Samstag, 26. Juni 2010

Schadenfreude... ...nannte Joe meinen gestrigen Italien Abgesang in den Comments. Tiefe Abneigung ist es, die ich seit Ende 1971 gegen diese Mannschaft hege. Erlebnisse in der Jugend sind prägend und der kleine R-man sass damals vor dem Fernseher... Der Büchsenwurf vom Bökelberg Ein 7:1 gegen Inter Mailand war das beste Europacup-Spiel, das Borussia Mönchengladbach je zeigte - doch es zählte nicht, weil eine Cola-Dose flog. In RUND erinnert sich der Schiedsrichter an die legendäre Partie. Er weiß auch, wo man das Wurfgeschoss heute besichtigen kann. Es war die 29. Minute an diesem Mittwochabend des 20. Oktober 1971. Die Borussia führte mit 2:1, als Roberto Boninsegna nach dem Büchsenwurf aus der Gladbacher Fanecke umfiel und sich vom Feld tragen ließ. "Bei den Italienern konnte man seinerzeit fast generell davon ausgehen, dass es sich bei der Aktion um Schauspielerei handelte", so Ex-Schiedsrichter Dorpmans in einem Interview mit dem Gladbacher Fanportal torfabrik.de. "Aber ich hatte keine Beweise." 85 Jahre ist Dorpmans heute alt, aber er erinnert sich an jede Einzelheit dieses Abends. Wie er das Spiel anschließend sieben Minuten unterbrach und in die Kabine ging. "Dann kam der Polizeihauptkommissar von Mönchengladbach und bat mich, das Spiel fortzusetzen, weil auch 7000 bis 8000 Italiener im Stadion waren." Der damalige Uefa-Beobachter Matt Busby erwähnte den Büchsenvorfall seltsamerweise nicht einmal in seinem Spielbericht und formulierte über den Schiedsrichter lediglich lakonisch: "The referee was helped considerably with his linesmen and they were a good team." Der vermeintliche Büchsenwerfer vom Bökelberg hingegen wurde noch am Tatort abgeführt. Er hat sich seitdem kein Fußballspiel mehr im Stadion angeschaut. Noch 25 Jahre später beteuerte er in der "Bild"-Zeitung: "Ich habe nicht geworfen." Die italienischen Stars hatten bereits im Jahr zuvor, beim sogenannten Jahrhundertspiel gegen Deutschland im WM-Halbfinale 1970 (4:3 nach Verlängerung), ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, auf dem Platz unvermittelt zu verscheiden, um anschließend der sofortigen Wiederauferstehung zu frönen. Boninsegna wollte nach dem Büchsenwurf, so erinnern sich zumindest die Gladbacher Spieler, wieder aufstehen und weiterspielen, doch Inter-Coach Gianni Invernizzi habe ihn rasch wieder zu Boden gedrückt. Der Rest ist Legende: Borussia spielte sich quasi in einen Cola-Rausch, 5:1 zur Pause, 7:1 am Schluss, zweimal Netzer, zweimal Heynckes, zweimal Le Fevre, einmal Sieloff. Protest von Inter. Im Rückspiel eine 2:4-Niederlage in Mailand. Dann die Annulierung des Hinspiels. Wiederholung in Berlin. 0:0, Sieloff verschießt einen Elfmeter, Libero Luggi Müller wird brutal zusammengetreten. Der Täter: Roberto Boninsegna. Gladbach scheidet aus. Die Büchse bekam Dorpmans vom Polizeikommissar in die Hand gedrückt, „nach meiner Wahrnehmung war sie leer, als sie geworfen wurde“. Vitesse Arnheim war schon immer sein Club gewesen, und da war es Ehrensache für Dorpmans, das berühmte Objekt dem Vereinsmuseum zu stiften. Dort steht sie heute unscheinbar zwischen anderen Devotionalien der holländischen Ehrendivision. Dabei handelt es sich wohl um das berühmteste Stück Blech der Sporthistorie. Das Corpus Delicti, das den Inter-Stürmer Roberto Boninsegna wie ein Fallbeil zu Boden stürzen und den größten Gladbacher Europacup-Erfolg zur Makulatur werden ließ. Nun steht sie dank Jef Dorpmans in der Fußball-Provinz in der niederländischen Fußball-Provinz. Und sieht fast aus wie neu. Vor der Disziplinarkommission der Uefa in Genf sagte Dorpmans seinerzeit aus, dass er keinerlei Verletzung bei Boninsegna festgestellt habe. „Ich war damals einer derjenigen, die eine Wiederholung unnötig fanden. Es gab aber eine Menge Italiener damals in den Uefa-Gremien und ohne jetzt suggestiv werden zu wollen: Inter Mailand hatte die richtigen Leute an der besten Stelle.“ Dorpmans pfiff 1971 übrigens auch ein Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Den Haag. Mitten im Spiel flog wieder eine Büchse. Dorpmans forderte Ajax-Kapitän Johan Cruyff auf, das Ding wegzuräumen. Danach wurde weitergespielt. So kann es auch gehen. (Spiegel Online/ Von Peter Ahrens) PS: Unter der Überschrift Gerechtigkeit für Boninsegna findet sich hier eine lesenswerte Gegendarstellung der anderen Art.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Moin,

mit zehn Jahren war ich völlig fassungslos, dass B. mit seiner Schauspielerei durchkommt und Gladbach im Wiederholungsspiel rausfliegt. Irgendwie habe ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass eine höhere Instanz (Hoss Cartwright, Manolito oder Jürgen Grabowski) eingreift und dem Treiben ein Ende bereitet.
Man kann auch ganz anders mit Verletzungen umgehen: Ende der Neunziger wurden wir Zeuge, wie der Drittligist Hannover 96 (damals hatten die noch gute Spieler wie Asamoah und Otto Addo) Borussia M`gladbach (!) aus dem DFB-Pokal kickte. Mein Kumpel Hini wurde von einem randalierenden Feuerzeug am von der Natur bereits früh verkahlten Kopf getroffen. Der merkte gar nichts, bis ich ihn darauf aufmerksam machte, dass ihm Blut durchs Gesicht läuft. Einmal kurz mit dem Taschentuch durchgewischt und weiter geht`s. So geht es doch auch, Herr B.!
Über das italienische Ausscheiden freue ich mich in erster Linie, weil sie seit Jahrzehnten immer den gleichen unattraktiven Stiefel herunterspielen. Außerdem haben sie bekennende Faschisten im Team.
Gegen England haben Jogis Buben gute Chancen unter folgenden Voraussetzungen: Löw stellt zu Cacau einen weiteren (Haupt)stürmer. Kießling halte ich für zu schwach, Gomez ist außer Form, bleibt also wohl nur Klose. Podolski und Mertesacker werden neu justiert, Schweinsteiger wird gesund, auf der linken Abwehrseite hat man einfach Glück, Khedira wird von seinen Mitspielern beachtet und angespielt und Özil macht ein Klassespiel.

Jürgen