Samstag, 30. September 2006
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 6: Boozoo Bajou
Nachdem wir diese Woche über eher untypische Chill-Out Platten geschrieben haben, gehen wir nun in die Vollen und stellen den Prototyp vor: das 2001er Debüt Satta des Nürnberger Duos Boozoo Bajou, dessen 10 Tracks sich über die Jahre auf sicher über 200 Genre-Compilations verteilten. Höchstens die Thievery Corporation könnte sie da schlagen, aber es ist nicht die Omnipräsenz, die zählt, sondern die pure Qualität der Scheibe. Boozoo Bajou setzen den Albumtitel (Patois für „relaxen“) derart konsequent um, dass es auch im Jahre 2006 noch eine Freude ist.
Das Tempo wurde enorm runtergedreht, der Dub-Anteil erhöht und so ist das gesamte Album eine einzige Seelenmassage, die sich vorzüglich zum Chillen eignet. Was beim einen oder anderen Oberflächenhörer zur Gleichung „Downbeat = Langeweile“ führte, aber das sind die gleichen Spinner, die sagen, im Reggae klinge als gleich. Aber Satta ist weit mehr. Über ebenso erdigen wie seidig fließenden Grooves zerfließen allerlei ethnische Einflüsse und Samples: indischer Raga, jamaikanischer Dub, der Blues des Mississippi-Deltas und afrikanische Wüstenmeditation werden mit Stilmitteln anderer Gegenden behaucht und die Mischung ergibt eine jeweils erstaunlich leicht schwingende, aber sauber geerdete Musik. Lässig, reduziert und doch opulent.
Ihre Wurzeln legten sie dann mit den beiden astreinen Juke Joint Compilations offen und entwickelten ihren Sound mit dem 2005er Dust My Broom-Album konsequent weiter. Gerne denke ich auch an ihren Betalounge Mix zurück. Da legten sie offenbar vor einem Dance-Hansi auf, haben das Tempo aber über 2 Stunden fast konsequent auf Sparflamme gehalten und kreiselten erstmal 45 Minuten so was von unglaublich um sich selbst, bevor mit Keith Hudson’s Satan Side überhaupt irgendwas abging. Aber Teufel, war das spannend. Und hat das gegroovt.
Florian und Peter (die beiden Boozoos) haben zudem im Nürnberg einen unregelmäßigen Clubabend unter dem Titel Juke Joint ins Leben gerufen: „Getreu der Maxime: It's all about music.“ Hört sich spannend an. Wäre ich gerne mal dabei... (R-man)
Freitag, 29. September 2006
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 6: Jorma Kaukonen
Quah, das `74 erschienene Solodebüt des Jefferson Airplane Gitarristen, ist eines dieser Alben, dass ich praktisch Total-Recall-mässig in meinem Kopf als Erinnerung abrufen kann, gutes Gefühl inklusive.
Das Flugzeug namens Jefferson war gerade mal wieder bruchgelandet und Kaukonen kehrte zu seinen Folk-Blues Wurzeln zurück, um mit Sänger Tom Hobson (auf zwei Songs am Mikro) dieses Meisterwerk aufzunehmen. Ob nun Eigenkompositionen oder Cover von Rev. Gary Davis oder Blind Boy Blake, diese Platte ist so viel mehr als nur eine Handvoll Folk-Blues Tunes. Ein Meister an der Gitarre und mit einer eigenwillig-knarzigen Unstimme ausgestattet, kreirt Kaukonen hier eine angenehm-düstere Atmosphäre, die mit purer Magie nur unzureichend beschrieben ist. Zur musikalischen Ausmalung reicht im Prinzip eine Akustikgitarre, nur bei drei Songs umspült ein 12-köpfiges Streicherensemble sanft die einsame 6-saitige. Bass und Schlagwerk wird man hier vergebens suchen.
Dieser gesuchte Klassiker wurde in den 90ern mal kurz vom Relix-Label wiederveröffentlicht, verschwand dann aber schnell wieder. Später haben sich die Herren von RCA der Sache angenommen, die Originalbänder mit einigem an Qualitätsgewinn tontechnisch aufgearbeitet und noch vier unveröffentlichte Bonustracks aus den Archiven geholt. Diese (Lord Have Mercy, No Mail Today, Midnight In Milpitas, Barrier) wurden wie das Album zwischen ’72 und ’74 im Studio aufgenommen, sodass diese Inselplatte nun 54 Minuten Musik bietet (inklusive Radiospot). Airplane Fachmann Jeff Tamarkin ist für die Linernotes zuständig.
Unter Chill-Out wird ziemlich jeder was anderes verstehen, aber diese Platte ist wie ein guter Freund, in dessen Nähe man relaxt und sich wohlfühlt. (R-man)
Donnerstag, 28. September 2006
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Der Mix: slowpression
Freunde, ich bin schlecht. Und unfähig. Ich habe gestern den Mix fertig gestellt, aber vergessen, den verdammten USB-Stick in das Aufnahmegerät zu stecken. Da ich den Kram morgen vom Büro aus uploaden muß, wird das nix mit dem Mix zum Wochenende. Cover ist auch nicht fertig. Aus diesem Grunde muß ich die Veröffentlichung des mittlerweile slowpression betitelten Mixes bis auf den Montag verschieben. Nur so ist allerhöchste Qualität gewährleistet, ihr versteht. Falls das Montag auch nicht passiert, dann hat einer von meinen 3 Lottoscheinen einen Volltreffer gelandet...
slowpression deshalb, weil mir beim mehrmaligen Durchhören aufgefallen ist, dass nicht nur das Tempo niedrig ist, sondern das bei der Zusammenstellung auch eine dunkle Wolke über mir hing, denn der Gesamtsound ist schon recht, na ich sage mal - tragisch. Stay tuned. Wird was. Garantiert. (R-man)
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 5: Sub Oslo
Als ich letzten Samstag die Chill-Out Woche ausrief, hatte ich direkt vor, irgendwas dubbig-fließendes zu präsentieren. Pick A Dub von Keith Hudson und der Klassiker von King Tubby & Augustus Pablo begleiteten mich direkt auf die Terasse, aber erst heute morgen ist es mir gekommen: Sub Oslo machen den perfekten Dub-Chill-Out!
Sub wer? Fragt sich womöglich der eine oder andere. Sub Oslo aus Denton, Texas. Zwei Platten gibt es von denen, beide auf dem vorzüglichen Glitterhouse Label (ähem), und beide schwer empfehlenswert. 1996 taten sich ein Dreadlock-Mexikaner am Bass, ein amerikanischer Drummer und ein Soundtüftler/Mixer (der seine Jugend in Eching/Bayern verbrachte) zusammen, um ihrer Liebe –dem Dub- zu frönen. Ruckzuck wurde daraus eine 8-köpfige Band, die ihre Zuhörer bei 3-4-stündigen Konzerten mit mächtigem Bass die Eingeweide masssierten (ich habe es erlebt).
Obwohl traditionell eine Studio-Kunst, wird Dub von Sub Oslos acht Visionären auf eine funktionale Live-Ebene gehievt. Als sei es das Natürlichste der Welt, wird auf der Bühne komponiert, gemixt, experimentiert. Spontan und unvorhersehbar wird eine Armada von Instrumenten eingesetzt. Toningenieur John Knuckles bedient das Mischpult, manipuliert den Sound ad hoc, taucht ihn in tiefe Dub-Bäder und füllt simultan die Rollen eines Live-Performers, Regisseurs und Puppenspielers aus. Rhythmen werden improvisiert und erforscht um maximale Tiefe und Ausdrucksfähigkeit zu erreichen.
Beide Platten sind rein instrumental und so um die 60 Minuten lang, die aber schnell zu einem Strom von brodelnden Beats und hypnotischen Rhythmen zusammenfließen, die die Linie zwischen traditionellen Reggae Vibrations und atmospärischen Strukturen des Trip-Hop verwischen. Sub Oslos Musik ist ein kolossal seelenvolles Gebräu aus verzaubernden Riddims und psychedelischen free-form Improvisationen, ist in Mannschaftsstärke gegebene Vollbedienung aller Wahrnehmungsebenen. Transzendente Beats, natürlichster Flow, hypnotische, jawohl, Songs. Mächtig, groovy, begeisternd. Cosmic! (R-Man)
billig noch billiger
Mittwoch, 27. September 2006
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 4: Openminded Chill-Out
Was fällt mir zu Chill-Out ein? Mein mindestens zehn Jahre altes und ziemlich verstaubtes Café Del Mar-Album? Sicher nicht. Auch durch die Unmengen belangloser Ibiza- und Kuschel-Dance-Mixes wurde der Begriff nicht attraktiver. Der R-Man meint aber ja wohl auch was ganz anderes, nämlich grundsätzlich ruhigere Musik, zu der Mann nicht wirklich tanzen kann, die der DJ aber eben trotzdem auflegt, passenderweise zum Ausklang eines Sets – gerne aber auch mal zwischendurch, wenn der Moment passt.
Und in dieser Perspektive hat ja nun auch der Tonträgermarkt mittlerweile einiges zu bieten: stil- und genreübergreifend, folky, psychedelisch, Musik aus den unterschiedlichsten Epochen. Ganz klar eine höchst positive Entwicklung zu mehr Openmindedness.
Mein Beitrag dazu: eine kleine Liste persönlicher Favourites der deutlich gesetzteren Art, mit denen ich eigentlich immer gute Erfahrungen gemacht habe. Zeug, das man am liebsten für sich selbst spielt, wenn der Laden schon fast leer ist und das Personal die Stühle hochstellt.
Die Klassiker:
Roy Ayers - Everybody Loves The Sunshine
> das liebt doch wirklich jeder, so smooth und warm und weich und upliftend
The Commodores - Easy
> Obacht: Mitsinggefahr!
Ennio Morricone - My Name Is Nobody
> Obacht: Mitpfeifgefahr!
Die Fantastischen Vier - Tag Am Meer
> mit dem genialen Gitarren-Sample von Lost Generation, wer die schwäbischen Stimmen nicht mag nimmt gleich die sanft trippende Instrumental-Version
Hildegard Knef - Ich bin zu müde, um schlafen zu gehen
> programmatischer Laidback/Latenite-Swing, Hilde ist sowieso ganz großartig
Die Sentimentalitäten:
Blumfeld - Tausend Tränen Tief
> man liebt es oder hasst es
Velvet Underground - Afterhours
> betörend einfach und unwiderstehlich schön - auch noch in hundert Jahren
Beach Boys - Surfer Girl
> Hymne für die Ewigkeit, auch nach dem hundersten Hören jedes mal ergreifender
Minnie Riperton - Loving You
> Isn’t it romantic?
Lulu - Mr. Bojangles
> meine liebste Version, hier spielen immerhin auch Eddie Hinton und Duane Allman mit
Die Irrläufer:
Rita Coolidge - My Crew
> zartschmelzender Country-Soul von 1971, nicht von dieser Welt
Tim Buckley - Sweet Surrender
> ein einziger sonnendurchfluteter, gänzlich weggetretener Trip
Manu Dibango - Besoka On Salsa
> afrikanischer Laidback-Salsa mit der coolsten Crooner-Stimme ever
Dr. John - I Walk On Guilded Splinters
> tiefster psychedelischer Sumpf, dampfend und brodelnd
Alice Coltrane - Turya And Ramakrishna
> ganz bodenständige Jazz-Blues-Ballade ohne jede Esoterik, nach diesen acht Minuten kann kein DJ der Welt noch etwas anderes auflegen…
(Whirlyjoe) - Meister Whirlyjoe hat (hoffentlich nicht nur) mir den Mund wässrig gemacht. Hinter dem einen oder anderen muß man dann doch hinterher jagen... und Sweet Surrender hatte ich neulich auch mal wieder aufliegen. Das war in meiner Jugend in unserer Discothek Forum ein echter Hit...
Dienstag, 26. September 2006
Flohmartkfunde
Teil 3.
Mein neues Hobby macht mir noch immer viel Freude. Warum ich da nicht schon eher drauf gekommen bin, frage ich mich seit diesem Sonntag vor 6 Wochen (als ich den ersten Stoß nach Hause schleppte) permanent. Dieses Glücksgefühl, auf ein Stück Vinyl zu stossen, das man schon lange sucht oder auch nicht, und von dem man eigentlich nicht wusste, das man es braucht, das ist schon phänomenal.
Nun gut. Gleich zwei Flohmärkte habe ich letztes Wochenende besucht und wie es mittlerweile so Ouzo ist, möchte ich Euch, meine lieben imaginären Freunde, zumindest virtuell an meiner Beute teilhaben lassen.
Diese Woche gab es eher weniger für mehr Geld. Den Großteil der Einkäufe machte ich bei zwei verschiedenen Hobby-Verkäufern, die allerdings so was von pingelig mit ihren Scheiben umgegangen sind, dass ich es verschmerzen kann, wenn ich den Einstandspreis von zirka 2 Euro in Relation zum Erhaltungsgrad setze (durchweg m, einmal woc – hehe, dass ich damit noch mal anfangen würde!). „Mein Mann hat heute Morgen noch die, die wir nicht als CD haben in mp3s verwandelt! Ich hoffe, zwei Euro sind nicht zu teuer?!?“ "Mmmgrmpf! Nein, sehen ja noch ganz gut aus..."
Das gab es: Roxy Music (Flesh & Blood für 1 Euro), Voices Of East Harlem (mit For What It’s Worth, Proud Mary etc.), Giorgio Moroder (From Here To Eternity), Michael Jackson (2 x), La Düsseldorf (auch gleich zwei) und Fly With Me von Supermax (mit African Blood!). Dazu noch jede Menge 7-es (m+/m+) für je ne halbe Eurone: Althia & Donna (Uptown Top Ranking – Althia mit i! Auf Warner), Santa Esmeralda (House Of The Rising Sun, geht in die Quasimodo Suite über – ein garantierter, zukünftiger shake baby shake Klassiker!), Eddie Kendricks (Keep On Truckin über 2 Seiten), Stevie Wonder (Superstition und Living For The City) sowie ähnlich gelagerte Hits von den Staple Singers, Bohannon, O’Jays und MFSB.
Während Supermaxen’s Kurt Hauenstein gerade über Africa lamentiert, ist meine Internet-Verbindung abgeschmiert. Sonst hätte ich mal eben geschaut, wo man nächstes Wochenende mal hinfahren kann… (R-man)
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 3: Secret Love Vol. 1/
Jazzanova & Resoul Pres.
Zwei wundervolle, sehr songorientierte Compilations mit Folk-meets-Electronica Tunes sind auf dem Berliner Sonar Kollektiv Label unter dem Titel Secret Love erschienen. Die kann ich nur jedem ans Herz legen, der sich auch nur ansatzweise angesprochen fühlt.
15 Songs (und einen hidden Track) haben sie hier zusammengestellt und den Modern Folk in fast jede Richtung ausgeleuchtet. Da knarrt pur der Akustik-Bass beim bezaubernden Tell The Truth… von Kathryn Williams und Nicola Kramer covert Joni Mitchell’s Help Me gar herzzerreißend. Les Fleurs von 4Hero ist hier im Radio-Edit zu hören und steht Minnie Riperton’s Version in nichts nach. Pastoral geben sich die Beta Band (Gone), episch Marden Hill (mit dem Bardot Klassiker – welch ein Song!) und orchestral-entspannten Barock-Folk bekommen wir von Magnet geboten. Mit Psychedelia-Folk eröffnen die Superimposers, dicht gefolgt vom sanft-jazzig dahinfließenden If There Was A Love von Sonar Kollektiv Neueinkauf Thief, das ich schon jetzt in den Klassiker-Status hieven möchte.
Dazwischen wird auch mal sanft mit Elektronika gewerkelt, aber im Prinzip genau so, wie Tim Buckley oder Tim Hardin es heute auch tun würden, wären sie noch unter uns. Viele der Namen scheinen relativ neu auf der Szene zu sein, aber unter den 72 Minuten finden sich keine 30 Sekunden, auf die ich verzichten möchte.
Hier bestätigt sich mal wieder meine Einschätzung, dass die guten DJs/Teams ihre Ohren überall haben, durchweg fanatische Plattensammler sind und im Prinzip jeder musikalischen Spur bis zur Wurzel folgen. Das Jazzanova Team und der Mann von Resoul haben hier unzweifelhaft ein kleines Meisterwerk geschaffen, kenntnisreich und mit viel Liebe zusammengestellt und mit der Erfahrung von Jahren hinter den Wheels Of Steel mit dem richtigen Flow präsentiert. Einfach nur wundervoll/bezaubernd. (R-man)
Secret Love Vol. 2/
Jazzanova & Resoul Pres.
Praktisch ein jahr später schien Vol. 2, die das Qualitätsniveau locker hält und wundervoll vor sich hin funkelt. Wieder zusammen gestellt vom Jazzanova Musiker- und DJ-Kollektiv, denen man nachsagt, sie wären die schnellsten im komplett-bis-zur-letzten-Kiste-Plattenladen-durchwühlen. Ein weiter Horizont und Sammlerwut kennzeichnet auch diese 13-Song-Zusammenstellung, die die Schnittmenge von Neo-Folk und Electronica-Basteleien erforscht. Dabei klingt Vol. 2 vielleicht ein wenig elektronischer, aber lange nicht elektronisch genug, um versuchswillige Folkisten abzustossen.
Gleich mit den ersten 5 Songs wird klargestellt, dass hier jeder weiß was er tut. Chunking´s Making Music (im 4Hero Mix) spielt mit Beatles-Zitaten und überrascht mit Turin Brakes-Vibe, Freeform Five steuern einen ungewohnt feingliedrigen und ach so wunderschönen Song bei (mit Steel und leisen Trompeten), das swingend-deepe Dream Keepa von Roger Robinson (tolle Stimme), das unglaubliche Tiger, My Fried von Psapp (Spieluhr-Folk mit Crosby, Stills & Nash Backing-Vocals) und das glitchig-bass-elastische Tell Somebody About Us von Brooks (im Akufen Remix). Es folgen der großartige Thief (auf Vol. 1 schon positiv aufgefallen), Tunng (auch auf Dream Brother mit einem Hit dabei), Fat Freddys Drop (einer der kontemplativeren Titel auf deren Wahnsinnsalbum), Gitarren-Pop von März und sogar ein völlig un-Dancefloor-mässiger Song von Daft Punk.
So ist Secret Love ein perfekter Herbst-Soundtrack ohne jeden Ausfall und voller Songs, die ihre Schönheit nach und nach preisgeben. Für Leute, für die Folk die zweite Fairport Convention Platte ist, wird Secret Love wohl nicht funktionieren. Aber wer sich bei Tim Buckley`s Blue Afternoon ebenso angesprochen fühlt wie bei Sufjan Stevens Seven Swans, der kann an Secret Love nicht vorbei. (R-man)
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Der Mix…
Ich hatte ja letzten Samstag, als ich spontan die Chill-Out-Woche ausrief, einen Mix zum Wochenende versprochen. Der wird am Samstag morgen veröffentlicht und verspricht, soweit ich das selbst sagen darf, eine echte Großtat zu werden...
Der erste Draft läuft hier gerade und ich bin doch schwer begeistert von mir selber. Denke die Rezeptur aus Alt und Neu, aus bewegendem Song und flächigem Gefühl ist mir gelungen. Vielleicht muß ich das eine oder andere zur Peferktionierung des richtigen Flows noch austauschen, aber grundsätzlich steht das Werk in alle seiner Downbeat-Glorie.
Ich bin jetzt mal Pavlov. Und ihr meine Wauwau’s: es beginnt mit diesem wunderbar minimalen Vincent Gallo Stück, das tatsächlich I Wrote This Song For The Girl Paris Hilton betitelt ist, und geht nahtlos in diese unbeschreibliche Version von Christo Redentor von Donald Byrd über. Ein Ohrwurm des neuen Beauty Room Albums wird gefolgt von einem Zero 7 Instrumental, worauf sich ein Block mit folkigem Songwriting anschließt: Tim Hardin, Soulsavers (welch ein Song), Madrugada (Hammersong von einer frühen EP) und Colin Blunstone. Atmosphärisch wird es mit dem jazzigen Ice von Spirit und von der alten Garde kommen später noch Emerson, Lake & Palmer zum Zuge. Mit dem Bonobo-Remix eines Husky Rescue Stückes schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe, die wunderbaren Psapp covern Year Of The Cat und der großartige Fink (einer meiner echten Faves zur Zeit) Alison Moyet. Der Mix schließt mit dem epischen, ungeheuer deepen, 10-minütigen Titelsong des neuen Sparklehorse Albums. Vielleicht aber auch mit Jorma Kaukonen... who knows?!?
Am Ball bleiben. Wird sich lohnen. Und ich bin sonst bescheidener... (R-man)
Montag, 25. September 2006
Chill Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 2: Superimposers
Charming! Dies ist Sixties-Referenz-Pop, gemacht im Hier & Jetzt von den Briten Dan Warden und Miles Copeland aus Devon. Mit ihrer lauschigen Mischung aus Easy Listening, Sixties Pop und Psychedelia haben sie nicht nur meinen Nerv getroffen, sondern auch den der internationalen Nu-Jazz-DJ-Mafia um Gilles Peterson – obwohl die Musik kaum tanzbar ist. Dafür aber ungemein warm und flauschig, immer ein wenig bekifft und abgehoben, irgendwo zwischen Burt Bacharach und Free Design, 101 Strings, Brian Wilson, Mamas & Papas. Stereolab und Air haben in den letzten Jahren zum Teil ähnliches versucht, vor allem, diesen speziellen Sixties-Vibe hinzukriegen, der in erster Linie den Arrangements zu verdanken ist.
Cheesy Pop-Sounds mit Streichern, verhalltem Piano und immer hart an der Kitschgrenze entlang. Manches klingt fast schon wie der artifizielle Country-Pop von Glen Campbell (Wichita Lineman). Sehr aufschlussreich für das Vorgehen der beiden Superimposers ist vor allem der Song Seeing Is Believing dem das komplett übernommene und nur mit Gesang ergänzte Cristo Redentor von Ferrante & Teicher zugrunde liegt. Ganz ähnlich ist vor einigen Jahren ja auch die Beta Band mit einem Original des obskuren Kallmann Chorus verfahren. The Superimposers atmet den mondänen Retro-Chic eleganter Filmmusik aus den Sechzigern, zumeist allerdings präsentiert im echten Songformat und nur selten wirklich „loungy“ daddelnd. In funktionaler Perspektive ist dies zwar schon Chill-Out-Musik, soundästhetisch aber aus einer ganz anderen Welt stammend. Diese stilistische Kontext-Umwidmung ist aber auf jeden Fall rundum gelungen. (Whirlyjoe)
PS: Dieses kleine Wunderwerk stammt von 2005. Im Prinzip war es eine Sammlung von Singles mit zusätzlichen Songs, aber wie Whirlyjoe oben ja ausführt, sehr stimming gemacht. 2006 kam dann das Missing Album mit handgespieltem Sixties-Pop, Beatles-Psychedelia, Bacharach-Easy-Listening-Grandezza und eine Handvoll Left Banke-scher Barock-Arrangements. Allerdings las man, daß die Band damit nicht zufrieden sei und das Label einfach unfertige Aufnahmen veröffentlichte. Sachen gibt’s...
Sonntag, 24. September 2006
Chill Out Woche bei
shake baby shake
Pt. 1: Big Chill 2006
So manch einer schaltet bei dem Wort Chill-Out direkt ab. Muß aber nicht sein. Chill-Out geht auch in G-U-T. Wenn man sich das so offensichtlich in den Namen geschrieben hat wie The Big Chill, dann ist möglicherweise Skepsis angesagt. Ist aber nicht angebracht, Anerkennung wäre sicher richtiger. Denn Big Chill ist multiaktiv. Zum einen haben sie ein Label (auf dem zugegebener maßen nicht so viel raus kommt), dann veranstalten sie ein jährliches Festival in Mittelengland an einem Schloß (für 25.000 Leute, soll super sein), sie haben die Big Chill Bar im angesagten Londoner Shoreditch Viertel und seit ein paar Wochen das Big Chill House am Kings Cross Knotenpunkt. Mit drei Etagen, Sonnenterasse und coolem Interieur. Hut ab, sage ich.
Und Big Chill Chef Pete Lawrence setzt auf dieser Doppel-CD die Philosophie der Firma in Musik um. Satte 40 Tracks hat er dazu ausgewählt und beginnt mit 60s-Pop von Free Design, Lovin Spoonful und Harpers Bizarre und geht über klassische Songwriter wie Nick Drake, Vashti Bunyan, John Martyn und Tim Hardin zu neueren Zupfern wie Josh Rouse, Jose Gonzalez und Fink (großartig). Dazu aktuell agierende Elektrofolk Bands wie Psapp, Boards Of Canada, Husky Rescue und Grandadbob. Geht alles runter wie Öl – und dabei habe ich meine Favoriten noch gar nicht erwähnt: Nightmares On Wax (I Am You – grandios), Tonto’s Expanding Head Band (wo haben sie denn her?), Quantic Soul Orchestra, Jamie Lidell (Multiply im Schluffi-Remix), Sparks (Perfume – sauber!), The Ukulele Orchestra Of Great Britain (mitreissendes Le Freak), The Beauty Room (eine Hymne!) und Nitin Sawhney (sehr positive Überraschung).
Das war nur knapp die Hälfte der Tunes und gegen Ende bekommen wir dann noch Stairway To Heaven von zwei Akustigitarren-Virtuosen geboten. Dabei wird der Begriff Chill wirklich großzügig ausgelegt. Zwar ist das Tempo hier weitestgehend gezügelt (bei QSO und Sparks geht's aber ab) und mittelschnell, aber wir haben es hier eben mit richtigen Songs zu tun, die nicht nur Hintergrund-Atmosphäre schaffen.
Fazit: Kein Ausfall, perfekt zum durchhören und jede Menge echte Highlights. Sowas gibt dem Wort Chill die Würde zurück. (R-man)
PS: Ich kann es immer nur wiederholen. Ich bin Compilation-Mann und wenn einer so einen guten Geschmack hat wie Pete Lawrence, dann greife ich da gerne zu.
2-CD
Samstag, 23. September 2006
Chill-Out Woche bei
shake baby shake
Aus gegebenem Anlaß erkläre ich die nächste Woche zur shake baby shake Chill-Out-Woche. Wenn die Internet Verbindung hält (da ist zur Zeit der Wurm drin). Wir werden ein paar schön schluffig/entspannte Platten vorstellen und ich wollte sowieso schon seit einiger Zeit über die Big Chill 2006 und Mr. Scruff’s Big Chill Classics berichten.
Die Woche werden wir dann gemeinsam mit einem schön horizontalen Mix beenden – kreuz und quer durch die Genres, schön relaxt und inspiriert von den beiden Big Chill Doppel-Discs. Die Colin Blunstone Version von Misty Roses ist schon mal gesetzt… Der Opener auch (perfekt: Vincent Gallo – I Wrote This For The Girl Paris Hilton)... (R-man)
Abt.: Neu & gut
Noiseshaper
Real To Reel
Die beiden Wiener Axel Hirn und Florian Fleischmann haben es längst in die internationale Liga der Dubby-Downbeater geschafft – sagen wir mal irgendwo zwischen Rockers Hi-Fi, Dub Syndicate und Thievery Corporation. Gerade in den USA konnten Noiseshaper doch nachhaltig punkten, weshalb dieser neue Longplayer auch mit reichlich internationaler Besetzung protzen kann. Sly & Robbie, Ari Up (von den Slits) und die vorzügliche Sängerin G. Rizo geben sich die Klinke in die Hand und bei einigen Tunes bediente der leibhaftige On-U Sound-Hexer Adrian Sherwood das Mischpult.
Die Herkunft dieser 16 Tracks ist etwas zusammengewürfelt (Neues, Geremixtes, ältere Tunes neu eingespielt), der Sound ist aber nach wie vor aus einem Guss, nämlicher schwer angedubter Reggae mit dezenten elektronischen Modernismen aufgemotzt und mit abwechslungsreichen Gaststimmen angereichert, die überwiegend nach Jamaika klingen. So entsteht ein sehr smoother psychedelischer Flow, der souverän die letzten 30 Jahre Dub- und Reggae History verwurstet – und zwar auf wirklich lässige Weise. Man höre nur „Walls Of Silence“, das gekonnt die Traditionen von African Head Charge und Alpha & Omega aufnimmt, oder den direkt darauf folgenden Dancehall-Stomper Fire Mi Roots im trendy Seeed-Style. Das Ganze nicht in seichtem Lounge-Sound mündend, sondern konsequent songorientiert und durchaus floortauglich. (Whirlyjoe)
Freitag, 22. September 2006
Abt.: Wiederentdeckt!
Fink
Biscuits For Breakfast
Fink ist ein Mann der ersten Stunde. Der ersten shake baby shake Stunde, genauer gesagt. Wenn ich die erste Schicht übernehme, was ich gerne tue, denn dann kann ich all die schönen Lieder spielen, dann lege ich Fink gerne mal auf. Biscuits For Breakfast (das Album) ist eigentlich vom Mai, aber im allgemeinen Taumel schon fast wieder abgetaucht, hätte Fink sich nicht auf dem tollen Big Chill Sampler in Erinnerung gebracht und auf dem neuen Bonobo Album einen der besten Songs gesungen. Und da ich sie gerade laufen habe und mal wieder spontan begeistert bin, hier noch einmal zum mitschreiben:
Steht Ninjatune drauf, ist aber was ganz anderes drin. Keine elektronischen Spielereien oder fette Beats, sondern ein klassischer Singer-Songwriter. Der nichts mit der (geliebten) Hamburger Band zu tun hat und vorher wohl eher als DJ, Remixer und Produzent von sich reden gemacht hat. 9 Songs hat er eingespielt, die fast nur aus Akustikgitarre oder Dobro bestehen, die er recht virtuos und ausdrucksstark beherrscht. Dazu hört man gelegentlich minimalstes Schlagzeug, ökonomische Bassläufe, ein kurzes E-Gitarren-Lick und/oder elektronische Ausschmückungen, die aber nicht stören und eher die Stimmung des Songs herausheben. Das klingt zum einen recht traditionell, da ist viel Blues und Soul drin, aber (wahrscheinlich wegen der unaufdringlichen Electronica) auch frisch und zeitgemäß. Genial lakonische Stimme auch, die sich eher hintenrum reinschleicht.
Highlights sind ganz klar die beiden Mittelstücke Hush Now (ein Duett mit Tina Grace) und All Cried Out (im Original von Alison Moyet), aber auch der Weg dahin und wieder zurück ist mehr als betörend. So manches Mal fühlt man sich an die ruhigen/akustischen Stücke von Ben Harper erinnert (passt auch stimmlich), die trotz sparsamer Arrangements ebenso viel Feeling, Soul und Groove verströmen. Das Uncut Magazin entdeckt „John Martyn with added digital traces“ und lässt sich zu einem „stunning“ hinreissen. Zudem hat es durchaus die Tiefe eines Nick Cave oder Mark Lanegan. Ninjatune erwähnt noch Tommy Guerrero, Jose Gonzalez und Jack Johnson. Lassen wir alles durchgehen. Große kleine Platte! (R-man)
Donnerstag, 21. September 2006
Discolegenden, Pt. 2
Smylonylon
Was es nicht alles gibt…
Well, nicht unbedingt eine Legende, aber eine interessante Fußnote. Als verfrühter Schulabgänger und einer unbefriedigenden Station als jugendlicher Factory-Worker, eröffnete Chris Brick schließlich eine Boutique. Und dann die nächste. Eine nach der anderen. Smylonylon war die 39. Boutique von Chris Brick. Center For The Dull die 40. 1993 fanden Chris und seine Frau ein Lagerhaus der Firma Riba Sportswear, das bis an den Rand gefüllt war mit coolen, ungetragenen, größtenteils 20 Jahre alten Klamotten. Smylonylon wurde eröffnet und Chris Brick brauchte 2 Jahre, um das Lager zu leeren.
1994 kam ein gewisser Alex Gloor in den Laden und erkundigte sich nach den Mixtapes, die ständig im Shop liefen. Man zeigte sich gegenseitig seine Plattensammlung. Und: “We started making mixed tapes together, our combined record collections made us dangerous.” 30 Ausgaben dieser Smylonylon Tapes entstanden und wurden über den Ladentisch verkauft. Erst bei Smylonylon, später im Center For The Dull.
Das ganze ist eine wirklich eigenwillige Mischung aus New Yorker Art Wave, deutscher Electronica, Disco, Italo-Disco, Cosmic und allen möglichen Schrägheiten: „From the rhythms of Munich to the melodies of Manchester. How absurd is it when a Syrian artist decides to remake Blueberry Hill into a techno song? Or a Pakistani lady gives us her version of Video Killed The Radio Star. In Pakistani, of course. What does disco sound like slowed down?”
In gewissen Kreisen ist das Zeug echt Kult und diverse der Tapes wurden jetzt digitalisiert, teilweise allerdings von ziemlich abgenudelten C-90ern. Egal, faszinierend bleibt dieser Trip aber auf jeden Fall. Rob Uptight hat 15 dieser Super-Cosmic Galaxy Deepness C-90er und veröffentlicht sie auf seiner Webseite… eine nach der anderen. Abgefahren (in gut) ist kein Ausdruck. (R-man)
Mittwoch, 20. September 2006
Manifesto Of Groove Vol. 9
Can’t Hide Love
Various Artists
Alle Jahre wieder ein neues (Rare) Groove-Manifest aus dem Hause Brown Sugar, zusammengestellt und kommentiert vom kundigen Michael Möhring, der auch diesmal wieder (überwiegend) rare Perlen des tanzbaren Jazz aus den Archiven von Labels wie Blue Note, Fantasy, Milestone und Prestige hervorzaubert. Nach dem thematisch rund um das E-Piano gebastelten Vorgänger Hit The Rhodes, Jack lässt es Möhring diesmal wieder ohne größeres Konzept grooven, wobei es natürlich wieder um funky Tunes aus der Jazzwelt geht, fast alle aus den mittleren Siebzigern, knapp vor der großen Disco Explosion.
Wobei der Compilator offensichtlich seiner Liebe zu Gestalten frönt, die die „seriöse“ Jazzwelt als Abtrünnige in Richtung seichten Pop abtut – genau in dieser Grauzone fischt Möhring seine unverbrauchten Perlen von Acts wie Gary Bartz, Ronnie Foster, Rusty Bryant, Bobby Lyle oder Johnny Hammond. Von den hier vertretenen großen Namen wie The Blackbyrds oder Roy Ayers hören wir ziemlich unbekannte Nummern, der einzig sichere und etablierte Party-Killer ist „Movin’“, der 8-Minuten-Funk-Guitar-Disco-Knaller von Brass Construction, das man als Genre-Liebhaber ohnehin haben muss. Manifesto Of Groove Vol. 9 setzt die Qualität der Vorgänger also nahtlos fort, kommt wie gewohnt mit ebenso ausführlichen wie kompetenten Linernotes, die aufwendige Vinyl-Version (180 Gramm-Gatefold-Doppelvinyl) dazu mit zwei Bonus-Tracks von Azar Lawrence und Dayton. (Whirlyjoe)
Dienstag, 19. September 2006
Abt.: Ein gutes Buch!
Hans Nieswandt
Disko Ramallah...
...und Andere Merkwürdige Orte zum Plattenauflegen, heißt das zweite Buch von Hans Nieswandt. Das Debüt des ehemaligen Spex-Redakteurs, Musikers (Whirlpool Productions mit Nr. 1 Hit in Italien) und anerkannten House-DJ’s hieß Plus Minus Acht. Das habe ich mittlerweile vier Mal gelesen (was ich von keinem anderen Buch behaupten kann) und Disko Ramallah wird da sicher nachziehen (2 x habe ich schon). Kann man auch gut kapitelweise lesen, aber beim ersten Mal wird man es garantiert auf einen Rutsch verschlingen.
Da Hans Nieswandt mit dem Goethe-Institut verbandelt ist, findet er sich an Orten wie Ankara, Alexandria, Kiew, Sankt Petersburg, Rio, Kairo, Beirut, Vilnius oder eben auch Ramallah im Westjordanland hinter den Technics 1210 (oder was immer ihm als Werkzeug geboten wird) wieder. Und was ihm da Unglaubliches passiert beschreibt er mit seiner amüsanten Schreibe und messerscharfen Beobachtungsgabe. Da muß man kein Kenner der House-Music oder Kölner Mikro-Elektronik sein, dieses Buch sollte bei jedem Musikfan funktionieren.
Zudem sind die Listen im Anhang für den Teilzeit-DJ sehr interessant: 20 sichere Nummern für Hochzeiten und Telekom-Weihnachtsparties; 10 elegante, geschmackvolle Discotracks bei einer Art-Cologne-Party gegen Mitternach; Dieselbe Party zwei Stunden später; uvamehr. 222 ebenso gloriose wie kurzweilige Seiten. (R-man)
Montag, 18. September 2006
Abt.: Brandnew
Zero DB
Bongos, Bleeps & Basslines
In der Tat ein sprechender Titel, den sich die beiden Briten Chris Vogado und Neil Combstock aka Zero DB für ihr erstes Album auf Ninja Tune einfallen ließen. Nach etlichen Indie-Releases beim eigenen Fluid Ounce-Label nun also in der britischen Champions League gelandet, dies mit einer flüssigen Synthese aus ganz viel Percussion (Bongos, Congas, Berimbau), ganz wenig Vocals (ein paar Samples und Hintergrundchöre) und immer wieder gewaltigen Synth-Bass-Lines von beachtlicher Knarzigkeit. Also sagen wir es mal so: die beiden fusionieren Acid Jazz, Latin und House zu ziemlich schweißtreibenden Tunes typisch britischer Machart.
Charakteristisch ist immer die mächtig brodelnde Percussion-Basis, oft auch aus geloopten Jazz-Drums bestehend. Dazu kommt gerne ein voluminöser Upright-Bass, Jazzgitarre, Vibraphon und auch ein paar Bläser – das Ganze aber nie retro-jazzig sondern fast immer von diesen mächtigen Acid-Lines in die Gegenwart geholt. Mit gerader Bassdrum erinnert Vieles an den Kandier Nick Holder, die etwas ruhigeren Momente gemahnen an die Landsleute und Label-Mates The Herbaliser, vor allem bei den beiden Laidback-Tunes mit smoothem Rap von Pase Rock (Five Deez) und der coolen Heidi Vogel, die schwer an Bahamadia erinnert. Macht insgesamt rasanten Future Jazz mit zickiger Funkiness und brodelndem Latin-Flavour. (Whirlyjoe)
Sonntag, 17. September 2006
Oh, happy day..
Flohmarktfunde
Teil 2.
Ohne viel Erwartungen bin ich gestern nach Hofgeismar zum Flohmarkt gefahren. Als ich meine € 1,20 abdrückte und die kleine, muffige Turnhalle betrat, hatte ich größte Befürchtungen. Die sich auch bewahrheitet hätten, wäre dort nicht der nette Nordhesse mit den 6 Bananenkartons voller Vinyl gewesen.
So machte ich mich ans Werk und erbeutete zwei 7"-es (Sylvester in pink), achtzehn 12"-es (Roy Ayers, Sounds Of Blackness, Denise LaSalle, Edwin Starr, Cameo, Sydney Youngblood, Joe Simon, George Krantz, Gwen Guthrie, Eddy Grant, Shriekback etc.), zwei Compilation-Alben (Disco Flyer und Happy Reggae, beide besser als der Titel erahnen lässt) und neun LP´s (Hall & Oates, Grace Jones, Was (Not Was), Patrick Cowley, Nona Hendryx, Pekka Pojohla etc.). Sowie die französische Band Revelacion, die mit House Of The Rising Sun in etwa das macht, was Santa Esmeralda mit Don't Le Me Be Misunderstood gemacht hat.
Ein Haufen Zeugs, das man eigentlich nicht braucht. Aber doch auch irgendwie völlig OK, es muß wohl das Kauferlebnis sein. Oder der Moment, als der Verkäufer durchzählte, dies und jenes ohne Berechnung durchgehen ließ und zum guten Schluß verlangte: "18! Ach, gib 15 und wir sind quitt!" (R-man)
Samstag, 16. September 2006
Abt.: Grooves old & new
Party-Keller
Vol. 2/Various Artists
Zwei Jahre nach dem ersten Party-Keller (siehe unten), der zurecht euphorisch aufgenommenen Funk-und-mehr-Compilation des Münchner Club- und Radio-DJs Florian Keller nun endlich die Fortsetzung. Mit leicht verändertem Konzept, nämlich relativ neuen Tunes, die aber überwiegend nach Oldschool-Funk klingen, aber unverändert partytauglichem Groove, souveränem Mix und sicherem Gespür für unverbrauchte Perlen des Genres. Daher also auch der Untertitel „Sons and Daughters of Funk, Boogie, Soulful Reggae and Afro-Beat“.
Der Opener ist wieder eine sehr smoothe Reggae-Nummer (Chermaine Burnette von 1981), danach folgen diverse satte, dampfende und brodelnde Funk-Tunes von nicht ganz so bekannten Namen wie Baker Brothers, The Pan-Atlantics (=Poets Of Rhythm) oder Orgone, letztere mit einem saucoolen afrodelischen Funky Nassau“-Cover, das doch schwer nach Quantic/Alice Russell klingt. Kurios, dass hier nach Giorgio Moroders Original zu DJ Shadows Organ Donor auf Vol. 1 eine fette Fuzz- und Hammond-betriebene Interpretation der Holländer Lefties Soul Connection zu hören ist. Und noch ein echtes Highlight: die obskuren Pnu Riff aus London mit einer unglaublichen Synthese aus Marimba, Melodika, E-Piano, Flöten und dem denkbar dreckigsten, stoischsten Funk-Bass, den man sich ausdenken könnte – Slow-Funk der psychedelischsten Art. Man sieht also: Florian Keller gelingt es erneut, ein schweißtreibendes Set für openminded Funkateers, raritätenjagende Cratedigger und die hedonistische Party-Crowd zu kredenzen. Keine leichte Übung… (Whirlyjoe)
Abt.: Sicher ist sicher
Party-Keller
Vol. 1/Various Artists
Das Cover dieses vom Münchner Club- und Radio-DJ (Into Somethin’) kompilierten und gemixten DJ-Sets verspricht Funk, Boogie, Reggae, HipHop – und Florian Keller löst das Versprechen mit Bravour ein. Bis auf den Opener, die unwiderstehliche Reggae-Nummer Uptown Top Ranking von Althea & Donna, werden hier rare Tracks aus unterschiedlichen Epochen geboten, mit Schwerpunkt zwischen Seventies-Funk und Early-Eighties-HipHop. Bis auf die beiden Filmmusik-Spezialisten Michel Legrand und Giorgio Moroder gibt es hier weitgehend unbekannte Acts (Chanson, Freddie Love, Darondo, Tyrants In Therapy, Daniel Sofer inkl. dem jungen Dr. Dre an den Turntables...) zu hören, die der versierte Crate-Digger Keller weniger mixt, als locker aneinander cuttet, was der durchaus kontrastreichen Selection dann auch keineswegs schadet.
Die besonders gehaltvollen Entdeckungen: Paulett & Tanya Winleys Rappin & Rhymin, eine echte Perle knackigen, handgespielten Oldschool HipHops mit einer wirklich hinreißenden Mistress of Ceremony. Auch klasse: der Chic-Ripoff von Sam Brothers Five, eigentlich eine Zydeco-Band mit fetter Orgel und flüssiger Nile Rodgers-Style-Gitarre. Zum Abschluss dann eine kühne Reggae-Version von Curtis Mayfields Move On Up. Rarer und wirklich anregender Stoff also abseits des elektronischen Dancefloor-Einerleis von heute, der bislang nur von Koryphäen wie DJ Shadow und den Stereo MCs per Sampling ausgebeutet wurde. Funky Rare Groove, mit der nötigen Portion Openmindedness von einem Kenner und Könner vermittelt. (Whirlyjoe)
CD/Vol. 2 2-LP/Vol. 2 CD/Vol. 1 2-LP/Vol. 1
Donnerstag, 14. September 2006
Abt: brandnew!
Supersystem
A Million Microphones
Unerklärlicherweise fand das letztjährige Supersystem-Album Always Never Again nicht die Resonanz, die es verdient gehabt hätte. Das muss jetzt anders werden, denn die vier New Yorker (Ex-El Guapo) klingen nun wirklich wie die Band der Stunde: jung, cool, selbstbewusst – und ausgesprochen eigenständig. Letzteres liegt zum einen am weiter verbesserten Satzgesang der Band, der fast schon in Sixties-Folk-Tradition steht, oft aber auch an Phoenix erinnert, zum anderen an Gitarrist Rafael Cohen, seines Zeichens Weltmusik-Liebhaber, der seinem Instrument immer wieder superflüssige Gitarrenläufe entlockt, die in schönster westafrikanischer Highlife-Tradition stehen. Trotz dieser scheinbar exotischen Zutaten sind Supersystem eine trendkompatible Dance-Rock-Band für die Indie-Disco zwischen Punk, Wave und Electronica, also hart am Puls der Zeit und eben doch mit ganz eigenen Mitteln arbeitend.
Auf diese Weise gelingt ein Sound von höchstem Wiedererkennungswert, denn sowohl die prägnanten, oft mehrstimmigen Vocals, als auch die wunderlich-wunderbare Gitarre klingen absolut eigenständig. Im Vergleich zum letzten Album sind die offensichtlichen Vorbilder wie New Order in den Hintergrund gerückt, der Keyboard-Elektonika-Anteil ist gewachsen, was Cohens Gitarre aber nur noch prägnanter hervortreten lässt. Und die Beats werden weiterhin von einem schwitzenden Drummer gespielt. Wer sich also eine poporientierte Schnittmenge aus Phoenix, New Order, Radio 4 und einer Highlife-Stromgitarre nicht vorstellen kann: hier ist der Beweis für wahre musikalische Innovationskraft. (Whirlyjoe)
CD
Mittwoch, 13. September 2006
Soul Deep ist tot!
Es lebe der
Cosmic Messenger!
Der neulich angekündigte Soul Deep-Mix liegt vorerst auf Halde, weil ich gerade auf dem Space-Disco-Trip bin. Als ich vor einiger Zeit hier die Permanent Vacation Compilation gebührend abfeierte, habe ich ja auch das Space-Disco-Genre erwähnt, welches seit einiger Zeit in gewissen Kreisen recht hip ist. Das schöne an dem Sound ist, daß er tanzbar ist, ohne nun stumpf/bretthart zu sein, daß er songorientiert ist und durchweg durch eine psychedelische Note begeistert. Das Ganze wird auch gerne als balearisch bezeichnet, in Anlehnung an den Sound, der zu goldenen Zeiten angeblich in Ibiza aufgelegt wurde, bevor die große Kommerzialisierung einsetzte. Und das schönste ist, stilistisch reicht das vom Sixties-Westcoast-Rock über Soul bis hin zu alter und aktueller Electronica. Das balearische Feeling kann in fast allem sein (in Planet Caravan von Black Sabbath zum Beispiel), man muß es nur entdecken.
Teile der Szene sind im www schwer aktiv und diskutieren über balearische Klassiker und Neufunde. Gerne auch durch das veröffentlichen von mp3-Mixen. Ich habe da in den letzten Wochen meine Ohren ganz weit aufgemacht und unglaublich viel Musik wieder entdeckt, die ich früher mal toll gefunden habe, aber irgendwie für mich absortiert hatte. Und noch viel mehr Musik, die ich früher wie die Pest gemieden habe, die mir aber plötzlich gefällt. Das fängt bei Alan Parsons Project an und hört bei Jean-Luc Ponty noch lange nicht auf. Und wer hätte gedacht, daß ich mir im September 2006 eine Robin Trower Platte kaufe und das Wooden Ships von Crosby, Stills & Nash so verdammt psychedelisch ist?!? Und das aktuelle Künstler wie Kelley Polar, Boards Of Canada, Nightmares On Wax und (meine Lieblinge) Lindstrom & Prins Thomas da auch irgendwie reinpassen?
Das ganze habe ich gerade so neben dem Bayern Spiel zu einem 75-minütigen Mix verrührt, sicher technisch nicht makellos, aber zumindest für mich im Augenblick völlig begeisternd. Ein Cover habe ich dazu auch schon gebastelt und ich werde versuchen, das Ganze bis zum Wochenende in eine Datei zu packen und irgendwo zum Download bereit zu stellen. Habe ich zwar noch nie gemacht, aber denke das wird schon... das Werk heißt Cosmic Messenger und der Untertitel lautet A Psychedelic Space Disco Mix. Morgen oder so werde ich dann schon mal das komplette Tracklisting veröffentlichen, dann wird sich die Spreu schon vom Weizen trennen... (R-man)
Dienstag, 12. September 2006
Check it out!
DJ-Set-Ups
HomeCookin', eine der coolsten Mix-Seiten im www, hat seine Homepage überarbeitet und ein cooles Extra hinzugefügt: Fotos von den Spielwiesen diverser Music Maniacs, von Heim-DJs und ihren Set-Ups. Plattenspieler, CD-Player, Mixer, jede Menge Vinyl, mal picobello aufgeräumt, mal im richtig schönen Chaos. Ich bin wahrlich kein Technik-Nerd, aber diese Fotos der Kommandozentralen gleichgesinnter Sammler und Jäger erwärmen dann doch das Herz. Das soll auch erst der Anfang sein und HomeCookin-Chef Ichi.One bittet um Zusendung weiterer Bilder. Ich arbeite bereits dran, muß allerdings erst die coolen Platten nach vorne stellen... (R-man)
Montag, 11. September 2006
Abt.: Saucool!
Soul Sides
Vol. 1
Soul Sides ist einer der besten Audioblogs im www und deren Macher O-Dub ist für dieses schillernde Soul-Schatzkästlein verantwortlich. Als Journalist, DJ und harter Sammler hat er sich über die Jahre in punkto Wissen, Geschmack und Raritäten in die erste Liga vorgearbeitet. Nun hat er sein Archiv geöffnet und 14 seiner Favoriten ans Licht gelassen, Tunes „...with an emotional weight that lingers with you long after the song itself has ended“. Dabei kümmert er sich nicht wirklich um die Beschaffung der Rechte (dafür geht ein Teil der Einnahmen an eine Soul Foundation) und damit kann er natürlich aus dem Vollen schöpfen.
Vorwiegend im Midtempo Bereich angesiedelt, finden sich hier einige bekanntere Namen wie Donny Hathaway (Liveversion von Lennon´s Jealous Guy), Ann Sexton, Johnny Guitar Watson (pre-Funk, vom 74 Fantasy Album), Joe Bataan (Ordinary Guy) und das aktuelle (aber wie ein Klassiker klingende) All Over Again von Sharon Jones & The Dap-Kings. Erma Franklin bringt uns die bewegende Originalversion von Piece Of My Heart (später von Janis Joplin okkupiert), Weldon Irvine driftet etwas in jazzige Gefilde ab und William Bell zelebriert das herzerweichende I Forgot To Be Your Lover. Ebenfalls auf Stax (dem Gospel Truth Ableger) beheimatet waren Charles May und Annette May Thomas, die uns auf Keep My Baby Warm zeigen warum man Soul tatsächlich mit Seele übersetzen kann.
Über jeden der anderen Künstler (Clarence Reid, Lee Moses, Amanda Ambrose, Linda Lyndell, Jimmy Jones) könnte ich Jubelarien schreiben, aber es dürfte langsam klar sein, dass wir es hier mit einer Zusammenstellung zu tun haben, die sich kein wahrer Soul-Fan entgehen lassen sollte. Bei der Qualität der Songs ist die relativ kurze Lauflänge von 45 Minuten tatsächlich schnell verschmerzt. Man drückt einfach noch einmal auf Start. (R-man)
CD
Sonntag, 10. September 2006
Mein Lieblings-Mutant
Michael Jackson
Da hat der R-Man zuletzt auf seiner Liste für London doch wirklich so was wie The Beat Goes On von den Whispers hervorgekramt, und ich musste gleich lamentieren, dass derartige Seventies-Dance-Classics doch so was von abgenudelt seien. Wenn man so was bei einer Party spielt, fühlt sich doch immer gleich jemand bemüßigt, sich vom DJ It’s Raining Men oder I Will Survive zu wünschen. Bin jedenfalls schon gespannt, wie die Londoner Cratedigger-Crowd dann reagiert hat….
Und kontere diese DJ-Strategie gleich mit meinem Lieblingsmutanten Michael Jackson - auch, um mich hier als Gastschreiber endgültig für die ganz peinlichen Themen zu etablieren.
Aber wirklich gleich Michael, dem man auf menschlicher Ebene wohl wirklich nur noch tief empfundenes Mitleid entgegenbringen kann? Klar doch, schließlich hat der Bursche mal ganz großartige Funk- und Soul-Nummern hingekriegt, damals in den Siebzigern. Mit Bad war der Ofen in den mittleren Achtzigern allerdings schon fast aus, danach kam ja wohl nur noch halbherziger Charts-Stuff, wenn ich das richtig mitgekriegt habe. Aber Alben wie Off The Wall (1979) und Thriller (1982) haben bei aller hemmungloser Kommerzialität die Zeit dann doch sehr gut überstanden.
Und der mutige Kneipen- und Party-DJ greift ohnehin gerne zu dem einen oder anderen Michael Jackson-Song, gerade wenn das Publikum zu jung für dessen goldene Zeiten ist.
Meine Michael Jackson-Top-5 sehen jedenfalls so aus:
1. Shake Your Body (Down To The Ground) (The Jacksons - Destiny von 1978)
ein sensationell leichtfüßiger, hypnotischer 8-Minüter mit relativ dezenten Streichern und ganz raffinierten Beat-Akzenten. Michael ist natürlich unüberhörbar der Leadsänger, die anderen Jacksons stören nicht weiter.
2. Don’t Stop ‘Til You get Enough (von Off The Wall 1979)
Der Hit vom ersten Mega-Seller, Ältere kennen das natürlich noch, slick und doch extrem funky von Quincy Jones in Bestform produziert
3. Ain’t No Sunshine (von Got To Be There 1971)
Psychedelic-Soul mit fetten Streichern, Michael holt auch mit vorpubertärer Piepsstimme alles aus Bill Withers Meisterwerk heraus
4. Billie Jean (von Thriller 1982)
muss einfach sein, auch hier wieder eine tiefe Verbeugung vor Quincy Jones, allein der mittlerweile vielgesampelte Beat hat Ewigkeitswert - noch besser ist übrigens die Reggae-Cover-Version von Shinehead
5. Thriller (von Thriller 1982)
„Rap by Vincent Price“, dazu das bahnbrechende Video - das kann man heute noch gut hören.
Hat sein Schimpanse eigentlich auch Pigmentstörungen? (Whirlyjoe)
Samstag, 9. September 2006
Neues vom
Compilation Mann
Auch auf die Gefahr, mich zu wiederholen: ich bin ein Compilation-Mann. Die meißte Kohle geht für Sammlungen mit Various Artists drauf. Hier also mal wieder ein kleiner Compilation Round-Up:
The In-Kraut
Vol. 2/Hip Shaking Grooves Made In Germany 1967 to 1974
Mal wieder ganz harter Stoff, mit dem man von spontan reinplatzenden Zeitgenossen fast nur angeekelte Blicke erntet. Natürlich alles Unwissende. Hier gibt es wieder jede Menge swingende Orchester-Grooves (Ambros Elos, Hazy Osterwald Jet Set, James Last, Hugo Strasser etc.) und viele nicht für möglich gehaltene Abseitigkeiten. So z.B. Blauer Montag von Mary Roos (das auf Mas Que Nada basiert), ein prä-Can Track (als Inner Space), Holiday Time von Hildegard Knef (kann man nicht erklären, muß man gehört haben) oder zum Abschluß tatsächlich den Hasen Cäsar. Ihre Flohmarktfunde haben Stefan Kassel und Frank Jastfelder natürlich exzellent verpackt und ein Booklet beigefügt, das in punkto Information und Lay-Out ganz oben dabei ist (auch wenn ich für 5 pt. Schrift in weiß auf hellgrün langsam zu alt werde). Bis es soweit ist, übt euch in Geduld: The In-Kraut Vol. 2 erscheint am 27. Oktober.
The DFA Remixes
Chapter Two/Various Artists
The Hardest Working Men im internationalen DJ- und Remix-Wesen liefern die nächste Remix-Collection ab, die sich auch diesmal gewaschen hat. Dieses Mal hatten sie ihre Finger an Tracks von Goldfrapp, UNKLE, Tiga, Junior Senior, N.E.R.D., Hot Chip, Nine Inch Nails oder Chromeo und schrauben sie dancefloor-kompatibel zusammen. Whirlyjoe hat schon ein Review gezimmert und das kommt dann passend zur Veröffentlichung am 29. September.
Danny Krivit Introduces…
P&P Records
“In short, this is pretty much essential” schrieb das International DJ Mag und gab mit 5 Sternen Höchstwertung für diese Zusammenstellung des in den 70ern und 80ern agierenden Labels aus Harlem, New York. Die Macher Peter Brown und Patrick Adams (P&P, get it?) veröffentlichten ihre mit kleinem Budget aufgenommenen Soul/Funk/Disco-Pretiosen auf zig Sublabels und dem informativen Booklet nach, sind die Originale durchweg sehr rar und entsprechend teuer. Gerade wegen der mangelnden Produktionesfinesse kamen Blut, Schweiß und Tränen direkt auf Band, worauf der Fan des Labels wohl schwört. Mir hat sich die Sache noch nicht erschlossen...
Death Before Distemper
Various Artists
DC Recordings gibt es zwar schon 10 Jahre, aber dieses ist die erste Compilation des Labels, das als Heimat für Lo-Fi Beatbastler J Saul Kane begann, sich aber mittlerweile auch für andere Acts geöffnet hat. Stilistisch weit gefächert, im weitesten Sinne Dancefloor, aber ohne Bumm-Bumm-Stumpfheit. Alles voran seien The Emperor Machine und Padded Cell empfohlen, die wie die anderen hier rare 12"-Tracks beitragen.
Air
LateNightTales
Hatte ich am 18. August schon mal spontan besprochen und kann nur sagen: damals kein Wort übertrieben und heute eigentlich noch besser geworden. Der beste und konsequenteste Downbeat-Mix, den ich seit Ewigkeiten gehört habe. Erscheint dieses Wochenende. Muß man eigentlich haben...
“As introspective as it is inspiring ... a vintage collection of smoky, ever-so-lightly-sinister after-hours mood music.” (Mixmag/Album of the Month)
Freitag, 8. September 2006
Abt.: neu & groovy!
Jamaica To Toronto
Soul, Funk & Reggae 1967-1974
Reggae-got-Soul Compilations gibt es mittlerweile eine ganze Handvoll. Und die meißten sind phänomenal oder zumindest sehr gut (zur allerbesten kommen wir in einer paar Tagen...). Natürlich hilft es hier wie auch in anderen Lebenslagen, wenn man richtig heiß ist auf diesen Sound. So wie ich.
Da brechen bei Jamaica To Toronto auch gleich alle Dämme, da ich lange keine CD mehr gesehen habe, die so liebevoll und wertig verpackt ist wie diese. Sie erinnert in seiner Haptik an das gute alte Vinyl-Klappcover (also Pappe pur) und drin steckt ein fettes, exzellent gestaltetes und informatives Booklet. Dort lernt man, dass ab Mitte der Sechziger jede Menge Jamaikaner nach Kanada ausgewandert sind und viele Toronto als neue Heimat wählten. Die Integration war schon alleine der Temperaturen wegen nicht einfach und ihre Musik und Culture sollte ihnen ein Stück alte Heimat erhalten. So begannen sie, ihre Wurzeln in den aktuellen Soul-Sound einzubringen, aus denen ein begeisternder Soul/Funk/Reggae-Crossover erwuchs, der hier dokumentiert wird.
Jackie Opel, Johnny More, Alton Ellis, Lloyd Delpratt und Johnny (aka Johnnie) Osbourne waren einige der schillernden Figuren der Szene, die allerdings vom Gitarristen Wayne McGhie überschattet wurden, der hier in mindestens 7 Songs seine Finger hatte. Und dann war da noch Studio One Bandleader/Organist Jackie Mittoo, der vor Ort mit Lord Tanamo gar einen Plattenladen besaß und ebenfalls oft im Studio gesehen wurde.
Wie Perlen an der Schnur sind die 16 Tracks aufgereiht und jede schillert in einer anderen Farbe, von deepen Instrumentals (Jackie Mittoo) zu Roots-Reggae (Noel Ellis, Alton’s Sohn), von Coverversionen (groß: The Cougars mit I Wish It Would Rain) zu mitreissenden Northern Soul Stompern, von James Brown-style Funk (jo-Jo And The Fugitives) zu Sly Stone-style Ravern (Ram). Ob nun Reggae, Funk oder Soul - der Groove ist immer da. Und gerade dieser Abwechslunsgreichtum macht diese Zusammenstellung so wertvoll. Respect! (R-man)
CD oder Doppel-Vinyl
Donnerstag, 7. September 2006
Coming soon...
Soul Deep
Ein Mix wächst...
Der neulich noch angekündigte Mix nimmt immer mehr Formen an. Habe mich vorgestern Abend noch einmal durch meine Stapel gewühlt und jede Menge Zeug bei Seite gestellt, gelistet etc. Da ist der Spontan-Enthusiasmus wieder mal etwas mit mir durchgegangen, dass ich ob der Menge der Tracks schon an eine Serie gedacht habe. Allerdings sollte ich das bei meiner dann wieder schnell schwindenden Energie erstmal auf die eine beschränken, die in Arbeit ist... zu allererst muß ich mal den verdammten ikey so einstellen, dass er funktioniert...
Der Titel wird Soul Deep sein, nach dem Song vom 69er Box Tops Album Dimensions, und der Untertitel lautet A Collection Of CountrySoul and FunkyBlues. Womit ich den Claim zur Nuggetsuche schon mal schön weit abgesteckt habe. Dabei will ich aber nicht sektiererhaft zeigen, dass ich bessere Platten habe als ihr, sondern einen gut hörbaren Mix unter dem Motto meines Kumpels Andreas B. anfertigen: „Nichts Weltbewegendes oder Oberrares, aber im Auto bringt sie Dich mit gutem Gefühl von a nach b.“ Denn die bekanntesten Songs von z.B. Tony Joe White sind nun mal auch die Besten.
Auf einen bestimmten Zeitraum will ich mich auch nicht festlegen lassen, sodaß der erste angedachte Mix auch aus Tracks besteht, die gut 35 Jahre auseinander liegen. Zudem richtet er sich tempomässig (zumindest in der ersten Hälfte) an den etwas gesetzteren Genießer seelenvoller Klänge. Um euch jetzt mal ein wenig den Mund wässrig zu machen (Pavlov sein Hund kommt in den Sinn), verrate ich jetzt schon mal einige Tunes vorab: Little Milton (mit Tupelo Honey, auf Vol. 2 wird die Version von Dusty Springfield sein), Gregg Allman (Midnight Rider von Laid Back), die Achse Albert King-Steve Cropper-Pops Staples ist mit gleich vier Tracks (zusammen und solo) vertreten, ein wenig Hi-Records Groove darf nicht fehlen (Al Green, Syl Johnson), mit Shelby Lynne, Bobbie Gentry und Merry Clayton (Gimme Shelter) werden drei Damen am Start sein... aber ich will jetzt nicht alles verraten. Stay tuned! (R-man)
Mittwoch, 6. September 2006
It’s Too Late
Ronald Isley
Back in the
Chain Gang!
Ronald Isley, die legendäre Stimme der Isley Brothers geht für 3 Jahre in den Knast. Mit 65 und ohne Bewährung. Dazu darf er 3,1 Million US-Dollar an Steuern nachzahlen, denn laut Gericht handelt es sich bei Ron um einen „pathologischen Steuer Hinterzieher“. Zwischen 1976 und 1996 hat er sich wohl geweigert, Steuererklärungen abzugeben und investierte das Geld lieber in Yachten und Häuser. Dazu steckte der die Royalty-Schecks seines verstorbenen Bruder O’Kelley in die eigene Tasche. Nicht fein…
Vielleicht wird die Musik wieder etwas mehr down-to-earth, wenn er wieder rauskommt. Das ist aber eigentlich egal, denn es wird in diesem Zusammenhang Zeit, noch einmal auf den ausserordentlichen Lauf hinzuweisen, den diese Band in der ersten 70er Hälfte hatte. Alles lupenreine Klassiker, die in jede Sammlung gehören. Da ist eine Best Of auf jeden Fall zu wenig... Als da sind: The Brothers: Isley (1969), Get Into Something (70), Givin’ It Back (71), Brother Brother Brother (72), 3+3 (73), The Isleys Live (73), Live It Up (74) und The Heat Is On (75). Und Ernie Isley war der vielleicht unterbewertetste Gitarrist dieser Zeit... (R-man)
Dienstag, 5. September 2006
Das September
shake baby shake
...ist gelaufen und war mal wieder eine runde Sache. Hier ein mittellanger Rundown des Programms in etwa, jeder DJ in his own words nach dem Motto: erst kriegen sie die Zähne nicht auseinander und dann sind sie nicht mehr zu stoppen...
R-man: Das Space Intro der Steve Miller Band zerstörte um 21 Uhr jedwede Hoffnung einiger Gäste, dass das Fußballspiel doch mit Ton läuft. Dann ging es ganz seicht mit Jose Gonzalez, Jack Johnston, Boozoo Bajou (wieder der Mousse T Remix von Take It Slow und Alice Russell weiter, steigerte sich ins midtempo Soul-Terrain mit William DeVaughn, Al Green und Pops Staples. Die beiden Point Blank Scheiben von Pops möchte ich auf diesem Wege jedem ans Herz legen, es gibt kaum bessere Laid-Back-Roots-Funk-Scheiben. Zirka die letzten 20 Minuten der ersten Stunde zündete ich die Früh-70er Granate: Carly Simon (You´re So Vain – göttlich), Steely Dan (Do It Again), Santana (Black Magic Woman – hatte vergessen wie geil das doch ist) und schließlich noch Fly Like An Eagle – ein Riff wie ein Monolith und gerade passend zu meiner Retro-Stimmung (mir völlig egal, wie cheesy das ist).
Ingolf: Das Spezialistentum habe ich mir dieses mal weitestgehend verkniffen, spielte eher populistisches, also keine Ausflüge in die Weltmusik, abstrakten Jazz oder französische Chansons. So brachten nach einem pompösen Einstieg mit dem Mike Hurst Orchestra und seiner Bombast-Kitsch Version von Almost There, die Faze Action Maxi-Version von Moving Cities und einer Remix-Version von Step Three's A Deam die meisten Füsse ein Wippen zustande. Step Three ist so um 1993 auf einem kurzlebigen Funklabel namens Direct Effect veröffentlicht worden, nach 10 LP/CDs und einigen Maxis war Schluss, kaum jemand hat bemerkt, wie gut einiges vom dort erschienenen Post-Acid Jazz tatsächlich war, ich komme bestimmt noch auf einiges aus diesem Fundus zurück. Nahtlos angefügt die Dream Warriors mit ihrem - My Definition Of A Boombastic Jazz Style - als Maxi-Version (Soul Bossanova Mix). Aus der tiefen Kiste gekramt folgte Indochina, ebenfalls aus der Abteilung Acid-respektive Nu-Jazz, erschienen allerdings zu einer Zeit (1994) als es zumindest das Nu-Jazz Etikett noch gar nicht gab. Völlig unbekannte Leute, und soweit ich weiß, der einzige Tonträger, dieser Leutchen dessen man je ansichtig wurde. Blue Mamba ist die B-Seite dieser Maxi, auch die A-Seite wird noch zum Einsatz kommen. Dann folgte die Maxi-Version von Madness' Yesterdays Men. Mehr Tempo dann mit der Vocal-Group Nylons, Bob Till You Drop im klassischen Rock'n'Roll Stil mit einem Affenzahn. Accapella, selbst Drums und Rhythm lediglich mit Stimme erzeugt. Die Nylons hatten mal einen Charts-Hit mit ihrer The Lion Sleeps Tonight Version - irgendwann am Beginn der achtziger, Bob... stammt von ihrer 2. LP und ist von 1982. Dann gab es noch die Album Version von Was (Not Was) - (Return To The Valley Of) Out Come The Freaks - sehr ruhig, R&B at it's best, von dem Track gibt es auch eine viel flottere Disco Version auf 45". Zum Ausklang der ersten Stunde noch Fatboy Slims Praise You.
Axel: Nachdem R-man und Ingolf den Abend ruhig und groovig einläuteten kam mir mein „neuer“ Mix gerade recht – allerdings hatte R-man Alice Russel (vom Boozoo Bajou Juke Joint II Mix) schon gespielt. Also neu formieren – Klassiker von T. Rex und Claptons Live Version von Cocaine waren schnell griffbereit … ach ja und natürlich Psycho Killer von Talking Heads, aber hier war ich zu optimistisch – tanzwütig war hier leider niemand … Da den anderen beiden DJs die Liebe zur World Music fehlt (der Kontinent Africa wird i.d.R. aussen vor gelassen) gab es von mir Angelique Kidjo, Oliver Mtukudzi und Take It Slow von Boozoo Bajou. Dazu mein Lieblingssüdafrikaner Johnny Clegg, Bob Marley Live, His Masters Voice (U Got It) und Tango mit dem Gotan Project. Nach Future Funk (Sensations) konnte wieder Reinhard dran …
Reinhard: Mit James Brown (People Get Up And Drive Your Funky Soul) habe ich das Tempo halbiert, aber den Groove verdoppelt. Weiter ging es mit Aaron Neville (Hercules), Sidney Barnes (mein aktueller Fave), Boney M. (Dancing In The Streets) und ein paar anderen strammen Soul-Funkern. Dann habe ich wieder einen Schwung in die 70er gemacht und folgendes serviert: Roxy Music (Love Is A Drug), Love (der gigantische A House Is Not A Motel Edit, der hier letztens erwähnt wurde), Santana (Hope You’re Feeling Better), Fleetwood Mac (World Turning) und Joe Cocker (Woman To Woman). Zum Abschluß Signed D.C. von Love, nur Arthur und die Akustische, und möglicherweise der beste Track des ganzen Abends.
Ingolf: In der zweiten Runde einige Pop-Klassiker: Wax mit Bridge To Your Heart - Wax, ein Folgeprojekt von 10cc mit Graham Gouldman plus Sänger Andrew Gold. ELO mit Don't Bring Me Down, die Eurythmics mit der Maxi-Version von Missionary Man, dann kurz gedrosselt mit Taj Mahal - Do I Love Her, dann wieder Fahrt mit Roachford (Cuddly Toy) und danach die guten Alten Dire Straits mit Money For Nothing, was dann zum Brückenbau in etwas neuere und technoidere Gefilde diente - denn das braute ich mit der Deep Dish Version des selben Titels zusammen. Beim Thema Techno blieb es dann mit der entsprechenden Version von Coldplays Talk als Thin White Duke Mix bei dem die Ex-Noch-oder wieder Kraftwerker Hutter und Bartos herummischten. Um es locker und funky enden zu lassen, habe ich noch eine alte Euro-Disco Nummer aus dem Hut gezogen - Bit Machine feat. Daisy Dee hat für das Genre eine Originalität und Dynamik die es aussergewöhnlich und beständiger macht als den oft so schäbbigen Rest - die Nummer hat immerhin schon gute 10 Jahre auf dem Buckel und taugt immer noch. Finale mit Heclectic und Latasha P. Jordan - nur geringfügig housifizierter Funk. Found A Cure, eine Version des Ashford/Simpson Hits die dem Original nicht weh tut, sondern ihm eine leicht modernisierte Form gibt.
Axel: Das 2. Set (ca. von 2 bis 5 Uhr, genauer kann ich das ohne Rücksprache nicht sagen) war (denke ich) vom ‚modernen’ Dancefloor geprägt: Massive Attack, De-Phazz, Mo’Horizons – nun natürlich versteht unter Dancefloor jeder etwas anderes – für mich sollte es jazzig und fluffig sein und einfach auch zur Bewegung animieren – oder wie? Des weiteren hoffe ich das erste Stück von der neuen Bob Dylan aufgelegt zu haben – na ja man merkt wohl, das ich hier nicht wirklich mit Fakten aufwarten kann – Beschwerden gab’ es aber keine und die Musik war spitze!!
Als Axel Stammgast Rembert um Mithilfe bei der Rekapitulierung des morgendlichen Musikprogramms fragte, bekam er diese Antwort: Ich habe echt keine Ahnung, was da noch an Musik lief. Was ich weiß, ist, dass Recep Dulay - ein sehr betrunkener Gast - der mit dem Kopf auf der Theke eingeschlafen war, von verschiedenen Gästen (und Teilen des Personals...) mit 'nem Edding verziert wurde. Ohne, dass er's merkte, hatte er plötzlich prächtige Tattoos auf Ober- und Unterarmen. Die üblichen Motive aus Knast und Hafenspelunke: Ein herrlicher Anker, ein Herz mit "Mama" drin, ein Golgatha-mäßiges Kreuz auf 'nem Hügel, Titten, diverse Sinnsprüche etc. Recep sah aus wie Materazzi. Irgendwann wurde er dann wach, benötigte fünf Minuten, um zu realisieren, dass er derbe angemalt worden war, grinste in sich hinein, lachte sich dann halbtot, gab Yannick die hohe Fünf, um sofort wieder einzuschlafen. Von 'nem Nacken-Tattoo haben wir gnädigerweise abgesehen. Auch von der Knast-Träne unterm Auge.
Am Sonntag, so Augenzeugen, hat er mit voller Kriegsbemalung im kurzärmeligen Trikot beim 2:1 Sieg des VfB Beverungen gegen TuRa Heiden mitgewirkt. Mehr weiß ich nicht von dem Abend…
Um 7.30 Uhr wurden die letzten Gäste dann von Wirt Lollo verabschiedet… By the way, das Gelege liest sich wahrscheinlich schräger, als es tatsächlich klingt. (R-man)
Montag, 4. September 2006
Whereever you see
this record: grab it!
Boney M.
Hier geht es nicht um die A-Seite Mary’s Boy Child/Oh My Lord, offensichtlich im United Kingdom mal ein Millionseller, sondern um die meiner Information nach non-LP-Seite Dancing In The Streets (ist von `78, müßte also auf Nightflight To Venus sein...). Den Tune habe ich am Samstag noch im Stadtkrug gedroppt und die gesammelten Hintern ganz gut zum Shaken gebracht. Das Ding ist funky wie Hölle, eröffnet mit einem Clavinet-Riff, die Drums steigen ein und ein paar Takte danach sorgt der Bass für den überaus satten Groove. Wildgewordene Bläser sind den ganzen Song über kaum unter Kontrolle zu halten und gesanglich gibt es nichts, aber garnichts auszusetzen. Erinnert ein wenig an Johnny Guitar Watson, würde ich sagen, und in keiner Sekunde an den Boney M-Trademark Sound, obwohl es ein Frank Farian Stück ist und nicht etwa ihre Version des Martha & The Vandellas Hits.
Bei meiner Recherche (immer wieder einen Besuch wert: discogs) habe ich rausgefunden, dass neben der 3:43 Minuten 7“-Version noch eine Sire US-12“ existiert, mit satten 6:12 Minuten dieses Floorburners. Die steht ab sofort auf meiner Want-List. Und die 7" hier, die gibt es überal für Nüsse (meine hat 10 Cent gekostet), einfach mal die Augen aufhalten... (R-man)
Sonntag, 3. September 2006
Abt.: brandnew!
DJ Andy Smith
Trojan Document
Andy Smith ist einer dieser typischen englischen Cratedigger, der es als Tour-DJ von Portishead und mit seinem Projekt Dynamo Productions zu größerem Ruhm gebracht hat und der sich nun für seine Document-CD-Reihe ein fettes Mix-Album aus den Archiven des britischen Trojan-Imperiums basteln durfte.
Zweifellos eine gute Idee für das ansonsten ja etwas beliebig wieder veröffentlichende Reggae-Label. Andy Smith, der ansonsten ja eher zwischen Funk, Soul und HipHop auflegt (und letztens für Ace noch eine Northern Soul CD mixte), erweist sich als passionierter Reggae-Freund und kenntnisreicher Sammler, wie man nicht nur im kommentierten CD-Booklet lesen kann, sondern vor allem auch hören kann. Sein 77-Minuten-Mix reiht 31 Trojan-Schätze aneinander, souverän gecuttet mit reichlich eingesprochenen Deejay-Intros, Rewinds und den typischen Selector-Lobpreisungen.
Musikalisch macht man dabei eine Reise von den ganz frühen Ska- und Rocksteady-Roots der frühen Sechziger bis hin zum Dancehall-Style der Achtziger. Smith geht dabei zwar chronologisch vor, will aber keinen Unterricht in Sachen Reggae-History erteilen, sondern arbeitet strikt partytauglich. Der Sound passt auch exakt zu den lustigen Reiseberichten zum Londoner Notting Hill Carnival – vor allem die alten Ska-Scheiben von Laurel Aitken, Derrick Morgan und Justin Hinds rocken auch nach über 40 Jahren den Floor. Smith mischt auch gekonnt klassische Hits (Alton Ellis, Gregory Isaacs, John Holt, Techniques) mit ziemlich rarem Zeug (Stranger Cole, Karl Bryan), auch wagt er den einen oder anderen Ausflug ins Reich des trippenden Dub von King Tubby. Hier ist also alles drin, fast die ganze Geschichte des Reggae in einem Mix von ansteckender Dynamik. (Whirlyjoe)
CD
Samstag, 2. September 2006
London/Day Four
Notting Hill Carnival
Montag
Der letzte Montag im August ist im Königreich ein so genannter Bank Holiday, also Feiertag. In punkto Menschenauflauf (mit oder ohne Speckstreifen, frei nach Ulrich Rosski) ist an dem Tag noch etwas mehr los, als am Sonntag. Da sowohl Andi als auch ich am späten Nachmittag bzw. frühen Abend nach Hause fliegen mussten, war die Laune nicht die beste. Wir haben uns trotz allem bis zu Gaz's Rockin Blues vorgekämpft, dessen Mix aus 50´s R&B und Ska es uns noch einmal mächtig besorgt hat. Andi verabschiedete sich mit den Worten „jetzt könnte ich noch ein paar Stunden bleiben“ gen Heathrow und mich überraschte Gaz im Verlauf noch mit einigen Gassenhauern von The Clash, Elvis und gar Johnny Cash. Schließlich bin ich noch mal die Strasse hoch zu Channel One, wo der stoische Mickey Dread mit einem Plattenspieler hantierte und großartigste Roots & Culture Tunes aus seinen drei Boxentürmen (ihr seht mich oben in der Ruhe vor dem Sturm an einem stehen) hämmerte. Die sind zudem im Dreieck aufgestellt und wenn man dort ins Zentrum gerät, funktioniert das wie eine gute Massage. Der fette Bass knetet einen so richtig schön durch. Aber irgendwie war trotz einiger Red Stripe die Luft raus und da ich nicht wusste, was für ein Sicherheits-Zauber am Flughafen veranstaltet wird, habe ich mich auch verdrückt.
Das Fazit: war schon gut, aber einige Sachen hätten besser laufen können (die zwei Odysseen). Aber mit Andi hat man immer seinen Spaß, das war das Plus. Ich war jetzt sechs Mal beim Carnival und wenn ich dran denke, dass ich das nächste Mal wieder solo unterwegs sein würde, werde ich dann wohl mal durch ein Jahr Verzicht versuchen, neue Spannung aufzubauen. (R-man)
PS: Was mich akut fasziniert ist das Bestival (man braucht ja neue Ziele), das dieses Jahr das dritte Mal stattfindet. Immer auf der Isle Of Wight und immer am 2. September Wochenende. Nächste Woche spielen da von den Pet Shop Boys über John Martyn bis zu Kid Creole & The Coconuts jede Menge Bands und DJs auf 8 (!) Bühnen. Dazu gibt es eine aufblasbare Kirche, eine Bollywood Bar, die Hidden Disco (die tatsächlich irgendwo versteckt ist) und jede Menge anderer spinnerter Hippie-Ideen. 10.000 Leute lassen die da rein (dafür sind 8 Bühnen fast Verschwendung) und das Beste ist: fast alle sind verkleidet!!! Das wird dieses Jahr wohl noch extremer, denn man hatte vorab das Thema Clowns vorgegeben. Als sich im aber so viele gemeldet haben, die an Coulrophobia (Clownangst) leiden, sagte man das ab: „So there you go... No clowns please! All other silly attire positively encouraged though.“
Freitag, 1. September 2006
Funky16Corners
Thinking of
New Orleans
In der shake baby shake Blog-Geschichte habe ich euch hin und wieder mal auf einen exzellenten Mix hingewiesen. Und vorhin bin ich über einen gestolpert, den ich euch nicht vorenthalten will, denn Funky Nawlins Pt 2 steckt randvoll mit Tracks, an die wir Normalsterblichen sowieso nie rankommen werden und die Jungs des Funky16Corners Blogs haben das noch dazu mit einem Meter Info genauestens auseinander klamüsert. Wer sich für sowas interessiert, der checke das hier doch mal aus. (R-man)
London/Day Three
Notting Hill Carnival
Sonntag
Um mal kurz eine historische Einleitung zu geben: Seit 1966 findet der Carnival jeweils am letzten August-Wochenende im Stadtteil Notting Hill/Ladbroke Grove statt, damals initiiert von in London gestrandeten Trinidad-ianern und schnell von benachbarten Inselgruppen (Jamaika etc.) für gut befunden. So zogen sie kostümiert und mit Steeldrums durch die Strassen und 40 Jahre später ist daraus eine multikulturelle Massenveranstaltung geworden. Neben einem endlosen Umzug, der sich zudem im Schneckentempo bewegt, sind die Soundsystems die Hauptattraktion. Zirka 40 davon sind über ein Areal verteilt, wofür man vom Anfang bis zum Good Times Bus (der am hinteren Ende steht) ungefähr eine Stunde Fußmarsch einplanen kann. Der Carnival beginnt gegen Mittag und hört um 19 Uhr auf (Montag geht es noch mal genau so weiter). Danach geht’s zur After-Party deiner Wahl…
Ein Sound System besteht aus mindestens einem DJ, einem Plattenspieler und zwei Boxenwänden. Gerne aber auch von allem etwas mehr. Während manche direkt auf der Rampe ihres Leih-LKWs aufbauen, treiben eine Handvoll etwas größeren Aufwand bei der optischen Gestaltung – allen voran Gaz’s Rockin’ Blues (doch dazu später).
Kleine Randnotiz: zirka 1,5-2 Millionen Leute sind an diesen 2 Tagen in Ladbroke Groove/Notting Hill unterwegs, die natürlich alle richtig feiern, ein Red Stripe nach dem anderen verklappen und sich bei den hunderten von exotischen Essensständen verköstigen. Für diese Masse Mensch haben die Verantwortlichen zirka 100 Dixies (eher weniger) und 3 Pissoirs aufgestellt. Kein Wunder, dass irgendwann in jede Ecke gepisst wird…
Die Soundsystems haben so klangvolle Namen wie Love TKO, BassByAnyMeansNecessary, Jah Observer, Rapattack, Killer Watt oder Nasty Love Mixing Lab. Da viele von denen Soca, R&B, HipHop, Ragga, Jungle oder Bashment auflegen, verweilt man dort auch nicht lange, sondern versucht ohne Hörsturz vorbei zu kommen (weil: laut können die alle). Nach 6 Jahren Notting Hill Carnival läuft es eigentlich immer auf das gleiche hinaus – Channel One, Gladdy Wax, Sancho Panza, Gaz’s Rockin Blues und Norman Jay’s Good Times.
So machten Andi und ich uns am Sonntagmittag auf den Weg, auch hier entpuppte sich das Blakemore als perfekt gelegenes Basislager. Obwohl man sich als Soundsystem sicher wie Bolle auf den Carnival freut und im Prinzip 2 x 7 Stunden zum Auflegen hat, regiert hier oft die jamaikanische Soon Come-Mentalität. Man steht vor seinen Boxentürmen und wundert sich, warum der Kram noch immer nicht funktioniert?!? Es gibt tatsächlich die eine oder andere Crew, die nachmittags um 4 noch verkabelt. Mein Tipp: einfach ne Stunde eher aufstehen.
Wir haben uns dann auf direktem Wege zu Norman Jay durchgeschlagen, der auf einem ehedem von Budweiser gesponserten (jetzt gibt es Red Stripe, schmeckt sowieso besser) Doppeldecker thront. Gast Gilles Peterson legte gerade einige seiner angejazzten Groover auf, die Sonne schien mittelwarm und es versprach, ein großer Tag zu werden. Dann übernahm Norman Jay und legte eine wirklich geniale Stunde hin – von Green Onions („Das hat noch nie besser geklungen als jetzt“ – Andi) über die Turtles (Happy Together) bis zu James Brown (Talking Loud…). Gegen 3 Uhr war es vor dem Bus allerdings schon so voll, dass es langsam begann, unangenehm zu werden. Leider hatte man den Boxenturm rechts vom Bus abgebaut, sodaß man nur vernünftigen Sound hatte, wenn man mittig vor dem Bus stand. Links davon war etwas Platz und eine Bar. Aber kein Klo. Das war auf der anderen Seite, mit 30er Schlangen davor und einer Drängelarie, um überhaupt dahin zu kommen. Ziemlich schnell wurde es recht housig und Norman begann, uns zu verlieren. Unglaubliche Enge, ständiges Geschiebe und die Unmöglichkeit, sich gepflegt zu betrinken, trieben uns recht schnell fort von der West Row.
Bei Sancho Panza um die Ecke war es ähnlich voll. Das DJ-Team aus London Clubland ist eher eine Ausnahme unter den Soundsystems (die Burschen sind weiß), haben aber mit ihrem funky Clubsound eine enorme Erfolgsstory beim Carnival geschrieben. Auch hier galt: zu voll, zu wenig Spass. Bei Gladdy Wax kann man immer mal innehalten, zum einen muß man da vorbei, zum anderen liegt garantiert immer ein Ska/Rocksteady/Reggae-Klassiker auf den Tables. Allerdings zu späterer Stunde gerne auch mit MC, der genau das macht, was alles machen: er quatscht zuviel, er ist lauter als die Musik, er nervt gewaltig.
Wir wollten aber zu Gaz Mayall und seiner Rockin Blues Meute (von denen alle Fotos dieses Tages sind), denn wir hatten auf dem Hinweg schon den gigantischen Aufbau bewundern dürfen. So schlichen wir uns von hinten durch die Powis Mews an (Toiletten!) und wurden von einer Ska-Version des Godfather Themes begrüßt. Als wir schließlich auf der Talbot Road ankamen, stieg uns sofort das Grinsen ins Gesicht, das in den nächsten zwei Stunden nur noch breiter werden sollte. Es standen nämlich The Trojans auf der Bühne, eine zusammengewürfelte Truppe mit einem Monstergeiger, Gebläse und eben jenem Gaz Mayall an Vocals/Melodica. Die meuchelten in der Folge Gassenhauer wie Kasachok und ähnliches in mitreissendem Ska-Tempo. Später kam ein schwarzer Opa dazu, dessen vorsinnflutliche Vokalakrobatik fortan nicht mehr zu stoppen war. Unmöglich nicht mitgerissen zu werden.
Und während so manches Soundsystem noch nicht in Gang war, hatte die Bande um Meister Mayall einen zirka 25 Meter breiten Aufbau hingestellt, mit drei Bars, drei LKW-großen Boxenstapeln, einer erhöhten DJ-Box mit Dinosaurier Gebiss, einem abgestürzten Flugzeug, mehreren Dinos, einem indischen Elefanten, einem zum Dino mutierten VW-Käfer, einer Bühne und was sonst noch. Dazu hatte sich die ganze Truppe – Typ Mitt-40er Engländer mit schlechten Zähnen und ebensolchen Tattoos, aber unglaublich gut drauf und feierwütig – nach dem (jährlich wechselnden) Thema verkleidet: entweder als gerade abgestürzte Flugzeug Crew oder als Dschungel-Bewohner. Mit einer unglaublichen Liebe zum Detail noch dazu. Als ich Gaz fragte, ob der Nasenring echt sei, sagte er: „ No, you got to keep it unreal!“ 3-5 ungefähr 70-jährige, groß auftanzende Elvis-Doubles rundeten den Augenschmaus ab.
By the way: Gaz Mayall (der älteste Sohn von John Mayall) soll der Besitzer von 30.000 Singles sein und hat seit 1980 eine wöchentliche Clubnight in London.
Andi und ich waren jedenfalls rundum glücklich. Nach den Trojans legte Bruder Jason Mayall (dem steht das Leben tatsächlich ins Gesicht geschrieben) noch ein paar grandiose Songs auf, größtenteils Ska mit psychedelischen Lawrence-of-Arabia-Bläsern. Das war mit Abstand das Größte, was ich beim Carnival bis dahin erlebt hatte.
Da wir zur Good Times Afterparty keine Karten mehr bekommen hatten, freuten wir uns natürlich, als Gaz seine Party ankündigte: „… a massive party, go to the end of Latimer Road. The Lock-Up. Under Westway.“ Ich versicherte mich dann noch einmal bei einem der total besoffenen Flugbegleiter, der mir auf meiner Streetmap auch zeigte, wo das ungefähr ist: nämlich 5 cm rechts vom äußeren Ende der Karte. Da es in der Gegend zu dieser Zeit keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt, machten wir uns zu Fuß auf den Weg. Eins war sicher, mit diesen Typen wollten wir noch feiern. Sodom und Gomorrha sollte ein Streichelzoo sein gegen das, was uns bevorstand. Das gute war, dass die Westway eine Art erhöhte Stadtautobahn ist, die man immer sehen konnte. Wir mussten nur weit genug nach rechts gehen… das taten wir auch. Nach einer guten Stunde hatten wir endlich die Latimer Road gefunden, am Ende war der Westway, aber die tatsächlich vorgefundene Party war für Kids und garantiert nicht für Ska- und R&B-bessesene Altfans. Als uns endlich klar war, dass wir eine Niete gezogen hatten, schlichen wir resigniert und mit wundem Geläuf zurück zur Basis und beendeten den Abend in Tränen. Und mit Pizza und Bier… (R-man)
Wie es weitergeht: Carnival, Tag 2. Mehr Gaz Mayall, etwas Channel One und früh zum Airport.
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