Dienstag, 3. Februar 2009

Stag-O-Lee presents The Saturday Night Beaver Ein Reisebericht. Dieser Bericht entstand unter dem Eindruck von zwei durchzechten Nächten und der daraus resultierenden körperlichen und geistigen Schwere. Nimmt man den Zustand mit meinem Alter mal und teilt ihn durch 17, dann kommt das dabei raus: Freitag: Nach ein paar durchwühlten Second-Hand Stapeln und dem Besuch von Spezialisten-Shops wie Sounds That Swing und Out On The Floor ging es ohne große Beute zum Einchecken in das Travelodge King’s Cross. Damals in Manchester war ich schon mal in einem Haus dieser Kette und auch dieses Mal war ich vollends begeistert. Das Preis-Leistungsverhältnis war phänomenal. Früh genug gebucht, zahlte ich 40 Euro pro Nacht. Für den Preis bekommt man in Beverungen kaum ein Zimmer. Abends sollte dann im Bloomsbury Bowling der so genannte Gutter Club stattfinden. Nach einem Dinner bei einem schier grandiosen Inder fanden wir uns schnell im Keller des Tavistock Hotels wieder, einer weitreichenden Anlage mit mehreren Bowlingbahnen, drei Karaoke-Zimmern, einem Mini-Kino, aber eben auch einer Bühne und einem Arbeitsplatz für DJs. Liam, der Sänger der Fabulous Penetrators, legte an dem Abend mit seinem Kumpel Joseph auf. 100 % Spoonful würde ich sagen. Irgendwann durfte ich mit Liam Ping Pong (oder „1-on-1“, wie der Engländer sagt) spielen und ich denke, ich habe uns gut vertreten. Der Satz „you destroyed me“ fiel mehrmals am Abend, aber nie aus meinem Munde. Das war ziemlich grandios und hat richtig Spass gemacht. Davor spielte noch eine Band (Le Chat Noir) in der White Stripes Besetzung. Die Schlagzeugerin war technisch und optisch phänomenal, aber ihr gitarrierender Begleiter so unterirdisch schlecht, das im Gesamteindruck nur ein „mangelhaft“ rauskommen konnte. Letztlich konnte uns die Band den schönen Abend nicht zerstören. Samstag: Im Travelodge Hotel hatte man mich wegen Billigbuchung wohl zur Strafe in den Keller geschickt (aber vorher gefragt ob das ok wäre). Der Gang dorthin war endlos und so manches Mal wollte ich Spinal Tap-mässig „Hello Cleveland!“ rufen, aber letztlich hatte ich so das ruhigste und coolste Zimmer überhaupt. Und so schlief ich so lange, dass es nur noch zu einem Besuch des Soul & Dance Exchange in Notting Hill und von Intoxica in Ladbroke Grove reichte. Auch hier war die Beute aber eher überschaubar. Gegen 17 Uhr hatten wir uns beim Lexington verabredet, dem Ort von Stag-O-Lee Presents The Saturday Night Beaver. Die Begrüßung mit den Fabulous Penetrators fiel erwartet herzlich auch, selten so eine Bande Nettmenschen erlebt. Obwohl das Lexington von den Räumlichkeiten her schon sehr genial ist, hatte sich der Laden als neuer Veranstaltungsort wohl noch nicht so rum gesprochen. Die Tatsache, dass die Livemusik um 23 Uhr beendet sein sollte bedeutete zudem, dass die Bands zu unchristlicher Zeit beginnen mussten. Zudem war von einem Limiter die Rede, der die Bands rein Lautstärkemässig ausbremsen würde. Als dann im Restaurant unsere Bestellung auf dem Weg vom Computer in die Küche verloren ging und wir trotz später Rückkehr das Lexington recht leer vorfanden, war die Stimmung erstmal kurz unter dem Nullpunkt. Da half es auch nicht, dass Michael Sheehy den Club mit schier unhörbaren Songs beschallte, die alle klangen, wie Can Singles auf 33 rpm. Letztendlich aber wurde es doch noch ein toller Abend. Das Lexington füllte sich nämlich auf einen Schlag auf geschätzte 150 Leute. Baskery als Vorband mussten dann doch nicht so ganz früh anfangen und rockten was das Zeug hielt. Wesentlich rauer, härter und direkter als noch im Vorprogramm von Seth Lakemann. Ein wirklich gutes Set der drei Schwedinnen.
Nach einer kurzen Umbaupause betraten die Fabulous Penetrators die Bühne und legten mit The Hump gleich mächtig los. Rein tempomässig kannten sie auch danach kein Erbarmen und so rockten sie sich durch unglaublich tighte 45 Minuten Garagen-Rock vom feinsten. Der angedrohte Limiter kam offensichtlich nicht zum Einsatz, denn die Band bot sich infernalisch, druckvoll und laut. Eine mörderische Rhythm Section, zwei äußerst versierte, sauberst aufeinander eingespielte Gitarristen und mit Liam eine Mischung aus Beefheart, Screamin’ Jay Hawkins und King Khan als Frontmann. Sehr fett das Ganze und immer mit einem Hauch Grotesque in der Bühnenshow. Erstklassig diese Truppe. Beim Orange Blossom Special werden sicher diverse 3. Zähne ins Grass purzeln. Danach kamen im halbstündigen Wechsel verschiedene DJs zum Zuge, die alles zwischen 50s Rock`n´Roll, Exotica und Soul auflegten. Da war so manche schräge Nummer zu hören, die aber von der gut gefüllten Tanzfläche dankend angenommen wurden. Nach Monkey Man Go-Go Nuts (einem DJ im Affenkostüm) und 30 Minuten Songs über Primaten überführten Patrick und ich den Abend in funkigere Gefilde. Michael löste mich ab und irgendwann legte Liam dann Gary Glitter, Highway To Hell und ZZ Top hintereinander auf. Das hat dann auch keinen mehr gestört. Ein toller Abend neigte sich dem Ende entgegen, man fiel sich noch einmal in die Arme und Crispin, der äusserst nette Penetrators Gitarrist verabschiedete mich mit den Worten: „Reinhard, you are a legend. I am looking forward to 40 years of talking music and drinking with you.“ Sonntag: der Check-Out wurde für ein Entgeld von 10 britischen Pfund auf 2 Uhr verlängert, schließlich sollte der Flieger erst um 20.35 Uhr starten. Ein kurzer Besuch bei Flashback und Haggle Vinyl brachte noch einige Einkäufe. Ersterer Laden ist durchaus zu empfehlen, Haggle dagegen ist ein einziges Chaos mit ungefähr doppelt so viel Vinyl, wie dem kleinen Geschäft gut tut. So quoll es praktisch aus jeder Ecke und war an dem Tag genau das, was ich nicht mehr brauchte.
Im Flugzeug schließlich überraschte uns der stärkste Schneefall seit 18 Jahren mit dem Ergebnis, dass wir 35 Minuten mit dem Flugzeug in Stanstead spazieren gefahren sind. Nicht gewartet, sondern gefahren! Taxiing nennt der Pilot das wohl und nachdem wir alle Lande- und Startbahnen mit 15 km/h durchmessen hatten, ging es noch einmal zum Gate zur erneuten Enteisung. Dann stand dem Start nichts mehr im Wege... (R-man)

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

bin stolz auf euch, das hat doch erst mal alles bestens hingehauen. was hast du aufgelegt? und hat michael seine pelzmütze den ganzen abend getragen?

Anonym hat gesagt…

wenn ich heute abend lust habe, versuche ich das mal nachzuvollziehen. dazu muss ich aber meine tasche auspacken. es war jedenfalls vor vorteil, die menge an musik von vorneherein einzugrenzen. spontan erinnere ich mich an James Brown (Stone To the Bone), Equals (Black Skinned...), Tom Jones (Coke Commercial), Junior Wells (Snatch It Back And Hold It), Ken Boothe (Artibella), Don Drummond (Confuzius).

Anonym hat gesagt…

jau - war ein schöner Abend
und die OBS Kartenbesitzer
dürfen sich auf frech auf-
spielende Schwedinnen freuen,
außer der Tracklist hat das
mit der Studioplatte wenig
zu tun - live noch besser ...
und bei dem überragenden
Banjo-Spiel kam Patrick aus
dem Staunen nicht mehr raus

naja und die F.P. werden uns
auf der Wiese alle umhauen ...
... freut Euch ...

außer die gut gelaunten Sets
von r-man und Patrick haben
mir die anderen DJs nicht so
gut gefallen, die hatten aber
Glück, daß wirklich ein dank-
bares Puplikum Alles zum tanzen
anregte - gute Location ...

die Londoner DJs haben dann
auch zu schnell wieder das
Ruder übernommen - zurück-
haltend wie immer nahm "r-man"
lieber wieder Platz an der Bar
und die Musik plätscherte so
dahin und der Abend neigte
sich für mich dem Ende ...

in Stuttgart wird wohl der Joe
den Patrick beim stag-o-lee
Set vertreten und man sollte
hierfür mehr Zeit einräumen

das knallhart durchgezogene
Nichtraucherschutzgesetz hat
London für mich als Reiseziel
erst einmal gestrichen - crazy
town ... axel

man sieht ja was ein wenig
Schnee aus der Stadt macht ...
... die können nur teuer ...

Anonym hat gesagt…

da wäre ich natürlich gerne dabei gewesen, wenn die crowd zu artibella tanzt, das stelle ich mir sehr erhebend vor.

gab es denn keine burlesque-show für dich, axel?

Anonym hat gesagt…

Ich kann mich noch an Tobacco Road von Tommy Youngblood erinnern. Großartiger Song und genau richtig am Platz.

Anonym hat gesagt…

Patrick legte als erstes
eine "like a rolling stone"
Version auf - Ihr kennt ja das
Gefühl: "muss ich haben", aber
r-man konnte mich später wieder
beruhigen, wir haben's auf der
spoonful 12 von Phil Flowers
(track 21) - axel

Patrick's Freundin ist schwanger
und ich dachte noch: "wenn ich
die jetzt zum tanzen auffordere,
bekommt unser "shake baby shake"
Motto - noch einmal eine ganz
neue Bedeutung - den Scherz
habe ich mir aber verkniffen ...