Sonntag, 25. Dezember 2011



Reinhard’s 2011

Schrob ich vorgestern noch in der Einleitung, dass ich mich gerade fühle wie Michael Douglas in Falling Down... wollte das eigentlich löschen, weil es heute (24.) halbwegs geht, muss mich dann aber über dieses verwichste Blogger-Programm und seine willkürliche Scheissformatierung so aufregen, dass ich jetzt gerne mal... nun gut, ich höre mal auf, es könnten ja auch Kinder hier sein.

Heute ist mein nuxibgvzigster Geburtstag und das gefühlte Jahr 8 der Midlife Crisis. Das einzig Gute daran ist, dass ich wohl 100 Jahre alt werde, wenn mich besagte Krise tatsächlich in der Mitte meines Lebens erwischt hat. Jopi Hesters, ich komme! (Uups! Geschrieben habe ich das am 24. um 15 Uhr. 5 Stunden später erfahre ich, dass Meister Heesters über den Jordan ist. Also, Jopi, gute Reise. Ich komme, aber du musst noch 54 Jahre warten!)


Und nachdem ich jetzt schon einige Jahres-Endlisten gesehen habe, möchte ich die meinige eigentlich ganz löschen, denn wenn ich da den fast polyglotten K-Nut so sehe, dann bin ich wohl das ganze Jahr nur von Beverungen nach Tietelsen gefahren - und wieder zurück. Nun ja... In meiner 2010er Endabrechnung schrob ich noch, dass für 2010 grundsätzlich das gilt, was ich für 2009 geschrieben habe. Und wenn ich jetzt rückblickend die Dinge von 2011 zusammen suche, habe ich mich scheinbar keinen Millimeter bewegt – but it feels good! Zeit und Raum werden im hohen Alter offensichtlich eine zähe Masse, die mich fest umschließt (Cocooning?). Also wiederhole ich mich mal, da ich davon ausgehe, dass sich die wenigsten an mein 2010er Fazit erinnern können.


50s & 60s / Spoonful
Auch 2011 war ich auf der Suche nach Pretiosen aus den 50er und 60er Jahren, die natürlich genug Groove haben müssen, damit sie für den Tanzboden taugen - einzelne Songs, keine Alben! Wenn Alben, dann Compilations. Rhythm & Blues, rockin‘ Blues, Rocksteady/early Reggae, (immer mehr) Rockabilly und Rock & Roll, früher Soul, Exotica & Mambo, Popcorn usw. – das Feld ist noch lange nicht abgegrast, nein, die Fundstücke werden immer besser! Durch strategische Facebook „Befreundung“ mit DJs und Sammlern bekomme ich die persönlichen Faves meiner neuen „Freunde“ nun quasi auf den virtuellen Schreibtisch gelegt, ich muss nur noch die Spreu vom Weizen trennen bzw. sie nach meinen Präferenzen ordnen. Aus dem guten Korn haben wir dann die Spoonful CDs zusammengebosselt. Auch 2011 hatte ich beim Sichten und Compilieren einfach mörderischen Spaß und so manche Stunde tief versunken in Musik verbracht – das war für mich eine Art Therapie. Und da das Radio in meinem Ford Transit Tourneo Anfang Dezember den Geist aufgab, habe ich mir jetzt eins mit USB-Anschluss einbauen lassen und höre die 55 Spoonful Volumen (1700 Songs)  ab sofort im Shuffle-Modus in 320 RPM über einen daumengroßen Stick. Frevel irgendwie, aber dann doch der Wahnsinn. Alle drei Minuten eine neue Überraschung! (An dieser Stelle meinen Dank an Axel für die digitale Aufbereitung!)


Jukebox Jam
Stellvertretend für so manchen genialen 7“-Reissue nenne ich mal die Edelschmiede Jukebox Jam, die auch 2011 eine Handvoll echter Juwelen veröffentlicht hat und sich nicht scheute, den einen oder anderen Leftfield Tune auf Kleinvinyl zu pressen – wie Ojai von Joe Lutcher, ein Spät-Vierziger-Big-Band-Höllen-Exotica-Trip und mein Tune des Jahres! In den Singles-Top 5 befinden sich außerdem: die schier grandiose Old Mad Witch EP von Marcel Bontempi, die Stag-O-Lee 45er der tollen Obsidians, das gnadenlos gute Sadie Kong von den Excellos (auf Rollin‘ Records) und das unglaubliche Noah von Grainger Hunt (bereits wieder vergriffen).


The Excellos
Hatte ich 2011 auch schon in meiner Liste, aber als ich vor Monaten erstmals die Stag-O-Lee 10“ in Händen hielt, spürte ich ein ganz besonderes Glücksgefühl. Und wenn ich mir die neuen Aufnahmen so anhöre, kann ich nur sagen: die Band wird immer besser. Am 23. März spielen sie zusammen mit den ebenfalls sehr großartigen The Obsidians im Rahmen einer Stag-O-Lee Party im Roadrunners in Berlin. Das wird ein ganz besonderer Abend, auf den ich mich jetzt schon freue!
Rock`n´Roll ist in der kleinsten Hütte:
45s Are Go – 25 Dynamite (Rollin‘ Records Compi)
Stomp On It! - A Stag-O-Lee Shakedown
The Soul Of Pum Pum Hotel – Vol. 1
Ein Plattenladen in West Wickham, Kent. Eine leicht angeschlagene Villa in Beverungen, Weserbergland. Ein Studio und Musikerclan in Charleroi in der Wallonie.


Unterwegs
Das Schönste 2011 war ganz sicher mein Trip zum Hangar Rockin‘ Festival in die Schweiz. Am Donnerstag habe ich die Moon Invaders in der Nordschweiz gesehen und dann gemerkt, dass mein Navi zu dem Ziel meiner Reise -St. Stephan und dem Simmental- nichts zu sagen hatte. In meiner Not habe ich dann den Wahl-Schweizer und noch-Stuttgarter Jens-O-Matic via sms nach größeren Orten in der Nähe gefragt, was die Konfusion noch vergrößerte. Also habe ich mir eine old-fashioned Straßenkarte gekauft, trotz 20 Fränkli eine erstklassige Investition, und bin schön bedächtig im Ford Transit über B- und C-Roads durch die Alpen und wahrhaft pittoreske Minidörfer ins Simmental gecruist - das war ein echtes Erlebnis. Die Schweiz ist wunderschön wenn die Sonne scheint. In St. Stephan wartete ein alter Flugplatz (für Kleinflugzeuge) auf mich, tief ins Tal gebettet und umsäumt von schneebedeckten, verdammt hohen Bergen. Am Freitag und Samstag gab es dann nachmittags US-Cars und Hot Rods in der Sommersonne zu bestaunen, inklusive der obligatorischen 1/8 Meile Rennen. Abends dann DJs an mehreren Ecken (z.B. Soul und R&B von den Capital Soul Sinners!) und Rock & Roll Konzerte im Hangar (JD McPherson, Voola & The Jayhawks, Dollar Bill etc.). Diese Rock & Roll/Rockabilly-Szene mit ihrer Liebe zur amerikanischen Kultur inklusive Hot Rodding gefällt mir von Jahr zu Jahr mehr. Das läuft auch alles immer sehr relaxt mit ganz exzellentem Vibe ab und der Sound eines Big Block V8 ist tatsächlich Balsam für die Seele. Für 2012 ist das Hangar Rockin` schon fest in der Agenda eingemeißelt! Und mit der Bottrop Kustom Kulture und dem Race 61 bei Berlin locken zwei weitere Veranstaltungen ähnlichen Musters. In 2012 alle drei mitnehmen zu können, das wäre ein Traum.


Zeugs
2011 war für mich Jahr 1 von Facebook. Macht mir wirklich Spass, da ich versucht habe, die Anfragen von Nachbarn zu ignorieren und mich rein musiktechnisch zu vernetzen. Dadurch habe ich viele neue Tunes kennengelernt und mit 20 Eventeinladungen pro Woche - von Island bis nach Gibraltar - knirscht man so manches Mal mit den Zähnen, weil man nun weiß, was man gerade wieder verpasst - Hey, King Khan spielt auf einem Festival in Venedig! - Fernweh + Vorfreude geteilt durch Kosten/Nutzen mal Wurzel aus Kontostand = Superfrust.
Ebenso eine feine Sache: die Mixe der Sammler und Jäger, die es unter www.jesterwild.com abzuholen gibt. Die 30 Stunden/Mixe habe ich jetzt auf einem anderen USB-Stick im Auto... Langzeitstau, du kannst kommen.


Fussball
Hammer des Jahres: Mein Heimatverein SC Lauenförde, für den ich selber von der Schüler bis zur Alten Herren gekickt habe, stieg aus der 1. Kreisliga ab und wird gerade binnen einer Saison in die 3. Kreisliga durchgereicht. Bei 2 Punkten und einem Torverhältnis von 11:88 ist auch eigentlich keine Hoffnung mehr. Irgendwie traurig!
Ansonsten freue ich mich über die Phönix-aus-der-Asche-Nummer der Gladbacher Fohlen und von Werder Bremen. Und tatsächlich auch darüber, dass wir nach der Auslosung den Gedanken nicht konkretisieren müssen, als Zuschauer zur EM zu fahren - wer will schon in die tiefe Ukraine? Ich sicher nicht.


Zeit für ein Fazit
Das waren die Dinge, die sich am tiefsten eingebrannt haben. Aber nur die Spitze des Eisberges… Ich habe sicher –wie auch in den Jahren vorher- im Januar, Februar, März oder auch in den anderen Monaten irgendwelche Platten für eine gewisse Zeit richtig gut gefunden, habe mich mitreissen lassen (der rough mix von Ben Zabo, einem künftigen Glitterhouse Release z.B., Fame Studios Story, Delta Swamp Rock, Charles Bradley, Shattered Dreams…) und Glücksgefühle empfunden. Aber durch die schiere Masse, gepaart mit meinem Sinn fürs Chaos, bleibt nicht so viel hängen. Oder es fehlt schlicht die Zeit darauf zurückzugreifen, weil ja schon wieder Nachschub da ist. Die letzte Sharon Jones fand ich toll, aber in welchem Stapel liegt sie gerade rum? Und warum konnte ich erst eine Seite von den beiden Buttshakers LPs hören? Wahrscheinlich weil die Sharon Jones CD sich in einem der drei Stapel verbirgt, die gerade verhindern, dass ich den Deckel vom 1210er öffnen kann… you get the picture. Aber es nicht wirklich ein Problem für mich – I’m a piler, not a filer (auf deutsch: ich bin ein Stapler, kein Wegsteller). Damit habe ich mich schon lange abgefunden.
Wer jetzt genau nachhören will, welche Tunes des Öfteren bei mir gelaufen sind und dann auch noch Kunde des Glitterhouse Mailorders ist, der sollte sich auf den Stag-O-Lee Special Deal einlassen. Dort gibt es nämlich eine von mir handgeklöppelte 25-Track-Best-Of-2011 (Tracklisting in den Comments) beim Kauf eines Stag-O-Lee (auch noch verbilligt diesen Monat) Releases UMSONST dazu. Für die, die es noch immer nicht wissen: Stag-O-Lee ist ein von mir betreutes Ableger-Label von Glitterhouse. Nuff said! Herzlichst – Prince R-man

PS: Blogger, ich hasse Dich. Über 30 Minuten habe ich nun versucht, dieses Gesuppe optisch halbwegs lesbar zu gestalten. Und das Ding macht was es will... die doppelten Absätze sind einfach nicht rauszukriegen. Das macht mich wahnsinnig.

12 Kommentare:

K-Nut hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch, Großer!
Das war ein gutes Jahr.
...einfach so weitermachen!

prince r-man hat gesagt…

hier kurz das tracklisting der erwähnten cd. stag-o-lee preise stelle ich nachher im gh webshop rum.

01. Harry Belafonte – Black Betty
02. Pete Drake – The Spook
03. Johnny Wells – Lonely Moon
04. Merle Kilgore – Lover’s Hell
05. Peanuts Wilson – Cast Iron Arm
06. James Brown & The Famous Flames – Choo Choo (Locomotion)
07. The Obsidians – Black Veil
08. Marcel Bontempi – Train Of Sin
09. Grainger Hunt – Noah
10. Gatemouth Brown – Summertime
11. The Moon Invaders – Creole Crime
12. Prince Buster – Rough Rider
13. Link Protrudi And The Jaymen – Bandito
14. Sonny Terry & Brownie McGhee – Ride And Roll
15. Adolphe Sex Et Ses Machines – Burnt Toast & Black Coffee
16. Charles Sheffield – It's Your Voodoo Working (DC's Finest Remint)
17. King Size Taylor - Somebody's Always Trying
18. Arthur Griswold – Pretty Mama Blues
19. Dollar Bill – I Ain’t Got But A Dollar
20. Tav Falco & Panther Burns – Pantherman
21. The Excellos – Jump
22. Gene Vincent – I'm Going Home (To See My Baby)
23. The Masonics – Call It A Day
24. Cyril Diaz & His Orchestra – Voodoo
25. Joe Lutcher & Orchestra – Ojai

r-man hat gesagt…

umstellen, nicht rumstellen.

Whirlyjoe hat gesagt…

hau rein, mein alter - von herzen alles gute. stagnation sieht definitiv anders aus, ich nenne das pioniergeist. und für ne midlife-crisis bist du definitiv zu jung.

Anonym hat gesagt…

Alles Gute auch von der Insel,
ich habe ja noch ein paar 7"
offen & 2x Buttshakers LP ...
bitte bis zum 16.01 auch eine
von der hier genannten CD
festhalten ...
vielen Dank . see you next year

Heino Walter hat gesagt…

Hallo Reinhard!

Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag!!

Du hast wirklich keinen Anlass für Midlife-Crises. Großer Respekt für Dein "Lebenswerk" - thanks for the inspiration. Und wie Dein Top-2011er-Jahressong zeigt, bist Du immer noch hungrig und lernfähig. Vielleicht machst Du ja demnächst ein Sublabel mit Tanzmusik aus den 30er und 40er Jahren auf.

Schöne Grüße
Heino

Anonym hat gesagt…

Happy Birthday Skipper, und das du mit deinem transit noch viele meilen...
BadaBing!

Andi58 hat gesagt…

R-Man Du schaffst es wenigstens überhaupt hier was zu posten. Ich wollte meine Top Ten CD's und Konzerte hier einstellen. Hab zu jeder CD und zu jedem Konzert noch einen Text dazugeschrieben, ca. ne dreiviertel Stunde gearbeitet, die Vorschau sah ganz gut aus, und als ich auf veröffentlichen klickte ward die Geschichte nicht mehr gesehen.

andi58 hat gesagt…

Sorry, hab die Geburtstagsglückwünsche vergessen. Alles Gute und bleib wie du bist und versorge uns weiterhin mit geiler Musik.

busch-Man hat gesagt…

Happy birthday und frohe Weihnachten, Cheffe!

baszdy hat gesagt…

Werter R-man, ich hatte ja ganz vergessen, dass du auch ein Weihnachtskind bist. Alles Gute nachträglich!! Vielen Dank für Schweiß, Blut und Tränen (die du Jahr für Jahr für uns vergießt) und für die Inspiration! Ich hoffe, ich schaffe es irgendwann mal wieder nach Beverungen...

Mach's gut,
baszdy

Anonym hat gesagt…

Hi R-Man,
wie hieß der 70er Bestseller: Sorge dich nicht -lebe! Und wenn ich das so alles lese, tust du das und hast Spaß dabei (zum Hangar Rockin' würde ich übrigens auch gerne mal - die Rockabilly-Szene habe ich auch schon immer verehrt). Also weiter so. Ohne SBS wäre ich wohl schon längst in den musikalischen Weiten des Webs und seinen zahlreichen Mikrouniversen verloren gegangen. Und dank SBS kann ich immer noch ein bißchen an der Subkultur teilhaben.

Happy birthday nachhträglich und scheiß auf die Midlife Crisis!

Caesar