Samstag, 26. August 2006
Disco Legenden!
Teil 1
Nicky Siano
The Gallery
Loft, Paradise Garage und The Gallery waren die drei wichtigsten Clubs/Discos im New York der 70er. David Mancuso’s Loft war im Prinzip seine Wohnung, die er für die Club-Abende frei räumte. Zu den nur per Empfehlung eingelassenen Gästen zählte ein blutjunger Nicky Siano, der sich von Mancuso dessen noch heute nachhallende Kunst der DJ-Dramaturgie abschaute und von dem dazu ermutigt wurde, seinen eigenen Club zu starten. Siano war erst 18, als er mit seinem Bruder die Gallery eröffnete, die er nach dem damals unter Musik-Afficionados schon legendären Loft gestaltete. Wie Mancuso (der Klipsch-Hörner benutzte) achtete Siano besonders auf das Soundsystem, für das der legendäre Alex Rosner verantwortlich zeichnete (der Sub-Bass muß unglaublich gewesen sein).
Siano war auch der DJ (“Nicky Siano was the king of DJs. He was so fierce he could put on a record and people would scream.” - ein Gast), einer der ersten, der Platten ineinander mixte und zu seinen ersten Bewunderern gehörten Larry Levan (der legendäre spätere Paradise Garage DJ) und Frankie Knuckles (der Jahre später in Chicago House Musik (mit)erfand). Levan und Knuckles kannten sich schon seit früher Kindheit, waren schon im Loft unterwegs und in der Gallery unter anderem dafür verantwortlich, die Luftballons aufzupumpen und das Acid in den Punsch zu tun.
Fünf Jahre zwischen 72 und 78 war die Gallery geöffnet (nach einem Jahr musste man die Räumlichkeiten wechseln) und Zeitzeugen nach zu urteilen, muß es großartig gewesen sein. Liest man über das Loft, die Gallery und Paradise Garage wird immer wieder der positive Vibe von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit hervorgehoben, stressfreie Oasen von und für Musikliebhaber, die einfach nur Spass haben und tanzen wollten. Während Mancuso auch gerne mal die Steve Miller Band oder einfach nur Regenwald auflegte, regierte bei Siano Soul und Funk. Später experimentierte Siano mit einem 3. Plattenspieler, um den Lärm startender Flugzeuge und ähnliches auf die Tänzer loszulassen. Er soll exzessiv an den EQ’s gedreht haben und spät am Abend wurde dann der Sage nach auch mal mit den Füßen gemixt.
Zwischendurch legte Nicky Siano auch in den hippen Uptown-Discos Le Jardin und Studio 54 (an dem Tag, als Bianca Jagger auf dem Schimmel einritt) auf, verlor diesem Job aber 1977 wegen kompromissloser Songauswahl (er soll die erste Seite von Kraftwerk’s Trans Europa Express in der Gänze gespielt haben) und unkontrollierbarem Drogenkonsum. Aus letzterem Grund schloß Nicky’s Bruder `78 auch die Gallery. Siano versetzte alle Platten für Drogenkohle (das Schicksal teilte er mit Larry Levan), tauchte ab und in der Szene hielt man ihn für tot. Erst 1997 traf DJ-Kollege Steve D'Acquisto ihn zufällig in einem AOL-Chatroom, clean und mopsfidel. Er hatte sich der Sozialarbeit gewidmet und alternative Behandlungsformen für AIDS entwickelt. Ab `97 arbeitete er wieder als DJ und spielte z.B. bei der Gallery Party, die das geschätzte Soul Jazz Label zu Veröffentlichung der Compilation veranstaltete. Yours truly ist extra dafür nach London gejettet und hat es nicht bereut.
Nicky Siano's legendary The Gallery heißt diese exzellente Zusammenstellung dann auch. Da wir die erste Hälfte der 70er schreiben, kriegen wir hier den psychedelischen Soul von den Temptations und Undisputed Truth zu hören, oder das mit einem unglaublichen Gitarrensolo gesegnte „And They Call That Love“ von Vernon Birch. Dazu die Isley Brothers (Get Into Something – tierische 7:30 Min.), Pointer Sisters (Yes We Can Can), Bar-Kays, Bill Withers (Harlem), Supremes, Bonnie Bramlett, Exuma, Bobby Womack (wundervoll) und einige eher unbekanntere (Gloria Spencer, Zulema) mit ebenso mitreissendem Songmaterial.
Natürlich hören wir auch Ausflüge in Philly Soul Gefilde und bekommen die ersten Anzeichen von Disco mit, aber keine Angst, es handelt sich hier um astreine Soul-Musik, die meilenweit von dem entfernt ist, was die Bee Gees daraus gemacht haben. Hier ist alles vernünftig geerdet, jeder aber auch jeder Track hat einen tierischen Groove und wer auch nur entfernt auf so was steht, der bekommt hier eine der besten Compilationen mit schwarzer Tanzmusik dieser Zeit. (R-man)
bei interesse
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