Mittwoch, 10. September 2008

Motel California Creedence Clearwater Revival Willy And The Poor Boys Es ist wie Nachhausekommen: Zum ersten Mal seit Jahren – thank you, Motel-California-Folks – dreht sich dieser Longplayer auf meinem Plattenteller, eine LP, die mein Leben geprägt hat wie kaum eine andere. Ende 1969/Anfang 1970 erschienen, darf ich dieses Album seit auf den Tag genau 38 Jahren mein eigen nennen, ein Album, mit dem mein persönlicher „american dream“ begann, die grünen Hügel, die man durchs Fenster meines Zimmers sehen konnte, zu den „green hills of Carolina“ wurden, die nahe A 9 zur Route 66 und Kalifornien zum Gelobten Land. Und das alles, all die Träume, die Illusionen, den ganzen Kram, all das gab's zu kaufen bei Elektro-Gunkel in Allersberg (Wen's interessiert: Das liegt ein Stück südlich von Nürnberg). Und all das gab's (und gibt’s) zu hören auf einer Platte, deren Cover vier Typen in Vintage-Klamotten zieren, so weit weg von Hippie-Chic und Revolution-Tick wie nur irgendwas, stattdessen angetan mit Harmonika, Akustikgitarre, Waschbrett und Waschzuber-samt-Besenstiel-Bass. Das Bild täuscht ein bisschen, denn recht eigentlich war dieses Quartett, bestehend aus John Fogerty, seinem Bruder Tom, Stu Cook und Doug Clifford aus Berkeley/California, keine Straßenmusiker-Bande, sondern die klassische Zwei-Gitarren-Bass-Schlagzeug-Combo. Schon bei den ersten Klängen von „Down On The Corner“ mit seinem trägen und doch seltsam beschwingten Groove fühlt man sich, als hätte man das Ding erst gestern zum letzten Mal aufgelegt, so vertraut klingt das alles. „It Came Out Of The Sky“ rockt so unwiderstehlich wie eh und je, „Cotton Fields“ und „The Midnight Special“ - beide in den Credits dreist als John-C.-Fogerty-Komposition ausgegeben, in Wahrheit natürlich dem Hirn des 1888 geborenen Blues-Großmeisters Huddie „Leadbelly“ Ledbetter entsprungen -, entführen einen in ein Huckleberry-Finn-Amerika, ein Arkadien irgendwo am Mississippi, das es nicht nur nicht mehr gibt, sondern wohl auch niemals gab. Zum Heulen schön sind die Songs natürlich trotzdem. „Fortunate Son“, das die zweite Seite eröffnet, ist vielleicht einer der bewegendsten (und rockendsten) Antikriegssongs überhaupt, das unmittelbar folgende „Don't Look Now (It Ain't You Or Me)“ die Blaupause für beinahe alles, was sich später Countryrock nennen sollte, während „Feelin' Blue“ und „Effigy“ mit 5:05 bzw. 6:28 Minuten Laufzeit für CCR-Verhältnisse nahezu epische Ausmaße annehmen, mit ihrer Mischung aus Sentiment, Lakonie und hypnotischem Beat aber die heimlichen Kostbarkeiten einer LP sind, die für mich den gleichen Rang besitzt wie das zweite Album von The Band, „Sweetheart Of The Rodeo“ von den Byrds oder „Sailin' Shoes“ von Little Feat. Ein Westcoast-Album indes ist Willy And The Poor Boys definitiv nicht – stattdessen ist es mit seinen Blues-Wurzeln, seinen kantigen Baumwollfeld-Instrumentals („Poorboy Shuffle“, „Side O' The Road“), Fogertys nach Kippen, Bier und Sprit tönender Stimme und dem schnörkellosen Spiel seiner Begleiter eher irgendwo im Delta oder auf einem staubigen Midwestern-Highway zu verorten -, mit seinem in sich selbst ruhenden Optimismus, seiner Melodienseligkeit, seinen lebenssatten, weisen, wahrhaftigen Songs aber dann doch wieder ein zutiefst kalifornisches. Nur ein halbes Jahr später ließen Fogerty und Co. einen weiteren Geniestreich folgen: Cosmo's Factory. Aber das wäre eine ganz andere Geschichte. Darum zum Schluss nur so viel: Solltet Ihr in den vergangenen Jahren (oder in the years to come) beim ganz und gar wundervollen OBS-Festival im lauschigen Glitterhouse-Garten jemanden gesehen haben, dem bei der inoffiziellen OBS-Hymne „Who'll Stop The Rain“ Tränen in den Augen standen: (Don't look now), it was only me. Danke für alles, John Fogerty. (Peter Felkel) cd

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wie immer ein sehr schöner text, peter. elektro-gunkel kann ich mir richtig gut vorstellen, auch wenn ich noch nie in allersbach war. ccr hätte ich allerdings auch nicht unter westcoast einsortiert, aber wir dehnen die grenzen ja wie es uns passt.

Anonym hat gesagt…

Erstmal vielen Dank für die Blumen, Whirlyjoe. Musikhistorisch hat Du natürlich völlig recht - CCR war nie Westcoast: zu viel Rock'n'Roll, zu bluesgrundiert, zu viel Bayou. Aus der subjektiven Sicht des Peter F. als Zwölfjähriger aber war die Band immer sowas wie der Inbegriff Kaliforniens.