Mittwoch, 16. April 2008

Nightclubbing
with Grace Jones

Im Mai wird Grace Mendoza (so ihr schöner Geburtsname) 60 Jahre alt, vermutlich kommen demnächst also einige Würdigungen aus der Blog-Welt. Ich habe zuletzt wieder mehrfach in ihr amtliches Meisterwerk Nightclubbing von 1981 reingehört – was für ein vorzügliches Album, das bis heute völlig alterslos dasteht und auf jedem zweiten Flohmarkt darauf wartet, für fünf Euro (so teuer? die Red.) mitgenommen zu werden.

Ganz im ernst, denn es soll ja immer noch Menschen geben, die Grace für ein seelenloses Kunstprodukt halten, das sich willenlos irgendwelchen geldgeilen Produzenten ausgeliefert hat – schon weil sie als Model ja wohl keine ernsthafte Musikerin sein kann. Solche Vorurteile hat sie meines Erachtens aber ganz schnell widerlegt, gerade weil sie so konsequent an ihrem Image als synthetischer Popstar gearbeitet hat. Auf ihrem Weg aus dem Studio 54 Richtung Jamaika bis hin zur Studio-Hexenküche von Trevor Horn hat sie reichlich gute und keine einzige schlechte Platte gemacht und klang auch immer wie sie selbst: von La Vie En Rose bis Slave To The Rhythm, auch wenn man sich an ihr knarziges Organ gewöhnen muss. Soul hat das allemal.

Nightclubbing entstand 1981 unter der Regie von Island-Boss Chris Blackwell und Alex Sadkin und profitierte vor allem von Sly & Robbie als Rhythm Section, damals ja wirklich noch der ganz heiße Scheiß. Wer aber wirklich den Sound des Albums bestimmt, ist - hol mich der Teufel - Keyboarder Wally Badarou (Ex-Level 42), dem ich zuletzt ja gnadenlos den Dolch in den Rücken stieß, um seine Beteiligung am A Message From The Stars-Mixtape zu verhindern (die beinharten Wally-Fans R-Man und K-Nut zürnen mir noch immer). Zwar betätigt hier auch Bob Marleys Keyboarder Tyrone Downie die Tasten, der ist auf dem Cover aber viel kleiner als Wally gedruckt.

Auf jeden Fall sorgen Sly & Robbies elastische Rhythmen, die plinkernden Gitarren von Barry Reynolds und Michael Chung und eben Wallys federnde Keyboards für diesen unnachahmlichen Nassau-Sound, der ja auch den Tom Tom Club auszeichnete. Großartig und für damals durchaus gewagt ist auch die Songauswahl: Iggy Pops Nightclubbing, Use Me von Bill Withers und Demolition Man von Police, das zeugt doch von Geschmack. In Erinnerung bleiben aber vor allem die drei offensichtlichen Hits des Albums: Walking In The Rain, das deutlich discoide Pull Up To The Bumper und die Astor Piazzolla-Tango-Variation I’ve Seen That Face Before (Libertango).

Fast genauso gut ist übrigens das Vorgänger-Album Warm Leatherette von 1980. Ende der 80er war es mit der musikalischen Karriere dann leider vorbei, an die späte Single Sex Drive von 1993 kann ich mich schon gar nicht mehr erinnern. (Whirlyjoe)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja Whirly,
hab ich doch gesagt, toller Keyboardsound. Das mit Level 42 hatte ich eigentlich schon erfolgreich verdrängt. Aber für den richtigen Dubgenuss empfehle ich ausnahmsweise mal eine Doppel-CD: die Grace Jones Compass Point Sessions 1980-82 (also die 3 Alben Warm Leatherette, Nightclubbing und Living My Life mit Sly & Robbie), günstig erschienen auf Island 1998. Coole Versions und Remixe in angemessener Länge. Es muss nicht immer Roots sein. Hör mal rein!
An-Dréad

Anonym hat gesagt…

...da hat Andread aber sowas von recht!!! Das ist 'ne ganz tolle Compi. Ist eigentlich alles drauf, was man von Frau Jones braucht, inklusive der bombastischen Langversion von Slave To The Rhythm.
Bei Level 42 war Wally eigentlich auch nur als inoffizielles 5. Mitglied und Co-Produzent aktiv.

Anonym hat gesagt…

wally und seine freunde....

ich hab die lps ja komplett, slave to the rhythm ist eigentlich eine einzige langversion des songs und die edle dub version von private life gibt es auf der feinen wild dub - andread meets punk rocker downtown auf select cuts.

Anonym hat gesagt…

...die definitive Slave To The Rhythm-Version bleibt aber der (Hot) Blooded-Mix und der ist eben nicht auf der LP.
Ebenfalls sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang: Funky Nassau (The Compass Point Story) auf strut-records/!K7.

Free Wally!

Anonym hat gesagt…

Wer richtig klasse Modern Soul von Madame hören will, dem sei 'Sorry' empfohlen. Ein Stück, welches 1976 rausgekommen ist, zwar selten, aber auf der wärmstens zu empfehlenden 'Sunday Soul Selection' DoppelLP zu bekommen ist. Wie schreibt Whirlyquirlyjoe so gern: Vorzüglich!