Das Buch der Bücher. Damals jedenfalls. 1827 Kritiken aus der ersten Sounds-Generation, geprägt von Jazz, Prog- und Hippie-Idealen der verantwortlichen Schreiber. Erschienen ist das kompakte Brikett mit seinen über 1500 Seiten anno 1979, zu spät geborene wie ich haben immerhin noch die im Vergleich zum nachtschwarzen Original rot eingefasste Zweitauflage von 1982 bei Zweitausendeins erwischt.
Wobei Sounds ja eigentlich erst ab 77 und der Wende zum Punk bis zum unrühmlichen Ende der Eigenständigkeit anno 83 (zwangsfusioniert mit dem Musik Express) richtig spannend wurde, als Leute wie Hans Keller, Andreas Banaski und vor allem Diedrich Diederichsen die Regie übernahmen. Eine Forstsetzung wäre schon was Feines, wobei ich die guten Sounds-Punk/New Wave-Jahrgänge eh alle nachgekauft habe. Auch heute noch ein echtes Lesevergnügen.
Als Teenager war das Soundsbuch für mich aber wirklich wichtig, ich habe es ziemlich sicher komplett gelesen und tausendmal zum Nachschlagen benützt, weshalb es mittlerweile stark an Seitenausfall leidet. Da das Werk seither nicht mehr neu aufgelegt wurde, sollte ich es vielleicht doch mal neu binden lassen. So sieht das billige Paperback eben mindestens so verschlissen wie die Bibel eines fundamentalistischen Mormonen aus.
Selbst beim ziellosen Blättern stößt man auf ebenso erhellende Analysen wie auf bodenlosen Schwachsinn, was vor allem dann sehr unterhaltsam ist, wenn man die schreibenden Protagonisten (u.a. Ingeborg Schober, Karl Lippegaus, Jürgen Legath, Jörg Gülden) zu unterscheiden gelernt hat. Auch das seinerzeit gerne gepflegte hochkulturelle Ideal möglichst komplexer, womöglich improvisierter Musik von Jazz bis Prog wirkt in der Post-Punk-Ära doch ziemlich lächerlich, immerhin schrieben die meisten Kollegen aber doch mit Herzblut und Leidenschaft. Und deren oft beherzten Mut zur Meinung würde man sich in aktuellen Publikationen gerne öfters wünschen.
Als musikalische Sozialisationsinstanz ist die Soundsbibel jedenfalls von kaum zu unterschätzendem Einfluss. Holt sie euch im Antiquariat eures Vertrauens. Bei Ebay ist sie sicher auch gelegentlich zu kriegen.
(Whirlyjoe)
3 Kommentare:
zur zeit ab 60,-euro bei booklooker!
BadaBing!
Völlig richtig, Joe. Ein Standardwerk. Mit der berühmten The Beatles at The Hollywood Bowl Kritik: ...und jetzt Beckenbauer an Müller aaahhhh-oooohhh - Toooor! Neeiin! Abseitsuuuuuuuuuuuhhh-ooohhh... Jajaja, der Schieri gibt Elfmeteruuuuuhhh-oooh! Uwe Seeler hat übers Tor geschossenuuuuuuhhhhh-oooooooh-pfuiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii! Aber jetzt Müllerrr! Neinnnnn, der Gerd, wie der das macht...jaaa, Tooooooooooooorrrrrrrrrrrrrrrrrrr!
So fängt die Rezension tatsächlich an. Irre schräg. Soll deutlich machen, dass die Soundqualität der Aufnahme so schlecht ist, dass es auch ein Fußballspiel sein könnte.
Tolles Buch jedenfalls, eine Fortsetzung wäre klasse.
Schöne Grüße
Heino Walter
Auf Seite 1146 gibt es noch so einen Klopfer: Tipp vom Sounds Bastelonkel, wie man aus dem Kiss Doppelalbum Alive mit Hilfe eines E-Herds zwei tolle Frisbeescheiben machen kann. Vielleicht wirklich der beste Verwendungszweck für die Platte.
Wird mal Zeit für eine dritte Auflage. Meins fällt leider auch auseinander.
Gruß
Jens
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