Freitag, 9. März 2007

R-man in London
Ein Reisebericht


Am Montag mittag ging's los, ich wollte Chris & Carla in Bonn sehen. Ein geliehenes Navi (toll die Dinger) brachte mich direkt vor die Tür des Amsterdam Record Shop in Dortmund, ein Zwischenstop, den ich sonst ausgelassen hätte. Ohne Navi hätte ich mich sicher gnadenlos verfahren und mir die Laune für den gesamten Abend versaut. Der ARS ist ein Laden alter Schule, mit einem in die Jahre gekommenen Rocker hinter der Theke, der dann tatsächlich Michael Stanley Band Live aufgelegt hat (voll High Fidelity-mässig). Geschätzte 30 Jahre stauben die Regale schon vor sich hin und das Aufräumen hat man kurz danach als unlösbare Aufgabe ad acta gelegt. Die Bakterien, die auf den Plastikhüllen der 7"-es klebten, würden wahrscheinlich die Bewohner einer afrikanischen Kleinstadt komplett ausrotten.

Trotz allem wurde ich wie folgt fündig: LPs von Russ Ballard (wegen On The Rebound, einer Whirlyjoe Empfehlung) und 2 x Supermax (je 5,-). Dazu 7"-es von Supermax, Sister Sledge, Love Unlimited, Donna Summer, Chilly, Grace Jones und Boney M. (mit Gadda-Da-Vida auf der Seite). Mit 2 Euro vielleicht etwas überbezahlt, aber ich wußte nicht, wieviel Zeit ich in London haben würde... Dazu 50 Cent Maxis von Boris Gardiner, Kane Gang (Respect Yourself), Charlie Sexton, Edwin Starr und Feargal Sharkey.

Mit Navi ganz locker die Frongasse in Bonn gefunden und einen netten Abend in der Harmonie mit Chris & Carla gehabt. Chris Eckman wollte natürlich wissen, ob ich schon einen Plan für den DJ-Gig in Ljubljana hatte und als ich ihm locker "LCD Soundystem-Gang Of Four-Talking Heads-The Clash-Stooges" hinwarf, war er völligst begeistert. Das würde auf jeden Fall klappen...

Am Dienstag dann ab Köln/Bonn nach London. In Gatwick gelandet und mit dem Zug bis King's Cross gezuckelt. Als ich dann um 13 Uhr in mein Hotel kam (da war ich noch nie), sagte mir das Rezeptions-Arschloch, einchecken könne man erst ab 14 Uhr, daß hätte ich wohl übersehen. Reine Schikane, denn da die Zimmer nicht größer als 2 x 1,80 Meter waren, war um die Zeit sicher schon eins sauber und beziehbar. Die Reinigung kann nicht länger als 3 Minuten dauern. Schon von der zu putzenden Minimalfläche her.

Meinen Termin hatte ich in die Tottenham Court Road Gegend gelegt, die ja vor Record-Shops nur so brummt. Der Virgin Megastore hat schwer nachgelassen (Kenner sagen, Branson würde ständig 10 Millionen reinbuttern und sich schwören, es wären die letzten, die Schließung des Highstreet Shops hätte allerdings Auswirkungen auf seine anderen Geschäfte) und HMV hat schwer aufgeholt. Bei letzteren erstand ich drei Maxis einer WEA-Reissue-Serie (The Ghetto, Good Times, We Are Family). Dann schlenderte ich die Berwick Street lang, kurz bei Sister Ray rein, zu Sound Of The Universe (der Soul Jazz Shop), aber nix gefunden, weil das britische Preisgefüge zumindest bei Neuerscheinungen richtig schmerzt. Letztlich wurde ich aber bei Phonica schwach und erstand zwei Padded Cell Maxis, Vangelis' Let It Happen im Remix (erstklassig) und die Doppel-LP Ultra Rare 12"-Mixes der Rolling Stones, ein Boot mit Raritäten der Disco-Phase. Alles recht teuer. Aber man muß sich auch mal was gönnen. Aus dem Keller des Record & Tape Exchange Shops holte ich zum Ausgleich noch ein paar 10 Cent-Teile von Hard Kandy, Black Eyed Peas, Brothers Johnson, Men At Work etc.

Abends traf ich mich mit Nick, dem Gitarristen von Hobotalk, einem ultranetten, schwer relaxten Neuseeländer. Der zudem als DJ zwischen James Brown und De La Soul unterwegs ist. So haben wir uns ein paar Stunden enthusiastisch angeschrien, denn die Szenekneipen der angesagten Shoreditch Gegend (Jack The Ripper-Territorium) bestehen allesamt aus Beton - oben, unten, links und rechts. So trafen wir uns in der Big Chill Bar zum Tamla Abend, aber Smokey und die anderen Motownisten hatten einen schweren Stand. Denn die Stimmen der Anwesenden kreuzten ungebremst den Raum und sorgten für einen unglaublichen Grundlärm. Da ist man als DJ gleich auf verlorenem Posten. Dieses Akustikproblem zog sich von Kneipe zu Kneipe und auch die zügig weggehauenen Pints halfen nichts. Nachher waren wir richtig heiser und ermüdet von der ganzen Brüllerei.

Der Mittwoch begann mit einem Meeting und es blieb nur wenig Zeit, um noch ein paar Shops abzuklappern. 60 Shops hatte die Fopp-Kette kürzlich dazu gekauft und sich damit ganz oben in der Liste eingereiht. Um die Ecke von Virgin haben sie ganz frisch einen Riesenshop aufgemacht (alles Neuware) und da die Preise bei 1 Pfund anfangen, kann man auch mal gefahrlos zugreifen. Zwei Isaac Hayes CDs und ein paar Soul/Balearic-Sampler habe ich direkt mitgenommen.

Der letzte Stop war der Soul & Dance Exchange Laden in Notting Hill Gate, eine 2nd Hand Institution. Zwei Tage braucht man, um alles zu sehen. Alleine im 20 Pence Keller (30 Cent in Euro) finden sich zirka 7-8.000 Maxis und LPs aus oben genannten Bereich. Das macht einen natürlich wahnsinnig, weil 98 % absolute Grütze ist. Aber wenn man dann über eine Beat Goes On 12" der Whispers stolpert (auf Solar noch dazu), dann sucht man halt weiter. Ebenfalls aus dem Keller: Maxis der Erotic Drum Band, von Sea Level, Delta House Of Funk (mit Ahsley Beedle), Robbie Nevil etc. Von oben nahm ich noch für 1 Pfund mit: Supermax - Lovemachine (Gus Gus Remix), War (spätes Album), George Kranz, Stones-Cover (u.a. Gimme Shelter von Merry Clayton), Kelley Polar Quartet, Doobie Brothers (im Remix), Marvin Gaye, Chic und Michael Jackson (mit Ain't No Sunshine der Jackson 5).

Da war es schon 8 Uhr abends, die Füße platt und da ich um 5 Uhr aufstehen mußte, um rechtzeitig in Gatwick zu sein, kehrte ich noch auf ein kaltes Heineken in das Big Chill House ein. Das ist in Kings Cross, auch relativ neu, erstreckt sich über mehrere Etagen und ist wirklich ein Augenschmaus von Bar. Das Akustikproblem habe ich direkt gelöst, in dem ich mich recht nah an die mannshohen Boxen setzte. Leider legten die beiden DJs eine HipHop Scheibe nach der anderen auf und trieben den alten Jung-DJ (also mich) förmlich raus aus dem netten Laden. Und ins schmale Hotelzimmer.

Und da ich jetzt zu müde bin, um meine Plattenspieler anzuschließen (die waren ja am Samstag im Stadtkrug aktiv), kann ich noch nicht mal in was reinhören. Morgen dann. (R-man)

PS: Demnächst hier - die shake baby shake DJs gemeinsam in Budapest. Da wackelt die Puszta!

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

doch, wenn du so viel zu erzählen hast, darf der bericht schon mal etwas ausführlicher werden. macht spass zu lesen, dazu die hübschen bilder - man kan die staubigen singles fast schon riechen. ich fühl mich jedenfalls, wie wenn ich auch dabei gewsen wäre. bin mal gespannt, wie du "on the rebound" findest - für mich ja eine klassisch-knackige rock-disco-nummer. vielleicht kennt das sonst noch wer?

Anonym hat gesagt…

neid...allein wegen dj andy smiths tamla tuesday wär ich gern mitgekommen:)

sag mal, boris gardiner...sicher, dass du nicht boris Gardner (ohne i) meinst? und wenn ja, was? wäre evtl interessiert...

Tick, Trick und Track hat gesagt…

Siehste, DJ Andy Smith war das. Hatte ich an dem Abend aber wieder verdrängt, sonst hätte ich ihm mal auf die Finger geschaut. Aber wie schon im Bericht geschildert, die Stimmen der Leute sorgten für zirka 100 Dezibel und das nicht mal gute Soundsystem versuchte da eher vergebens System in den Sound zu bringen. Ging nicht.

Würde sagen den Herrn Gardiner gibt es mit und ohne I. Es ist aber der gleiche, halt diese Reggae-Type. Der hatte ne gute Booker T.-Nummer auf einer dieser Soul Jazz ?00 % Dynamite Compis (Melting Pot). Ich habe auch eine WEA 7" von Uptown Top Ranking da heißt die eine Althia. Die Jamaikaner haben das glaube ich nicht so genau genommen. Ich schaue zu Hause mal, was ich da gekauft habe... melde mich nochmal. -R-man

PS.: Das nächste Mal nehme ich euch alle mit.

Anonym hat gesagt…

Cheers r-man,

ein wirklich lesenswerter Bericht; da weiß ich, wo ich bei meinem nächsten London-Trip vorbeischneien muss.
Aber Mal was anderes: bei deinem Kaufverhalten müssen ja absolute Unmengen an Vinyl & Cds zusammenkommen - wie lagerst Du deine Sammlung eigentlich!?! Hast du dir was aus einem kompletten Wäldchen schreinern lassen, oder regiert eher das Chaos ;-)

Tick, Trick und Track hat gesagt…

Danke für die Blumen. Ich könnte auch mal versuchen, einen Londoner Gesamt-Überblick zu geben, wenn es gewünscht wird.

Bei mir herrscht das Chaos. Leider. Aber ich habe mich damit abgefunden. Es ist auch zuviel Zeug, um es tatsächlich richtig zu hören, aber das Kauferlebnis ist ja auch erstmal nicht zu verachten. Vielleicht kommt ja mal der Tag, an dem mich die Vernunft einholt und ich tatsächlich alles mehrmals höre, bevor ich dem nächsten Tonträger nachjage... aber wohl eher nicht.

Tatsächlich habe ich zur Zeit ein Platzproblem und überall kleine bis große Stapel. Ikea-Regale vollgestopft, dazu ein maßgeschneidertes. Trotz allem finde ich irgendwann, was ich suche. Sicher nicht wie bei sbs-Axel, der handgeklöppelte Silberbuchstaben vor den Regalbrettern seiner alphabetisch geordneten Wand hat. Aber der eine ist so, der andere so...

Boris Gardiner - I Wanna Wake Up With You 12". "Top Hit England", sagt das Cover. 1986 auf Chic Records. Ist von einem gewissen Peters, eine Version und You`re Good For Me ist auch noch drauf.

Vielleicht interessant für Chrispop! Ebenfalls gekauft: Bert Kaempfert - Afrikaan Beat (da steht "Top Hit USA" drauf).

Bis später. r-man

Anonym hat gesagt…

ähhm..hab ich nicht nur gardiner mit gardner, sondern auch noch boris mit billy (dem "sugar ray") verwechselt...kommt davon, wenn man von der arbeit aus postet:) ich hatte gaanz kurz gehofft, du hättest da ne superrare funk 7" aus der billigkiste gezogen(dann wär ich jetzt sofort nach beverungen gekommen& hätt versucht, sie dir abzuquatschen, bevor du reinhörst...)
warum kaufst du kaempfert-platten in london? die liegen hier auf flohmärkten doch kistenweise rum ("top hit usa" stimmt sogar irgendwie, 2 wochen platz 42 in den billboardcharts(1962)).

und was dj andy smith angeht: da hörst du, was du nicht gehört hast (oderso):
http://djandysmith.com/downloads.php

bestens, chrispop

Tick, Trick und Track hat gesagt…

den Andy mag ich ja eigentlich, aber der schmeisst mir manchmal zuviel zusammen. es gibt ja von dem auch einen northern soul-mix (auf kent?), da mixt er rum wie ein irrer und trotzdem schmerzt fast jeder Übergang. Zumindest habe ich es so in erinnerung...

An Bert Kaempfert hat mich der songtitel gepackt - Afrikaan Beat könnte was taugen, wird es aber wahrscheinlich nicht. Bis dato habe ich Bert und seinen Output auf Flohmärkten geflissentlich übersehen. -R-man

Anonym hat gesagt…

also kaempferts afrikan beat kennt garantiert jeder mensch über 30 - ist ein echter tanzmusikklassiker. wirst du beim reinhören sofort wiedererkennen und mitpfeifen können. hat leider wenig afrikanisches an sich. aber von berti gibt es ja schon ein paar ganz knackige nummern, selbst auf meinen drei, vier billig-flohmarktplatten. vielleicht können wir da auch mal was zusammentragen und ein kleines easy listening-revival ausrufen? im contest hat klaus ja auch schon ein deep purple-cover von hugo strasser aufgeboten, was ihr doch sicher alle bemerkt habt?

Anonym hat gesagt…

da bin ich für!
wär doch ne idee für nen spontan getrickten ostersampler:)

Tick, Trick und Track hat gesagt…

dann mußt du (Chrispop) mal die generelle Guideline ausrufen, wie das auszusehen hat und so... entweder hier in den Comments oder per Mail, dann kann ich das anständig posten und es bringt möglicherweise mehr... aber lass mal wissen wie man das zusammenwürfeln kann... Whirlyjoe, dann mußt du dein alt-vinyl aber digitalisieren, klar oder?

Gibt es ein Thema? Space? Oder Jungle?

R-man

Anonym hat gesagt…

r-man, ich schreib dir (spätestens) montag ne mail, war heut zu beschäftigt mit mitbewohnersuche und dem ersten flohmarktgang des jahres (endlich ike&tina turner - proud mary auf 7" und ne überraschend funkige platte von mea loat auf motown(??????)...).
und gleich gehts auflegen, yippieh:)