„Wenn ich heute abend ein Bier in der Hand haben sollte, schlag es mir aus der Hand!“ Forderte mich Michael J. Sheehy noch am Donnerstag morgen im Brustton der Überzeugung auf. Abends dann pumpte er Guiness in einem Tempo, daß das Glas beim ausholen noch voll war, beim Ansatz des Schwingers aber bereits geleert. Während dessen schwachsimpelte ich mit seinem Bruder Patrick über Fussball und Schwergewichtsboxen: „Well, the Klitschko’s are shite. If I was a little bigger...” Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass sowohl Michael als auch Patrick und Penetrators Sänger Liam in der Jugend geboxt hatten, muss wohl ein irisches Ding sein, um die Brut abzuhärten. Eins auf die Fresse kriegen wäre nie das Problem gewesen, meinte Michael, nur die Scheiss Lauferei hätte er gehasst. Besonders „wrapped in plastic“, fügte Liam hinzu, um schwitzend die Gewichtsklasse halten zu können. „..and we only had plastic garbage bags!”
Ach ja, wie unschwer zu erkennen ist, ich war in London. Es sollte die Miraculous Mule Release Party steigen und da darf man als Stag-O-Lee Labelboss nicht fehlen. Um den 7 Uhr Flieger in Dortmund zu erwischen, sollte man den Wecker in Beverungen auf 3 Uhr 30 stellen, damit das alles reibungslos läuft. Zum Frühstück bei Patrick traf zu dessen Verwunderung auch Bruder Michael ein ("way too early for him..."), der mit seiner französischen Schiebermütze und dem schwarzen Trenchcoat haargenau aussah wie man sich einen französischen Inspektor zirka Pink Panther vorstellt. Am Vorabend wurde er noch von einer Bande Jugendlicher als "French cunt!" beschimpft. Zurück zum Thema: nach dem Abnicken der 10“ (die ich Tags zuvor eigens aus Leipzig importiert hatte) rannten wir (es war tatsächlich so, als wollten die Brüder sich für die 2012er Olympiade im 50 km Gehen qualifizieren - während ich mit meinem Gepäck schwitzend hinterherheizte, machte ich den Stadionsprecher nach: "Unbelievable! Two brothers... bald head to bald head..." und versuchte so zu gehen, wie Geher eben gehen - watscheln also) zum Regent Sound Studios Gitarrenladen, der sich mittlerweile im Besitz von Penetrators Gitarrist Crispin befindet, um das Gepäck zwischenzuparken und die Akustiksession am nächsten Abend zu besprechen. Um 11.30 Uhr meinte Michael dann, es wäre Zeit für ein Bier. Daraus wurden dann zwei Pints, die mir direkt zu schaffen machten. Den nachmittag verbrachte ich dann alleine, um durch ein paar zentral liegende Plattenläden zu stromern, aber da ich unter Schlafmangel, Allergien, einem zu dicken Mantel (schwitz!) und zwei Vormittagsbieren litt, habe ich nichts gekauft.
Um 15 Uhr dann eingecheckt im Travelodge Covent Garden (sowas von zentral) und ein Zimmer von Fußballfeldgrösse bekommen. Auf dem Bett liegend war der Fernseher tatsächlich nur noch als kleiner schwarzer Kasten in weiter Ferne zu erkennen. Also erstmal zwei Stunden Bubu und dann nochmal rein in den Fopp Laden und eine 3er CD mit 75 Rockabillykrachern und einen Doppeldecker mit Jump Blues und Big Band Swing gekauft.
Abends stand dann die Blues Kitchen in Camden auf dem Programm. Dort hatten die Jukebox Jam Leute zur Mardi Gras Party im Rahmen des neuen und wöchentlich stattfindenden Roll & Tumble Clubs geladen. Die Blues Kitchen ist eher als Restaurant anglegt, mit Bühnen-Wurmfortsatz. Michael stellt mal direkt fest, daß hier nicht ein einziger Bluesfan im Raume sei, sondern nur so „Camden-Scenesters“. Auch im weiteren des Abends blieb der Laden weitestgehend Fanfrei, was mich doch etwas gewundert hat, dachte ich doch, der Name Jukebox Jam wäre ein Magnet. Aber so konnte die namenlose Marchingband relativ problemlos durch die Gäste ziehen und einem saftiges New Orleans Zeug um die Ohren blasen. Zwei Trommler und zirka 6 Mann mit Gebläse machten mächtig Stimmung und Michael und Patrick waren so schwerst begeistet, daß man die Truppe direkt für die nächsten Mule Sessions buchte. Die zweite Band, The Iko’s, präsentierte sich mit Piano, (zu viel) Sax, Standbass und Drums allerdings als etwas zahnlos beim covern von N'Awlins-Klassikern, sodaß wir alsbald den Heimweg antraten. Allerdings nicht ohne in der üblichen Frittenstube zu stoppen, um eine fettriefende Mahlzeit einzunehmen und Zeuge einer recht brillianten Pöbelarie zwischen dem indischem Frittenstubeneigner und einem ebenfalls aus der Ecke (also Indien, nicht Camden) stammenden Gast beizuwohnen, der das Klo eine halbe Stunde blockierte, ohne was zu kaufen. Holla die Waldfee.
Am nächsten Tag suchte ich mal den Spitalfieldsmarket auf, wo an zwei Freitagen im Monat sowas wie eine Plattenbörse stattfinden soll. Natürlich war ich am falschen Freitag dort und hakte die Touristenfalle dann mal schnell ab und ging zur nächsten – dem Camden Lock Market. Eigentlich wollte ich mal bei Black Cotton Vintage vorbeischauen, mit dem Chef hatte ich neulich mal Musikkontakt, aber Unit 486 in den Horsehead Stables war an dem Tag geschlossen. Wenigstens bei Sounds That Swing konnte ich dann noch ein paar britische Pfund lassen, ein Buch (www.derekart.com) und etwas Musik wanderte in meinen Besitz über. Dann Nase voll und chillen, schließlich sollte der Abend und die Nacht kraftraubend werden.
Gegen 18 Uhr traf man sich in der Denmark Street 4 vor dem Regent Sound Studio Laden.
Der akustische Instore Gig war schwerst überlaufen, sodaß ich meine Band im Stich ließ und mit den Penetrators im gegenüberliegenden 12 Bar Club Red Stripe verklappte. Eine „where’s the dj?“ sms von Patrick erinnerte mich dann an mein Versprechen, für den musikalischen Warm-up im Alley Cat, dem Club im Basement vom Regent Sounds zu sorgen. Mit Rhythm & Blues, Blues-Krachern und Exotica heizte ich gut vor, bis sich Miraculous Mule nach reichlich Vorgeplänkel entschlossen, endlich anzufangen. Der Entschluss, einen eigenen Soundmann mitzubringen, erwies sich schnell als Rohrkrepierer, denn der Recke kannte weder den Raum noch das Equipment, sodaß die ersten vier Songs einfach nur mies klangen. Nur der Intervention der neuen Barmanagerin (die wirklich den ganzen Abend Ass kickte) ist es zu verdanken, daß irgendwann alles funktionierte. Der Gig war gut, wenn auch etwas zu lang, leicht von Nervosität geprägt und auf die Gastmusiker (Harp, Piano) sollten sie demnächst verzichten.
Danach legte Liam eine Stunde auf, fand aber nicht den richtigen Groove und bat mich, wieder zu übernehmen. Was nicht einfach war, bei sich lichtenden Reihen bzw. heftiger Fluktuation. Ich gab mein Bestes und irgendwann erschien Patrick dann und mischte den Laden in seiner im eigenen mitreissenden Art und Weise auf. Mit einem Grinsen im Gesicht und einer gut verträglichen Mischung aus Corona und Peroni im Bauch verließ ich das Etablissement gegen 3 Uhr in Richtung Hotel.
Mission erfüllt. Gar schee wars mal wieder. (R-man)
4 Kommentare:
„Well, the Klitschko’s are shite..."
Stimmt!!!
schöne berichtserstattung skipper!
(macht schon lust auf swining london)
BadaBing!
Hört sich klasse an. Besonders der akustische Gig ist super. Na dann bin ich mal gespannt was man noch von euch hören wird. Klingt jedenfalls vielversprechend.
Macht ihr vorgezogene Osterferien? Das Wetter ist ja herrlich ...
letzte Woche ist die 10" eingetroffen. Wunderbar, die macht Appetit auf mehr und live.
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