Sonntag, 26. Mai 2013



Whirlyjoe: Um vier Uhr gingen mir im Stadtkrug die Platten aus, dazu das viele Bier und schon hat man am nächsten Morgen den Surprise Act verpasst. Dabei wusste ich, um wen es sich handelt, hatte Murder By Death auch in allerbester Erinnerung. Tja, das Alter…
Zu Crocozebrá dann doch noch leicht verkatert ins Gelände gestolpert – hat mir richtig gut gefallen, eingängig, unprätentiös und sehr sympathisch. Denen ist noch Einiges zuzutrauen.

K-Nut: Da ging es mir leider genauso. Ich hatte leichte Startprobleme am Sonntag und war erst zu den letzten Klängen der (sehr guten) Murder By Death auf dem Platz. Schade!
Crocozebrá haben mir dann hervorragend gefallen! Strahlender Sonnenschein und ein Haufen hoch-sympathischer und -musikalischer junger Menschen auf der Bühne. Erneut ein perfekter Start in den Tag.

Die Sonne verwandelte dafür den Matsch in einen zähen, klebrigen und stinkigen Sumpf.

Whirlyjoe: Christine Owman war dann schon ein eigentümlicher Programmpunkt. Eigentlich war ich für ihre doch recht ambitionierte bis experimentelle Musik gar nicht motiviert, habe dann aber doch mit wachsendem Interesse zugehört. 
Schon sehr eigenwillig, was die Schwedin da performt – je wilder desto besser. 
Die verschwurbelten Vocoder-Sounds hat sie vielleicht ein wenig überstrapaziert, aber ihr finales Headbangen am Bühnenrand vor erstarrtem Publikum hatte wirklich was Mutiges. Daumen hoch für Christine Owman!

K-Nut: Ich glaube da habe ich mehrfach "Kunstkacke" in meinen Bart gemurmelt. Dafür möchte ich mich hiermit förmlich entschuldigen. Aber das war weder für das herrliche Sommerwetter noch für meine leicht träge Grundstimmung das richtige Unterhaltungs-Programm. Das hat mich überfordert und ich hätte wohl eher was für meine niederen musikalischen Bedürfnisse gebraucht. Mea culpa! - aber: Daumen runter!

Whirlyjoe: Torpus & The Art Directors kriegen von mir alle Sympathiepunkte, auch wenn es zweifellos an künstlerischer Eigenständigkeit fehlt. Wie sie aber alles an zauselig-bärtigem Indie-Folk zwischen Mumford & Sons, Fleet Foxes und Band Of Horses zusammenrühren, hat vor allem den jüngeren Teil des Publikums völlig zu recht begeistert. Dazu dieser strahlende Sonnenschein – endlich war alles wie immer beim OBS!

K-Nut: Da ich die von Dir genannten Bands alle furchtbar langweilig finde, hatte ich nicht viel erwartet.
Aber die Begeisterung der Band und die Stimmung, die von ihr ausging, haben mich dann doch gepackt. Erstaunlicherweise erwischte ich mich dabei (mit meiner frisch zurückgekehrten Stimme) leise "Oh My Sweet Carolina" mitzusingen. Ein schöner OBS-Moment! (zumindest für mich - meine direkten Nachbarn habe ich nicht befragt...)
The Desoto Caucus
Whirlyjoe: The Desoto Caucus aus Dänemark hatte ich bis zu ihrem Auftritt noch gar nicht gehört, fand ich aber sehr gelungen. Auch weil ihre entspannt-atmosphärische Cosmic Americana (plus viel Talk Talk und ein wenig Spain) endlich auch mal wieder den OBS-Veteranen im Publikum gefallen haben dürfte. 

K-Nut: Auf dieses neue Glitterhouse-Signing hatte ich mich sehr gefreut. Zu Recht, wie sich herausstellte. Sehr lässige, klassische aber doch eigenständige Americana-Klänge mit tollen psychedelischen Keyboard- und Gitarren-Soli. Einige wenige Calexico-Anklänge meine ich auch herausgehört zu haben.
Das aktuelle Glitter-Vinyl war dann auch ruckzuck ausverkauft. Wird also im Mailorder bestellt.

Besonders gefreut habe ich mich über die Penetratoren Liam und Crispin, die den Weg durch die Schlammhölle nicht scheuten um sich von uns zu verabschieden - und das in ihren weißen Tanzschühchen! 
Luv you, guys!

Mighty Mike OMB

Nicht zu vergessen, der gute Mighty Mike, der aus Schlamm- und Modder-Gründen auf den zeitraubenden Aufbau seines bespielbaren Motorrades verzichten musste. Selbst zum Soundcheck (gut 90 Minuten vor seinem ersten Set) fanden sich zahlreiche applaudierende Menschen ein, so dass die Meute mit einer ausgespielten Nummer "besänftigt" werden musste.
Da noch kein Gaffa-Tape erfunden wurde, dass auf Matsch klebt, musste Mikes "Edelroadie" beim eigentlichen Auftritt öfter mal auf die Knie um die wandernde Fußmaschine festzuhalten. Dafür gab es hochverdienten Sonder-Applaus.
Gewohnt souverän und hochunterhaltsam spielte sich Mike durch seine Blues-Stomper und brachte so, als perfekter Ausgleich zu Frau Owman, mein musikalisches Gleichgewicht wieder in die Waage.

Whirlyjoe: Extralob auch an den netten Menschen, der dem auf dem Boden kauernden, die Fußmaschine von Hand fixierenden Helfer gleich ein frisches Bier gereicht hat – that’s the Spirit!


The Flaming Stars
The Flaming Stars kannte ich auch nicht, sie wurden mit aber von verlässlichen Gewährsleuten dringend empfohlen. Den Auftritt der coolen Londoner fand ich dann aber ein wenig saftlos, ähnlich wie bei Nick Waterhouse. Da fehlt einfach das letzte Quäntchen Rotzigkeit. Gefällt mir auf Platte tatsächlich besser.


K-Nut: Da bin bin ich ja bekennender Fan und war dementsprechend enttäucht, dass die Flaming Stars nicht zum OBS16 kommen konnten. Leider ging die prägnante Orgel etwas im Mix unter, aber ansonsten war dieses Set einfach großartig. Habe allerdings von einigen gehört ihnen wäre das Konzert zu verhalten bzw. gedämpft gewesen. Das fand ich (anders als bei Herrn Waterhouse) aber gerade gelungen. Dieses Musizieren mit leicht angezogener Handbremse, um dann im entscheidenden Moment richtig Gas zu geben, beherrschen die Herrschaften (wieder: anders als Herr Waterhouse) perfekt.
Bin glücklich diese Band dann doch mal live erlebt zu haben!

Whirlyjoe: Come – für mich das spannende Highlight des Festivals. Dabei war abzusehen, dass sie für 75 Minuten nicht genügend gute Songs haben. Die wenigen Knaller haben aber gereicht, um mich in schwebende Verzückung zu versetzen. Ja sogar das eine oder andere Tränchen stieg mir (wie wohl so manchem altgedienten Glitterhäusler) in die Augen. Dass der teils zäh-laute Psycho-Blues kein Stimmungshighlight ist, kann ich aber auch verstehen. Dennoch: für mich die erhabene Krönung des OBS 17.

K-Nut: Ganz offensichtlich habe ich in den Neunzigern nicht (nur) die richtige Musik gehört. So sind z.B. Come und Codeine völlig spurlos an mir vorüber gegangen. Umso dankbarer bin ich da den Menschen von Numero und Glitterhouse für das Wiederhervorholen dieser Schätze! 
Ein wundervolles Glitter-Vinyl/CD-Paket und ein fantastischer intensivster Auftritt! Alleine dafür hätte sich die Anfahrt gelohnt! Danke!

Whirlyjoe: Blaudzun? Nun ja, die letzte Band des Festivals hat vor vollem Auditorium eigentlich immer leichtes Spiel, da konnte auch der durchaus charismatische Holländer wenig falsch machen. Das Publikum fraß ihm aus der Hand, die neue Lightshow kam glänzend zur Geltung, da will ich nicht allzu streng sein, obwohl der Typ letztlich nur einen oder zwei richtige Songs geboten hat. Der Rest ist lauwarme Luft episch inszenierten Indie-Folks mit an- und abschwellender Dynamik statt Songs und Melodien. Hat aber trotzdem gut funktioniert und mit Erfolg den neuen Regen bis nach Konzertende verdrängt.

K-Nut: Blaudzun durfte ich zwar aus allernächster Nähe erleben, aber dies nur weil die Band im Laufe der Nacht am Nebentisch in Harry's Imbiss saß.
Den Auftritt habe ich aus mehreren Gründen komplett verpasst. Kann ich allerdings anhand deiner Beschreibung nicht wirklich traurig finden.
Anschliessend liessen wir uns ziellos durchs Beverunger Nachtleben treiben, da der Stadtkrug leider geschlossen blieb. 

Whirlyjoe: Das klingt aber nach einer uferlosen, exzessiven Odyssee….
Bleibt als Fazit: das siebzehnte OBS war musikalisch ein wenig durchwachsen, den Kurs der stilistischen Verbreiterung unterstütze ich aber nach wie vor von ganzem Herzen. Geländeerweiterung und strukturelle Veränderungen waren alle zum Guten, die Organisation wie immer eine geschlossene Team-Leistung von bewundernswerter Perfektion. Heißen Dank wie immer an alle Beteiligten, ihr seid Helden!



K-Nut: "OBS - Jetzt noch breiter!" Das Motto für 2014?
Das Programm war tatsächlich noch kunterbunter als gewohnt, und ich habe erstmalig eindeutig die "Musik für ältere Herrschaften" bevorzugt. Ansonsten stimme ich dir zu 100% zu! 


Ganz sicher ist unsere Rückschau eine sehr subjektive und nicht immer lässt die Mitarbeit am Stag-Stand genügend Aufmerksamkeit und eine angemessene Würdigung aller auftretenden Bands zu. 
Sicher ist: Das Gesamt-Paket OBS ist noch immer unübertroffen vielseitig. Wer hier nicht seine neue Lieblingsband, neue und alte Freunde findet, von der liebe- und aufopferungs-vollen Organisation restlos beeindruckt ist, der macht irgendwas falsch!

Danke an Alle! Wir kommen wieder! 

(Whirlyjoe & K-Nut)

4 Kommentare:

Andi58 hat gesagt…

Danke für die OBS Rückschau, deckt sich so ziemlich mit meiner Meinung.

sailorgirl hat gesagt…

Hach... Das habt ihr wirklich beide sehr schön geschrieben...mir ist's fast als wär ich dabeigewesen:-).

Katsy Redstar hat gesagt…

auch wenn ich mit der qualitativen Bewertung nicht ganz konform bin: super geschrieben. Macht Spass den Bericht zu lesen. eigentlich mein review highlight.

Würde mir für das nächste Jahr ein paar Live acts im stagOLee / spoonful style wünschen (oder JensOMatic lauter in den Umbaupausen) :-)

gruss
thomas

Anonym hat gesagt…

alles subjektiv und alles subjektiv richtig und vor allem sehnsuchtssteigernd (heißt: ich will jetzt und gleich Pfingsten 2014 :-))