Freitag, 8. April 2011

You heard it here first: Delta Swamp Rock – Sounds From The South: At The Crossroads Of Rock, Country And Soul

Kommt zwar erst am 29. April, aber das musste jetzt raus: Handgeklöppelt für den Fan zwischen Blue Eyed Soul und Southern Rock, möchte man meinen, und wie gemacht für mich, denn in dem Delta verbrachte ich meine Jugend und die Zeit vergisst man nie. „Delta Swamp Rock explores the musical and cultural links between the towns and cities of Memphis, Muscle Shoals, Nashville, Macon in Georgia, also visiting the small towns of northern Mississippi and Louisiana and across to Daytona Beach and Jacksonville in Florida – an interstate southern road-trip where country, rock and soul met at the crossroads,“ erklären die Linernotes des 66-seitigen (!) Booklets dieser famos gemachten Compilation auf Soul Jazz, dem Label, das uns schon so viele erstklassige Zusammenstellungen geschenkt hat.

Zentrum des Sounds ist eine unter Fans so heilige Adresse wie Big Pink: 3614 Jackson Highway in Muscle Shoals, ein kleiner Schuhkarton von Studio im tiefsten Alabama, in dem vorwiegend weiße Studiomusiker als Backingband für schwarze Soulgrößen (Aretha, Wilson, Etta etc.) einen unnachahmlich groovenden Mix aus Soul, Blues und Country zu einer Einheit verschmolzen. Rassentrennung war an der Tagesordnung, aber das spielte zumindest im Mikrokosmos Muscle Shoals keine Rolle, wie zur gleichen Zeit im Stax Studio in Memphis, dessen Studioband Booker T. & The MGs in der Stadt wahrscheinlich nicht mal zusammen einen Kaffee trinken konnte, ohne schief angeschaut zu werden. Natürlich standen auch in Studios wie Ardent und Fame Männer an den Schmelztiegeln, die kontinuierlich an der Verbesserung der Rezeptur arbeiteten. Southern Rock in den frühen 70ern war eine direkte Fortsetzung der 60er Soul/Blues/Rock-Fusion, wobei Helden wie Duane Allman schon als Muscle Shoals Gitarrist auf unzähligen Aufnahmen zu hören ist. Der rauhe, soul-bluesige Rocksound aus dem Süden blieb auch in Nashville nicht ohne Auswirkung und war für die Outlaw Country Bewegung mitverantwortlich, die gegen den stromlinienförmigen Sound der Stadt rebellierte.

All das hat Soul Jazz versucht auf Delta Swamp Rock zu einer 25-Track-Compilation zu verschnüren. Und was für ein feines Paket das geworden ist! Ein absoluter Volltreffer! Auch für die, die meinen schon alles zu haben. Ein mordsmässiger Hammer wie Out In The Woods von Leon Russell (ein Dr. John Tribut) ist mir bis dato verborgen geblieben und wie weit seiner Zeit voraus Stone Fox Chase von Area Code 415 war, hatte ich auch vergessen. Selbst Hush von Joe South entpuppt sich im April 2011 als von mir verdrängter, siedend heißer funky Soul Burner, den ich demnächst mal wieder auflegen werde. Natürlich kennt man Ain’t Wastin‘ Time No More von den Allman Brüdern oder Polk Salad Annie von Homo Swampus Tony Joe White, eventuell auch die sehr geniale Version von Dr. John’s I Walk On Guilded Splinters von Cher (genau die), den Uptempo-Soul-Hit Missippi Delta von Bobbie Gentry, Thirteen von Big Star oder das ultradeepe If Love Was Money von Dan Penn (wie gut ist das denn?!?). Eine Freude, Duane Skydog Allman auf Boz Scaggs‘ I’ll Be Long Home (vom Inseldebüt) zu hören, Morning Dew (Tim Rose) als frühes Allmans Demo wiederzuentdecken und daran erinnert zu werden, wie gut Link Wray auf seinen 70er Comeback Platten war. Weiter dabei: Travis Wammack, der 63 mit Scratchy schon einen #1-Hit hatte, und eine Dekade später als Southern Soul Rocker reüssierte, Linda Ronstadt (die 71 bei Muscle Shoals aufnahm), Cowboy (dito), Johnny Cash (If I Were A Carpenter), Lynyrd Skynryd mit einer sehr unüblichen Ballade und einem typischen Southern Track, Songwriter Billy Vera, zwei tolle Tracks von Barefoot Jerry (auch schon wieder vergessen, die Truppe) sowie Waylon Jennings.

Ob man Bobbie Gentry, Skynyrd, Barefoot Jerry und die Allmans mit mehr als einem Track hätte bedenken müssen, lasse ich mal dahingestellt, da fallen einem spontan ein paar Lücken ein (man lese das Tracklisting der seelenverwandten Country Got Soul CDs). Aber das ist auch das einzige Haar in der Suppe, aber da sich oft ungeahnte Lizensierungshürden auftun, die einfach nicht übersprungen werden können, ist das schnell vergessen.

Delta Swamp Rock ist ein kleines Wunderwerk, ein recht weit ausholendes, aber doch fukossiertes Mixtape, das man stolz seinem besten Kumpel schenkt, eine Doppel-CD (oder wahlweise zwei sehr, sehr tolle Doppel-Vinyle), die wie Edelsteine im Regal funkeln werden.

Ein paar Worte zum Booklet (mit 66 Seiten ein kleines Buch) noch: neben Künstlerbiographien, Tracknotes und Besetzungs- bzw. Recordinginfo gibt es ein Essay zum Thema, dazu spezielle Ausführungen zu den Themen Rock And Roll Roots In Memphis, Memphis Soul Music, Muscle Shoals Alabama, Southern Rock And The New South, Nashville, Capricorn Records und Blue Eyed Soul.

Ganz heisses Teil. Ich warte auf Volume 2. Schon jetzt! (R-man)

PS.: Der Mailorder Eures Vertrauens wird das Teil zum absoluten Spezialpreis anbieten…

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