Donnerstag, 19. Dezember 2013

R-man's Favoriten 2013


Wieder ein Jahr voller Musik. Übervoll, wie eigentlich immer. Man hat sich dran gewöhnt und für manches ist nicht die Zeit, die sein sollte. Und vieles ist dann auch schnell abgehakt und wieder verschwunden.

Hängen geblieben sind ein paar 2013er Scheiben, so z.B. das Debüt von Miraculous Mule, der Band von Michael J. Sheehy und seinem Bruder Patrick. Deep Fried ist meine Platte des Jahres, zum einen weil sonst keiner Blues (zwischen Delta und Chicago), Gospel, Rock, Voodoo, Country und Soul fusioniert, zum anderen weil sie das auch noch exzellent hinbekommen. Im Frühjahr auf Tour!
Aus meinem Player nicht wegzudenken war Foot Hill Stomp von Richard Johnston, der als One-Man-Band den Mississippi Hill Country Blues à la Junior Kimbrough und RL Burnside raushaut wie sonst kaum einer. Die Platte ist schon ein paar Jährchen alt, wird aber im Februar auf Stag-O-Lee wiederveröffentlicht (erstmals auch auf Vinyl). Musste einfach sein, weil das Ding rockt und groovt wie Hölle.
Und aus dem Norden Mississippis kommt ein weiterer 2013er Favorit – World Boogie Is Coming von den North Mississippi All Stars. Die Dickinson Brüder haben ebenfalls nach dem alten Kimbrough/Burnside-Rezept gebraut und weil sie dazu ohne Ende kreativ sind, ist das Ergebnis ebenso vielfältig wie überwältigend gut. Der Blues ist in diesen Händen still alive and well.

Von den alten Helden hat mich My Favorite Picture Of You von Guy Clark tief berührt. Das ging ohne Umwege direkt ins Herz. Sehr gefreut habe ich mich über die Sunshine Boy Compilation seines Kumpels Townes Van Zandt, für die nach Jahren der Leichenfledderei tatsächlich noch substantielle Aufnahmen aus den Archiven geholt wurden. Unverzichtbar für Fans dieses Giganten unter den Songwritern. Und schließlich natürlich die Live At The Academy Of Music Box von The Band – sowieso die beste Band (!) aller Zeiten. Und das wird sie immer bleiben.   

Und wie eigentlich jedes Jahr muss ich hier das Jukebox Jam Label loben, dessen Jukebox Mambo Compilation hier in der wundervollen 6x10“ Edition steht und die mit Jukebox Jam Vol. 2 Ende des Jahres nachgelegt haben, wobei das Doppel-Vinyl in der dicksten Pappe steckt, die ich je gesehen habe. Musikalisch ist das aus meiner Sicht ebenfalls vom Allerfeinsten – geschmackvolle Ausgrabungen zwischen 1945 und 1965, die auch langfristig Freude bereiten (ist getestet).

Sonst habe ich 2013 wieder viel Zeit der musikalischen Retroforschung gewidmet. Das kommt bei mir in Phasen – im Sommer noch habe ich (mal wieder) alles über jamaikanische Soundsysteme nachgelesen und -gehört. Was (und wie) dort zwischen 1955 und 1965 aufgelegt wurde, das hat für mich eine ungeheure Faszination. Wie alles anfing (als Typen wie Duke Reid die Leute vor seinem Liquor Store mit seiner Blue Spot (Blaupunkt) Musiktruhe bespasste), wie es sich vom 50s US R&B über den Ja-Boogie bis zum Ska entwickelte, wie sie aus minimalen technischen Mitteln das Maximum rausgeholt haben usw. 

Die letzten Monate war ich dann ein Mod, der zwischen 1965 und `67 durch London stromerte und von Allnighter zu Allnighter zog. Das Flamingo in der Wardour Street war mein Lieblingsclub, weil dort auch die Jamaikaner und US GI's Einlass fanden (sonst hieß es auf der Insel zu der Zeit nur „No Blacks! No Irish! No Dogs!“). Musikalisch aufregend-vielfältig, zwischen Hammond-Jazz, alten Chess-Bluesern, dem frühen Motown/Stax-Sound und den Mitte der 60er aufkommenden britischen Bands (die diese Stilvielfalt in sich aufsogen und mit Schmackes durch einen Vox AC30 jagten) ging da einiges. Und obwohl ich mich mit dieser Phase schon länger beschäftige, gibt es noch unendlich viel großartiges Zeug zu entdecken. Vieles davon ist nach intensiver Recherche dann ja auch in der von mir beaufsichtigten Spoonful Serie nachzuhören. Da kommt keine Routine auf, das erregt mich mehr denn je ganzkörperlich.

Den meisten Spass hatte ich dieses Jahr auf Festivals wie dem Sjock (Belgien), Burg Herzberg und dem Rolling Stone Weekender. Sehr unterschiedliche Events, aber alle drei schwerst zu empfehlen und für nächstes Jahr wieder auf der Liste.
Dass ich bei allen drei Festivals einen Stag-O-Lee Stand hatte und von den Bands kaum etwas mitbekommen habe, ist nicht weiter schlimm. Ich habe die Tage genossen. Normalerweise würde ich sagen, drei Tage Festival sind genug, aber nach fünf wunderbaren Tagen beim Burg Herzberg hätte ich beim Abbau heulen können.

Beinahe richtige Tränen sind gelaufen, als ich mit den fünf Staffeln von Breaking Bad durch war. Eine US TV-Serie über einen 50-jährigen, überqualifizierten Chemielehrer, der die finale Krebs-Diagnose bekommt und sich überlegt, wie er seine Familie absichert. Durch einen Zufall verlegt er sich aufs Crystal Meth kochen und mutiert langsam vom Weichei zum skrupellosen Killer, der einerseits vom Strudel der Ereignisse mitgerissen wird, andererseits aber auch Spass an der Sache findet. Ich habe ja schon viel gesehen, aber nichts hat mich mehr gefesselt als Breaking Bad. Nichts ist besser gecastet (inkl. der Pontiac Aztek von Walter White), nichts ist spannender. Nächte durchgeschaut, absolut fasziniert gewesen, ich hatte definitiv Breaking Bad Fieber. Tipp!

Aber: so ist Musik auch im Jahr 2013 wieder mal die schönste Hauptsache der Welt! Was wäre man ohne es? Und was haben ein deutscher Schäferhund und ein kurzsichtiger Gynäkologe gemeinsam?

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