Abt.: Kamingespräch
Little Feat im Trialog
Part 2
Da sind wir wieder. Alphörner rocken bzw. können ganz schön funky sein. Vielleicht lassen wir euch irgendwann unsere hochalpine „Cissy Strut“-Version (im Nordwand-Echo-Mix) mithören. Bluetwang wurde übrigens gerade beruflich nach Indien abberufen, hat aber alle Feat-Alben auf dem I-Pod und kommentiert jetzt ungelogen aus Hyderabad, während wir auf seinen Weinkeller aufpassen.
Dixie Chicken (1973)
Bluetwang: Immer noch mäßig erfolgreich veröffentlichten Little Feat 1973 mit "Dixie Chicken" ein Meisterwerk. Einer der ganz großen Favoriten für einen Spitzenplatz auf meiner Inselliste. Der von mir sehr geschätzte New Orleans-Groove ist auf diesem Album sehr viel ausgeprägter als zuvor. War da der Einfluss der neu in die Band gekommenen Sam Clayton and Paul Barrere, beide stammen aus New Orleans, zu spüren? Mit "On Your Way Down" wird zudem ein Song der Big Easy-Legende Allen Toussaint gecovert. Einen neuen Aspekt ins Soundgefüge bringen die vermehrt eingesetzten Frauenstimmen im Background. Vor allem bei "Two Trains" sorgen sie für zusätzlichen Druck. Das Gegenteil davon ist "Roll Um Easy" ein äußerst ruhiger und gefühlvoller Song, bei dem Lowell George zeigen kann, welch respektabler Sänger er war. Für mich ist dieses Album ein absolutes Highlight, ich finde keine Schwächen.
Whirlyjoe: Genau! Jetzt geht es erst richtig los mit Little Feat: die Band hat ihren Sound gefunden und liefert ihr Meisterstück ab. Die Basis verschiebt sich eindeutig vom Blues zum Funk, die Gitarren harmonieren prächtig und bei aller Liebe zu Lowells Slide läuft das hier doch besser zusammen, wenn er sich etwas zurücknimmt. Dazu Chormädels und überhaupt fantastische Chorgesänge, funky Percussion und dazu Bill Payne endlich mit richtig Groove in den Fingern.
Und da stimme ich dir völlig zu: der deutliche New Orleans-Funk-Vibe des Albums lässt sich am offensichtlichsten beim Allen Toussaint-Cover erkennen, insgesamt wohl mein allerliebster Feat-Song, den man auch als DJ zumindest zum atmosphärischen Ein- oder Ausklang droppen kann. Neulich haben das bei HtH im Keller auch die ansonsten ja eher rockorientierten Rainravens ganz vorzüglich gecovert. Toll sind ja die seltsam-psychedelischen Elektronik-Sounds, die auch aus „Kiss It Off“ einen wirkungsvollen Trip machen. Und „Two Trains“ ist tatsächlich brodelnd-heißer Funk.
R-man: Ja, da stimme ich euch vorbehaltlos zu, endlich eine Little Feat-Platte wie aus einem Guss. DIE Little Feat Platte. In sich stimmig, kein einziger Ausfall, schön laidback funky und sehr soulvoll (Lowell’s Stimme!). Alles im warmen, von Meister Lowell produzierten, Klangbild. Hier würde sich ein ordentlich remasterter Reissue sicher richtig lohnen.
Die neuen Mitglieder fügen sich durchweg nahtlos ein, Chormäuse sorgen für zusätzlichen Soul, cool rollende Percussion für Extra-Groove, sogar Mr. Payne gibt sich funky (B3, E-Piano, Clavinet) und ordnet sich dem Bandsound unter (das sollte noch anders werden). Teilweise zu low im Mix: die gigantische Slide von Lowell George. Kurze, bissige Licks, in jedem Solo liegt mehr Herzblut als in 80 Minuten CDs aktueller Gitarrenhelden. Und – das hatte man auch nicht alle Tage – zum Abschluss mit Fat Man In The Bathtub (cooler N’awlins Percussion-Groove im Intro), dem ins Mark gehenden, abgefahrenen Juliette (Flöte!) und dem instrumentalen Lafayette Railroad noch mal eine Steigerung. 10 Songs, 37 Minuten. Mehr brauchte man damals nicht zur völligen Zufriedenheit.
Bluetwang: Was Kurioses am Rande: der Titelsong ist für jeden Schweizer in der Version von Polo Hofer's Rumpelstilz ein Begriff. 1976 nahmen sie "Kiosk" als Lückenfüller für ihre damalige LP auf. Daraus ist einer der großen Klassiker des Schweizer Mundart Rocks entstanden. Heute wird er in der Schule gesungen. Obwohl nie offiziell als Coverversion deklariert, ist die Nähe zu „Dixie Chicken“ nicht zu verleugnen.
Hochdeutsche Version: http://www.youtube.com/watch?v=Jy5W5Tlxn3E
Whirlyjoe: Den Zenit haben Little Feat mit Dixie Chicken also erreicht. Jetzt tritt eine Phase zunehmender Sophistication ein. Der latente Dr.John-Vibe verlagert sich vorsichtig in Richtung Steely Dan. Alles wird ein wenig slicker, der Funk gerät abstrakter. Macht aber eigentlich nichts, denn wenn Lowell seine Slide singen lässt, ist das gerade in diesem etwas polierteren Kontext ein umso erhebenderer Moment. Auch hübsch: die Background-Vocals von Emmylou und Bonnie Raitt.
Bluetwang: Der Vergleich mit Steely Dan drängt sich hier auf. Gerade das Intro von „Skin It Back“ könnte genau so auch einem Album der zweiten großen Band der 70er kommen. Wenn ich mir das jetzt in der indischen Wärme anhöre, beginnen sich auf der Stirn augenblicklich Schweißperlen zu bilden und die Füße zucken. Auch daneben hört man jede Menge deep-fat, southern-fried greasy funk. Beim von heißem Gebläse angetriebenen „Spanish Moon“ ganz low and easy, aber mit der so typisch mitreißenden und vorwärtstreibenden Kraft. Ein Ausfall ist „The Fan“, ein Relikt aus der Zeit des Debütalbums und bislang wohl zurecht nicht veröffentlicht.
R-man: Steely Dan die zweite große Band der Siebziger? Naja, die habe ich damals auch gehört und geliebt, ich war ja eh Sklave des Sounds-Magazins, die Pretzel Logic damals sowas von abgefeiert haben. Feats Don’t Fail Me Now taugt definitiv. Ích hatte die Band ja auch nicht mit dem Debüt entdeckt, wahrscheinlich war FDFMN oder Dixie Chicken meine erste Feat-Scheibe. Die frühen Lücken habe ich dann direkt gefüllt, wahrscheinlich per Mailorder, wie das damals auf dem Dorf so Usus war. Apropos Usus, kennt ihr eigentlich den: Kommt ein Grieche in eine Bank und sagt „Ich möchte ein Gyroskonto eröffnen!“ Erwidert der Bankangestellte: „Das ist bei uns nicht Ouzo!“ Aber ich schweife ab. Tolle Platte, dazu ein cooles Neon Park Cover. Runde Sache.
Whirlyjoe: Zwei Songs möchte ich besonders hervorheben: „Spanish Moon“ brodelt doch ziemlich funky vor sich hin, zum DJ-Spinning reicht es aber auch hier wieder nicht. „Skin It Back“– produziert von Van Dyke Parks! – taugt aber tatsächlich zum Auflegen in einem Funk-Set. Nicht als schweißtreibender Höhepunkt, aber zum entspannten Eingrooven. Der Beat ist schleppend, aber treibend, die Bläser messerscharf, der Bass pumpt stoisch. Da lässt sich gut drauf tanzen, will ich meinen.
Bluetwang: Wie schon „Dixie Chicken“ ist auch „Feats don’t fail..“ ein Album das man in jeder Situation hören kann und das auch nach unzähligen Hörgenüssen einfach nicht langweilig wird! Für mich immer noch fast auf der Höhe von „Dixie Chicken“. Danach begann aber definitiv der langsame Abstieg. Ein erstes Anzeichen dafür dürfte auch das Aufwärmen von zwei Songs von „Sailin’ Shoes“ in einem Medley gewesen sein. Offenbar gab es bereits einen akuten Mangel an neuem, gutem Material.
The Last Record Album (1975)
Bluetwang: So richtig schlecht ist da ja nicht. Aber es fehlt der Druck, der Zug und das Feuer. Einfach so ein bisschen Durchschnitt, auch die Songs. Mit Ausnahme des wundervollen „Long Distance Love“. Einem, für meine Begriffe, der schönsten Liebeslieder überhaupt. Dazu kommt noch „Mercenary Territory“ mit einem (dem letzten?) genialen Slidesolo von Lowell George. Der Opener lässt den Groove der letzten Alben noch etwas erkennen, daneben driftet der Sound beeinflusst von Barrere und Payne immer mehr in Jazz und Fusion ab. Besonders störend diesbezüglich vor allem die Keyboards in „Day Or Night“. Schrecklich!
Mit dem Album im Rücken haben sie es 1976 auf einige der grossen, europäischen Festivals (in Stuttgart zusammen mit den Rolling Stones) geschafft. Daneben wurde in Amerika weiterhin ausgiebig getourt. Für den DJ gib’s hier nichts mehr. Oder findest du noch was Whirly?
Whirlyjoe: Nee, hier dominiert ein betulicher Altherren-Groove, ohne Saft und Kraft. Die Songs haben keinen Biss und die Produktion keinen Dreck unter den Fingernägeln. Irgendwie so aufs FM-Radio ausgerichtet. Da kann man auch Eagles hinterher spielen.
R-man: Ganz klar, Lowell George war da schon auf dem absteigenden Ast und steuerte nur noch zwei Songs zum Album bei. Keine Ahnung ob er nur exzessiv gesoffen oder auch andere Sachen eingeschmissen hat. Die anderen waren nicht in der Lage, ihn adäquat zu ersetzen, wie auch? Spätestens zu dem Zeitpunkt begann ich Bill Payne zu hassen, denn in meinem jugendlichen Ungestüm habe ich ihn damals zum Alleinverantwortlichen für den Niedergang der Band gemacht, schließlich wollte ich diese ganze Jazz-Grütze im Feat-Sound nicht hören.
Beim CD-Reissue kam man auf den unsäglichen Gedanken, zwei Stücke, die auf dem Single-Disc-Reissue des Live-Albums keinen Platz fanden, hinten dran zu hängen. Das machte das Album nicht besser.
Whirlyjoe: Ich finde, The Last Record Album klingt, wie wenn die ganze Band während den Aufnahmen ausschließlich Evian getrunken hat. Jazz ist das auch nicht, eher so ein L.A.-Fusion-Mucker-Mißverständnis. Schwamm drüber.
Ob Little Feat aus diesem Tief noch mal rauskommen, erzählen wir euch im letzten Kapitel. Demnächst hier.
9 Kommentare:
hübsches schriftbild, danke knut. nur zur entschuldigung, wir machen das nicht mit absicht. aber je nach verwendetem browser kann man hier nichts mehr vernünftig lay-outen. r-man weilt derzeit in london und wird nach seiner rückkehr sicher alles optimieren. so lange bitte zur lesebrille greiefen.
Der Analyse ist nichts hinzuzufügen. Saubere Arbeit, Jungs.
Schöne Grüße
Heino "Little" Walter
...wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!
Jetzt auch lesbar für ältere Herrschaften mit und ohne Lesehilfe.
So kann man auch in Rente gehen:
"JOIN LITTLE FEAT FOR THE
8th Annual
FEAT FAN EXCURSION in Jamaica
with very special guest: Taj Mahal
March 4 - 8, 2010"
http://www.littlefeat.net/
Und Taj Mahal hat's noch immer drauf!
An-Dréad
ich weiss nicht, mir ist das alles zu muckerig...erinnert zu sehr an das hier:
http://www.funnyhub.com/videos/pages/snl-more-cowbell.html
:)
@Bluetwang
wie schmeckt in indien das KINGFISHER bier?
BadaBing!
You name it, Popperle!
Kingfisher ist ganz in Ordnung. Dem Kenner sei aber die Strong Version ans Herz gelegt. Noch besser ist Sandpiper, bloss ist das schwer zu kriegen.
Aus dem angenehm warmen Hyderabad
bluetwang
Moin,
habe gerade gelesen, dass am kommenden Montag im Chez Heinz in Hannover Doreen Schaffer und The Moon Invaders spielen.
Jürgen
Kommentar veröffentlichen