Freitag, 16. März 2007

Abt.: Unterbewertet
Dr. John
Anutha Zone

Ganz klar, Gris Gris, das '68er Debüt von Mac Rebenack ist ein absolutes Highlight des New Orleans-Sounds. Ein ultra-heißes Voodoo-R&B-Gebräu, hoch-psychedelisch noch dazu. Danach kamen noch einige Alben mit einem etwas dünneren Aufguss des gleichen Rezeptes, '72 dann noch Gumbo und später reichlich Mittelmaß. Mit vorzugsweise Fremdmaterial, stilistischen Exkursionen und Kooperationen mit Leuten wie Chris Barber. Irgendwann Anfang der 90er soll er die Miete mit der Aufnahme von Werbejingles bezahlt haben.

Klassischer Fall von Karriere in der Sackgasse. Da kam dem Label und Produzent John Leckie die Idee, das New Orleans Urgestein in die Londoner Abbey Road Studios einzuladen und die Band sowohl aus gestandenen als auch jungen britischen Musikern zusammenzustellen. Das hatte er '71 für das Album Sun, Moon & Herbs schon einmal getan, die musikalischen Gäste waren damals Clapton, Jagger, Graham Bond und andere. Als Blueprint sollte allerdings Gris, Gris herhalten, jenes Album, das jeder Dr. John-Kenner auch 30 Jahre und 20 Alben später noch für sein bestes hält.

Ein Teil des Albums wurde in New York aufgenommen. In London waren Paul Weller und diverse Mitglieder von Spiritualized, Portishead, Supergrass, Primal Scream, Ocean Colour Scene, Beta Band zugegen. Der Modfather und die jungen Wilden wirkten auf den Tastenzauberer aus New Orleans offensichtlich äußerst inspirierend, denn selten groovte er lockerer, und nur selten hatte er eine bessere Songsammlung beisammen. Die, bis auf ein John Martyn Cover und ein paar Co-Produktionen, zudem alle aus seiner Feder stammten.

Produzent Leckie verwurzelte die Songs gut in der Erde Louisianas und die britischen Jungspunde finden sich erstaunlich gut in der Welt zwischen Mississippi-Sümpfen und Voodoo-Zauber zurecht. In "Voices In My Head" wuchten sich Supergrass durch dicken Dschungelrock, "I Don't Wanna Know" wird von Paul Wellers warmer Gitarre und Jools Hollands weicher Orgel veredelt, Spiritualized-Chef Jason Pierce verdichtet als Co-Produzent "Hello God" und "John Gris" zu bluesigen Psycho-Soundtracks. Dazu fingert Dr. John gekonnt über die Tasten, knarzt seine Texte wie Beschwörungsformeln beim Blutopfer und sorgt für diese einzigartig langen Grooves und den lässigen Funk, den man so nicht lernen kann. Den muß man gelebt haben.

Fazit: Operation gelungen! Dr. Johns altbekannter Voodoo-Rock klang selten besser. (R-man)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hört sich gut an! Erhältlich wo?

Anonym hat gesagt…

Danke für den Hinweis, hab mir die CD mal wieder raus gekramt und stelle fest, sie ist zu Unrecht in der letzten Zeit hinter ein paar anderen aus dem Dr.John-Katalog verschwunden. Ich hab aber gerade bei meinem persönlichen musikalischen Hausarzt in der Vergangenheit immer wieder Altes neu entdeckt. Die Dr.John Scheiben gehören einfach in jede Hausapotheke, und wirklich schlecht war er eigentlich nie, selbst wenn er ganz traditionell und wenig abenteuerlustig seine Mardi-Gras Klassiker mit Chris Barber eingespielt hat. Aber: Wir folgen unserem Doktor natürlich lieber, wenn er sich auf neue abenteuerliche Pfade begibt. Für die Angelsportfreunde im Stadtkrug empfehle ich aber ganz traditionell in diesem Zusammenhang: "I'm going fishing" von der "Duke Elegant" -CD.
in diesem Sinne "Petri Heil"
Christoph "F-stone" Falkenstein