Donnerstag, 21. Dezember 2006

Abt.: DJ At Work DJ-Handbuch, Teil 4. Musikwünsche Pt. 2. Hinsichtlich der Musikwünsche beim DJ-ing kommt es natürlich darauf an, ob man für die Fans überhaupt erreichbar ist. Daniele Baldelli in seinem gläsernen Aufzug im Baia Degli Angeli dürfte sich wegen so was keine Sorgen gemacht haben. Ein Mann wie sbs-Blog-Mitstreiter Whirlyjoe, der in Stuttgart im Palast Der Republik auflegt, kann den Wünschen nicht entgehen. Denn was sich jetzt recht pompös anhört, ist eigentlich ein ehemaliges Toilettenhäuschen, welches anständig zu einer Bar/Kneipe umgebaut wurde. Im Sommer tummeln sich auf dem beschallten Platz um den Palast Hundertschaften, um eine gute Zeit zu haben, im Winter dürfte der Laden mit 30 Leuten gut gefüllt sein. Und da wo Whirlyjoe mit seinen beiden Plattenspielern steht, ist er allem und jedem ausgeliefert (wie er damit umgeht, erfahrt ihr morgen…). Im Stadtkrug (oben rechts seht ihr sbs-Resident Ingolf bei der Arbeit) trennen uns zumindest die beiden soliden, knapp 120 cm hohen und 2 Zentner schweren Tische von der Meute und die Tatsache, dass sich ein Speaker zirka 1 Meter vom Arbeitsplatz entfernt befindet, erleichtert die Kommunikation nicht gerade. Wir haben es dahinter eigentlich recht kommod, aber natürlich ist das nichts gegen die DJ-Booth, die sich Sven Väth in seinem Superclub Cocoon eingerichtet hat. Da spricht man von drei verschiedenen Set-Ups (Plattenspieler, CD-Player, Mixer, Effekte), einer großzügigen Sitzlandschaft, Riesenkühlschrank, Bar, Dusche und WC. Alles über dem Dancefloor trohnend. Nicht schlecht. Sowas ähnliches habe ich schon mal woanders gesehen, da hing der DJ auch unerreichbar unter der Decke, hatte sich aber ein Transparent mit seiner Handynummer drucken lassen und der Aufforderung, ihm die Musikwünsche doch per SMS zukommen zu lassen. Dass man als DJ unter der Decke trotz allem nicht sicher ist, habe ich allerdings schon in meiner frühen Jugend gelernt. In der Kreisstadt Höxter gab es die BB (Abkürzung für Beau Brummel), eine ziemlich erstklassige 3-Raum-Örtlichkeit, vorne Kneipe/Cafe, im Nebenraum Disco, daneben der Kicker. Dort hatte man die DJ-Kanzel wie eine Art Hochsitz in 2,50 Meter Höhe auf vier Kanthölzer montiert, die mitten im Raum standen und natürlich unten und oben befestigt waren. Wegen der mittleren Raumhöhe von zirka 3,50 Meter verrichtete der DJ seine Arbeit im sitzen. Wollte man ihn um einen Song bitten, musste man die Leiter hochklettern und einen sackähnlichen Vorhang beiseite schieben. Das habe ich mich natürlich nicht getraut, denn ich war noch so jung und die DJs waren natürlich so was wie unantastbar-coole Halbgötter! So wie z.B. DJ Walter Leineweber, der später lange Jahre in der 3. Kreisklasse als Trainer arbeitete und bei jedem (!) Wetter in seltsamen Schlappen/Badelatschen rumlief. Im Winter wurden nur die Socken dicker. Da stand er nun an der Seitenlinie, der Mann zu dem ich einst aufgeschaut hatte, schimpfte wie ein Rohrspatz, weil sein VfB Bruchhausen gerade von Lauenfördes 2. Mannschaft eingedost wurde. Im Schneematsch, mit Skisocken in Badelatschen.... Zurück zur BB: Nur wenn Gerdchen Weinhold kam, dann wurde die DJ-Kanzel zur Falle. Der kam immer komplett in Jeans, mit Westernstiefeln und Südstaaten-Hosenträgern. Manchmal hatte er gar eine blöde Konföderierten-Kappe auf. Gerdchen stellte sich an eins der Kanthölzer, brüllte „Skynyrd“ oder „Outlaws“ oder so nach oben und brachte die Kanzel zum vibrieren. Gerdchen war Terror pur. So breit wie hoch (zirka 1,90 x 1,90), schon von Natur aus, aber er war einer der ersten, der per Muckibude und allerlei Mittelchen nachgeholfen und wirklich beängstigende Muskelberge aufgebaut hatte. Im Hirn spielte sich dafür nicht viel ab. Und keiner hat sich getraut was dagegen zu unternehmen. Der DJ spielte 3 x hintereinander Free Bird, wenn Gerdchen es wollte und wenn ihm langweilig wurde, stellte er sich in den Durchgang von Kneipe zu Disco und verteilte Watschen. Ein Problem hatte man, wenn man in der Disco festsaß, denn Bar und Klo befanden sich jenseits des Durchgangs. Nur die Frauen, die ließ er in Ruhe. Später ging er dann ein paar Mal in den Knast (und wir hatten Ruhe) und irgendwann hörte man, dass er sich beim Bäume fällen ungünstig positioniert hatte. Das war das Ende von Gerdchen, aber da war die BB schon lange geschlossen und in Höxter ging man in den Felsenkeller, den BB-Wirt Uwe Linsdorf anschließend eröffnete. Und der ja neulich abgebrannt ist. Und dieser Uwe Linsdorf tauchte doch tatsächlich beim November shake baby shake auf und war äusserst begeistert, dass es so was noch gibt… so ein Abend völlig ohne „Stressmusik“, wie er sich ausdrückte… da spielte Axel gerade Use Me von Bill Withers Live…. Aber ich schweife ab. Aber da gerade Bayern – Aachen im TV angepfiffen wird, werde ich den Kreis auch nicht mehr schließen… (R-man)

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ausgleichende Gerechtigkeit! Endlich müssen die Höxteraner mal nach Beverungen kommen, und nicht umgekehrt - hey, herzlich willkommen in der Musik-Metropole des Weserberglandes!!

krille hat gesagt…

War auch mal Opfer von dem Weinhold. Sommer 1972. Ich gerade schön auf Reise. "Alter, hast mich angekuckt. Paar auf die Fresse?" Bumms! War gar nicht nett. Aber die BB war geil! Kürzel stand aber doch für die ehemalige "Bambusbar", wenn ich nicht irre. KRILLE

Anonym hat gesagt…

Hatte über Google mal ein Paar Begriffe von alten Clubs eingegeben und stieß so auf deine Webside.
Habe herzlich über die alten Schilderungen aus der BB gelacht und war emotional sehr gerührt - war doch die Endzeit der BB meine ersten Dicoerfarungen der Jugend.
Obwohl ich in Bremen wohnte, weilte ich in allen Schulferien bei meiner Oma in HX und war fester Teil der dortigen Szene.

Vor allem die Sommer waren klasse, wenn wir mit Rotwein und Bier aus der BB an die Weserpromenade in Häuschen zogen und dort rauchten...

Von 1982 bis 1987 habe ich dann im Felsenkeller Freitags die Scheiben aufgelegt - war ne dufte Zeit.

Wenn es shake baby shake immer noch gibt, dann schaue ich mal in Beverungen rein. Wohne bei Witzenhausen nicht allzuweit entfernt.

Anonym hat gesagt…

Those were tehe days ...auf der Suche nach der guten alten BB hier gelandet und nach ca viereinhalb Jahrzehnten plötzlich den Hochsitz und Weinhold wieder vor meinem geistigen Auge gesehen. Ach ja, die BB.. "In der Kreisstadt Höxter gab es die BB (Abkürzung für Beau Brummel), eine ziemlich erstklassige 3-Raum-Örtlichkeit, vorne Kneipe/Cafe, im Nebenraum Disco, daneben der Kicker. Dort hatte man die DJ-Kanzel wie eine Art Hochsitz in 2,50 Meter Höhe auf vier Kanthölzer montiert, die mitten im Raum standen und natürlich unten und oben befestigt waren. Wegen der mittleren Raumhöhe von zirka 3,50 Meter verrichtete der DJ seine Arbeit im sitzen. Wollte man ihn um einen Song bitten, musste man die Leiter hochklettern und einen sackähnlichen Vorhang beiseite schieben." Thx for the memories, Stammgästin 1977-79/80 von der Nachtigall.