Sonntag, 10. Januar 2010

Abt.: Kamingespräch Little Feat im Trialog Part 1 Sonniges Wetter und beste Schneeverhältnisse in den Schweizer Alpen, da nahmen R-man und ich die Einladung unseres eidgenössischen SBS- und Spoonful-Mitstreiters Bluetwang gerne an, packten unsere Snowboards ein und verbrachten ein lustiges Wochenende in Bluetwangs herrlich gelegenem Chalet. Mit dem Fernglas konnte man sogar Roman Polanski mit der Fußfessel erkennen. Neben exzessivem Trendsport wollten wir uns aber auch dem schönen Thema Little Feat annehmen, quasi als Fortsetzung unseres Steely Dan-Wochenendes vom Februar 08. Dies geschah dann tatsächlich am wärmenden Kamin, leckeres Raclette gab uns die Kraft für kontroverse Diskussionen und auch Bluetwangs gutsortierter Weinkeller sorgte für Inspiration. Und dazu die Musik von Lowell George und seinen Mitstreitern, kann man tatsächlich ein Wochenende lang anhören. Schnell einigten wir uns darauf, das Oeuvre nach Lowells Tod 1979 zu ignorieren, obwohl sich K-Nut als Nachlassverwalter angeboten hat. Er hat dann aber leider kein Visum für die Schweiz gekriegt. Ich habe die Band in den frühen Neunzigern mal live erlebt, da hat man auch echt nichts verpasst. Nehmen wir uns also die acht Alben bis zu „Down On The Farm“ vor, chronologisch geordnet und immer mit einem offenen Ohr für mögliche DJ-Tauglichkeit im Spoonful-Modus – vielleicht finden wir da ja tatsächlich was.

Little Feat (1971) Whirlyjoe: Das Debüt hat den eigentümlichen Feat-Groove noch nicht zu bieten, manches klingt nach erdigem Blues und auch ein wenig nach The Band. Zwei Songs für die Ewigkeit sorgen für Ergriffenheit – allerdings in Countryfolk: „Willin’“ und „Truck Stop Girl“, beide auch beim zweihundertsten Hören eine einzige Freude. Nicht nur weil Lowell ein toller Sänger ist. Der allererste Eindruck ist jedoch: zur Hölle, was für eine superfette Slideguitar. Die macht Lowell bis heute niemand nach, erstaunlich auch, dass sie im Soundbild so weit vorne wie höchstens noch bei Captain Beefheart steht. Wobei hier auch Ry Cooder als Gast mitmischt. Punktabzüge gibt es für Bill Paynes zu aufdringliches Boogie-Piano. Bei Little Feat nicht wegzudenken, mir aber aus heutiger Sicht zu viel. Und die ruhigeren Songs haben zum Teil so einen leichten Randy Newman-Latenight-Balladeur-Touch, den ich eher uncool finde. Daumen hoch dafür für das Howlin’ Wolf-Cover „Forty-Four Blues / How Many More Years“, das mit dreckigem Blues-Harp und blechernen Vocals wie eine Kreuzung aus dem Original und Dr. John klingt. Im Sound definitiv spoonful, wegen der langsamen und vertrackten Rhythmik aber dann doch nicht tanzbar. R-man: Als beinharter Sounds-Leser konnte man damals nicht vorbei an der Band, die von der ersten Platte an von der Redaktion favorisiert wurde. Ich wünschte, ich hätte mein Sounds-Plattenkritiken-Buch hier und könnte das Review nachlesen bzw. hier präsentieren. Im Prinzip muss ich Joe bei den Songs recht geben, die ersten beiden passen auf jedes Country Rock/West Coast Tape und so manch anderes nicht mehr so richtig ins Jahr 2009. Die Willin‘-Version auf Sailin‘ Shoes geht allerdings tiefer. Habe ich heute verlangen nach Little Feat, würde ich wohl eher zu einem anderen Album greifen. Genau so, wie ich Cahoots (von The Band) wahrscheinlich nie wieder hören werde, was aber nichts über die Qualität beider Alben sagt. Letztlich ist wenig vom 71er Debüt in die klassischen Live-Shows der Band gewandert. Schändlich und unverständlich finde ich es, dass die Firma Warner Bros. Records Inc. nie (das Box-Set mal außen vor) die Tochterfirma Rhino an das Frühwerk gelassen hat, um uns ordentlich remasterte Reissues zu liefern. Fact Nr. 1: Schon vor den Mothers Of Invention war Lowell George der Flöte und Oboe zugetan und spielte die Instrumente so gut, dass er bei mehreren Frank Sinatra-Sessions mitwirken durfte. Bluetwang: Gerade der erste Songs packt mich immer wieder wenn ich dieses Debüt höre. Perfekter Country-Rock mit der von Joe erwähnten superfetten Slide, ein Song für die Ewigkeit. Geschrieben von Billy Payne, ganz ohne die Hilfe des großen Lowell. Schon bald folgt dann mit Truck Stop Girl das nächste Highlight. Die Stripped-Down Version von Willin' gefällt mir auch ganz gut. Die Version auf dem Nachfolgealbum ist dann schon fast ein anderer Song. Tatsächlich hätte es im Rückblick an vielen Stellen nicht geschadet, den klassisch ausgebildeten Billy Payne am Piano etwas zu bremsen. Für mich überwiegt aber klar die Freude an diesem Album. Ein klassisches Rockalbum aus den frühern Siebzigern, aber nicht unbedingt ein klassisches Little Feat-Album. Sailin’ Shoes (1972) Bluetwang: Mit genau solch einem klassischen Rocksong startet dann auch der Zweitling. Könnte auch von vielen anderen zeitgenössischen Band eingespielt worden sein. Als Bluesfan stelle ich fest, dass die reinen Bluessongs von Little Feat nicht unbedingt meine Favoriten sind. Das war auf dem Debüt mit dem Howlin' Wolf-Cover so, und ist hier mit dem Political Blues auch nicht anders. Typischen Feats-Groove gibt's dann mit Sailing Shoes. Schleppend und trotzdem mitreissend. Teenage Nervous Breakdown könnte auch von den Stones sein. Nicht mein Ding. Lässig schleppend und mit viel Slide geht’s dann bis zum Schluss weiter. Für mich sind die drei letzten Songs eine versöhnlicher Abschluss eines Albums, das nicht zu meinen Feats-Favoriten zu zählen ist. R-man: Für mich ist Sailin‘ Shoes das offensichtliche Bindeglied zwischen dem ersten Album und Dixie Chicken. Den 3. Schritt hätte man ohne Sailin‘ Shoes nicht machen können. Was die Bluessongs betrifft, so sehe ich es wie Bluetwang, der Apolitical Blues hat mir nie gefallen und heute schmerzt er so richtig. Mit Teenage Nervous Breakdown konnte ich auch nie was anfangen. Warum? Ich kann es mir nicht erklären. Aber die ersten fünf Songs des Albums taugen ohne Abzug, meine Favoriten sind hier der Tripe Face Boogie (von Hayward/Payne) und die Version von Willin‘. Und hinten raus, da schließe ich mich ebenfalls Bluetwang’s Meinung an, holen sie noch einige Punkte. Aber so mit 20 Jahren Abstand würde ich die zweite Scheibe einer meiner damaligen Top-5 Bands (The Band, die Allman Brüder, Skynyrd…) auch eher als „solide“ einordnen. Brauche ich auch nicht mehr hören, Sailin‘ Shoes hat sich damals in mein Hirn eingefräst. Funktioniert jetzt über total recall. Fact 2: Nach zwei Alben waren Little Feat zwar Kritikerlieblinge, aber die Verkäufe waren nicht der Rede wert. Nach Sailin‘ Shoes löste sich die Band auf und Bassmann Roy Estrada schulte zum Computer-Programmierer um. Whirlyjoe: Also ich finde schon, dass die Band hier schon vorsichtig zu ihrem typischen Fusion-Groove findet. Hier sind die Songs noch überwiegend langsamer und ziemlich blueslastig, aber es steckt schon mehr drin: New Orleans-Swamp-Funk, Bill Payne zumeist an einem ziemlich coolen E-Piano (zum Beispiel am Ende des Videos) und der Slide-Anteil noch immer hoch. Allein - es fehlt an herausragenden Songs, weshalb ich die etwas üppigere Willin’-Version hier sehr zu schätzen weiß. Insgesamt noch nicht der große Wurf. Das Wichtigste an Sailin’ Shoes ist für mich aber wohl das Cover-Artwork, hier vom großen Neon Park erstmals in typischer Manier gestaltet, der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit mit Little Feat. Bei klassischen 70er Jahre-Alben schlage ich ja immer gerne bei Village Voice-Großkritiker Robert Christgau nach, der hier interessanterweise schon auf die inhaltlichen Dimensionen eingeht und je einen Marijuana- und Kokain-Song heraushörte. Das sollte ja noch Folgen haben. Übrigens hat die angesprochene Sounds-Redaktion Lowell & Co erst mit dem 74er Album „Feats Don’t Fail me Now“ wahrgenommen, zu den ersten drei Alben finden sich dort keine Besprechungen.

R-man: ...Reviews vielleicht nicht. Aber jetzt muß ich zu meiner Ehrenrettung dann doch mal in den alten Ausgaben wühlen. Ich erinnere mich noch an eine Feat-Story, da stand unter jeder Coverabbildung: "Wherever you see that record, grab it!" So jetzt aber ab zum Alphorn-Workshop, schließlich wollen wir im Ausland auch was lernen. Fortsetzung folgt.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Alles richtig!
aber:
der King hat heute Geburtstag!
Badayeah!

Heino Walter hat gesagt…

Hallo!

Danke, dass Ihr Euch einer meiner All-Time-Fave-Bands angenommen habt. Ich stufe das Debut und SAILIN`SHOES allerdings höher ein, als es sich bei Euch liest. So findet man auf LITTLE FEAT mit SNAKES ON EVERYTHING einen collen Opener in SAILIN`SHOES-Qualität. Außerdem sind TRUCK STOP GIRL, BRIDES OF JESUS, I`VE BEEN THE ONE und TAKIN`MY TIME zum dahinschmelzen schöne Balladen, die man in dieser Intensität nicht oft zu hören bekommt.

SAILIN` SHOES hat mir mal über eine schwere Zeit hinweggeholfen. Dementsprechend oft habe ich sie gehört und sie wirkt bei mir immer noch als Gesamtkunstwerk. Ich stufe sie - nicht nur im LITTLE FEAT-Output - als überdurchschnittlich ein. Und das, obwohl meine Lieblingsscheibe DIXIE CHICKEN ist.

Bin gepannt auf die weiteren Folgen.

Schöne Grüße
Heino "Little" Walter

Anonym hat gesagt…

Moin,

schöne Idee, bin ebenfalls gespannt auf die nächsten Folgen. Strawberry flats klingt auch sehr nach Stones, Crazy Captain Gunboat Willie finde ich gelungen, Willin`und Truck Stop Girl sind obere Erstligasongs. Sicher sind die Platten alles andere als zeitlos, das stört mich aber nicht groß. Stimme daher Heinos Bewertung zu.
Randy Newman ist uncool und das ist gut so. Er ist alles andere als ein Latenight-Balladeur.

Als praktische Konsequenz der Alphorn-Studien dürfen wir doch sicher hoffen, dass der OBS-Sonntag durch ein furioses Alphorn-Terzett eröffnet wird, das rohe und wilde Versionen von Little Feat-Klassikern durch müde und trunkene Köpfe bläst.
Ansonsten schaue ich fast täglich in Euren blog und hoffe, er bleibt uns noch lange erhalten.

Jürgen alias Hans Dieter

k-nut hat gesagt…

...ich hab' mir das Spätwerk dann doch noch mal wohlwollend angehört, aber:
Das braucht man nun wirklich nicht!

olaf hat gesagt…

ausser "willin'" kenn ich nix von little feat - bin gespannt auf weiteres. aber: wollt ihr euch nicht einer ähnlichen würdigung der produzententätigkeit willie mitchells (RIP) annehmen?

Anonym hat gesagt…

Hallo R-man
In den dem Buch "SOUNDS Plattenkritiken 66-77" tauchen Little Feat erst auf Seite 831 unter Importe auf(Feats don´t fail me know). "Glücklos auf breiter Publikumsebene, umschwärmt hingegen bei Kritikern". So habe ich das auch bei anderen Artikeln im Sounds über Little Feat wahrgenommen.
Auf Seite 1093 wird dann The Last Record Album besprochen und weiter auf Seite 1428 Time Loves A Hero.
LF war nie meine Band hat aber sicher ihren Platz in der Musik-geschichte verdient.
B-KIFFT