John Peel
Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt
Das Christkind hat mir die John Peel-Autobiographie unter den Baum gelegt und ich habe sie fast in einem Schwung verschlungen. Wobei ich ja zugeben muss, den legendären Radio-DJ tatsächlich so gut wie nie gehört zu haben, da die Radiolandschaft im Süden der Republik schon ewig ein einziges Fiasko ist und Peel schlicht nirgends zu empfangen war. Als maßgebliche Figur der letzten 40 Jahre Popgeschichte war Peel aber dennoch immer präsent, sei es über seine eigens aufgenommenen Peel-Sessions mit hunderten von Bands oder seine vielfältige Präsenz in der Musikpresse.
Das Buch stammt nur zur Hälfte von Peel selbst, denn tragischerweise verstarb er ja 2004 während der Entstehung dieser Memoiren. Das Buch wurde dann von seiner Familie (vor allem seiner Frau Sheila, von ihm zeitlebens liebevoll „The Pig“ genannt) zu Ende gebracht, u.a. mit vielen Passagen aus Peels eigenen (Tagebuch-) Aufzeichnungen.
Insgesamt sind die Memoiren eine rundum faszinierende und fesselnde Lektüre, obwohl oder weil es gar nicht so sehr um Musik geht, viel mehr aber um eine ganz spezielle Haltung zur Popkultur, geprägt von totaler Offenheit und grenzenloser Neugier. Man erwarte also keine Playlists (sein Alltime Fave war „Teenage Kicks“ von den Undertones, die Lieblingsband bekanntlich The Fall) und Analysen, hier geht es um John Peel und sein Leben, das mehr als genügend Material für ein dickes Buch (fast 550 Seiten) bietet.
Und der Bursche konnte eben auch schreiben: mit trockenem britischem Humor, ironisch, aber immer ganz unprätentiös, weshalb ihm der deutsche Buchtitel sicher furchtbar peinlich gewesen wäre. Sheila erweist sich ebenfalls als kongeniale Schreiberin, beide finden das richtige Maß zwischen Privatem (mit zum Teil sehr unerfreulichen Jugenderlebnissen) und pophistorisch Relevantem. Und natürlich gibt es auch ganz unglaubliche Anekdoten, nicht zuletzt die, wie John während seiner Zeit in Texas nicht nur Kennedy und Nixon traf, sondern auch bei der Pressekonferenz nach der Ermordung Kennedys zugegen war.
Das Buch funktioniert aber in erster Linie auf der menschlichen Ebene. Peel gelingt es ohne große Inszenierung, seine Liebe zu Familie, Fußball (FC Liverpool) und Musik zu beschreiben und erweist sich nicht nur als unerschrockener Kämpfer für immer neue Musiken abseits des Mainstreams, sondern auch als echter Menschenfreund mit großem Herzen. Doch, da kann man beim Lesen schon ein wenig sentimental werden – der Verlust, den die Popwelt erlitten hat, wiegt jedenfalls sehr schwer.
John Peel - ein wahrer Held. (Whirlyjoe)
Das Christkind hat mir die John Peel-Autobiographie unter den Baum gelegt und ich habe sie fast in einem Schwung verschlungen. Wobei ich ja zugeben muss, den legendären Radio-DJ tatsächlich so gut wie nie gehört zu haben, da die Radiolandschaft im Süden der Republik schon ewig ein einziges Fiasko ist und Peel schlicht nirgends zu empfangen war. Als maßgebliche Figur der letzten 40 Jahre Popgeschichte war Peel aber dennoch immer präsent, sei es über seine eigens aufgenommenen Peel-Sessions mit hunderten von Bands oder seine vielfältige Präsenz in der Musikpresse.
Das Buch stammt nur zur Hälfte von Peel selbst, denn tragischerweise verstarb er ja 2004 während der Entstehung dieser Memoiren. Das Buch wurde dann von seiner Familie (vor allem seiner Frau Sheila, von ihm zeitlebens liebevoll „The Pig“ genannt) zu Ende gebracht, u.a. mit vielen Passagen aus Peels eigenen (Tagebuch-) Aufzeichnungen.
Insgesamt sind die Memoiren eine rundum faszinierende und fesselnde Lektüre, obwohl oder weil es gar nicht so sehr um Musik geht, viel mehr aber um eine ganz spezielle Haltung zur Popkultur, geprägt von totaler Offenheit und grenzenloser Neugier. Man erwarte also keine Playlists (sein Alltime Fave war „Teenage Kicks“ von den Undertones, die Lieblingsband bekanntlich The Fall) und Analysen, hier geht es um John Peel und sein Leben, das mehr als genügend Material für ein dickes Buch (fast 550 Seiten) bietet.
Und der Bursche konnte eben auch schreiben: mit trockenem britischem Humor, ironisch, aber immer ganz unprätentiös, weshalb ihm der deutsche Buchtitel sicher furchtbar peinlich gewesen wäre. Sheila erweist sich ebenfalls als kongeniale Schreiberin, beide finden das richtige Maß zwischen Privatem (mit zum Teil sehr unerfreulichen Jugenderlebnissen) und pophistorisch Relevantem. Und natürlich gibt es auch ganz unglaubliche Anekdoten, nicht zuletzt die, wie John während seiner Zeit in Texas nicht nur Kennedy und Nixon traf, sondern auch bei der Pressekonferenz nach der Ermordung Kennedys zugegen war.
Das Buch funktioniert aber in erster Linie auf der menschlichen Ebene. Peel gelingt es ohne große Inszenierung, seine Liebe zu Familie, Fußball (FC Liverpool) und Musik zu beschreiben und erweist sich nicht nur als unerschrockener Kämpfer für immer neue Musiken abseits des Mainstreams, sondern auch als echter Menschenfreund mit großem Herzen. Doch, da kann man beim Lesen schon ein wenig sentimental werden – der Verlust, den die Popwelt erlitten hat, wiegt jedenfalls sehr schwer.
John Peel - ein wahrer Held. (Whirlyjoe)
PS: Rogner & Bernhard 2006. Gibt es nur bei 2001 für 24,90 Euro.
4 Kommentare:
Mahlzeit,
jedem, der sich für das Lebens und den Einfluss Peels interessiert, empfehle ich in jedem Fall die englische Version der Bio: MArgrave of the Marshes. Ist erstens billiger, zweitens besticht der britische Humor in der Landessprache natürlich noch viel mehr.
2. Check this: http://jonhorne.co.uk/jptapes/jptapesrewound.html
Hier gibts lauter Peel-Radioshows aus Privatarchiven zum Download. Ich empfehle das Punkspecial vom Dezember 1976! Falls die Downloads nicht mehr gehen sollten, mailt mich an, ich lade gerne noch mal ne Auswahl hoch.
3. Wer sich für ne (pseudo-) wissenschaftliche Abhandlung zum Thema Peel und Talentförderung im Radio interessiert, der solle sich an mich wenden. Das war Thema meiner Bachelorarbeit, und hab nich mal schlecht abgeschnitten :)
Groetjes,
Marcel (brit-me@gmx.de)
Wow, was für ein Scheisstitel. Aber danke für den Hinweis, werde mir wohl die englische Version besorgen.
"Ein Buch das in erster Linie auf der menschlichen Ebene funktioniert ..." Wow! Welch ein Versprechen!
Egal, wer kann, der sollte auf jeden Fall das engl. Original lesen, John Peel haben wir doch alle auch immer im Original gehört, oder?
will ich natürlich niermandem ausreden, zum original zu greifen.
ich denke aber doch, dass die deutsche übersetzung sehr ordentlich geraten ist. dass da nicht jede nuance der peelschen sprachkunst rüberkommen kann, sollte niemanden wundern. kann man aber insgesamt gut mit leben. die schwarte im original würde zumindest bei mir ewig dauern...
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