streichern und mächtigen Hörnern und natürlich einer superfetten Gitarre. Ganz klar ein echtes Genre-Highlight, das ich dem Shaft-Thema immer vorziehen würde. Auch die anderen Tracks des 1974 als edles Doppelvinyl veröffentlichten Soundtracks erweisen sich als denen von Tough Guys und Shaft überlegen. Nur wenig daddelnde Hintergrundmusik, dafür gleich mehrere treibende Funknummern, auch hier nur gelegentlich mit Gesang versehen. Einen flauschigen Gitarren-Track à la Cafe Regio's finden wir auch: Blue's Crib ist erneut ganz große Kunst in Sachen moody Funk Music. Der Rest ist prototypischer Blaxploitation-Sound in höchster Perfektion, detail- und ideenreich inszeniert, und vor allem ohne Einschränkung empfehlenswert.

Demnächst an dieser Stelle dann Kapitel 4 mit der Hinwendung zum slicken Disco-Sound und einem superlustigen Video, das kann ich schon mal versprechen. (Whirlyjoe)

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