Mittwoch, 5. November 2008
Bohannon kompakt
Ende 2006 ging es im shake baby shake-Blog bereits ausführlich um Funk-Legende Hamilton Bohannon und seinen umfassenden Backkatalog aus den 70ern und frühen 80ern, von dem so gut wie nichts auf CD zu finden ist - dafür muss man schon die Flohmärkte nach Vinyl abgrasen. Jetzt haben wir aber doch zwei kompakte Compilations aufgetan, anhand derer Bohannon wiederentdeckt werden kann.
Denn gewürdigt gehört der Mann längst, schließlich ist Bohannon ganz klar das Nonplusultra in Sachen Seventies-Style Guitar-Disco. Der gelernte Drummer Hamilton Frederick Bohannon (Jahrgang 1942, geboren in den Südstaaten) spielte in jungen Jahren sogar mal in einer Band mit Jimi Hendrix, veröffentlichte sein erstes Album „Stop And Go“ dann 1973 beim Dakar-Label. Bohannon erwies sich in der Folge als ausgesprochen produktiver Künstler, der in der Regel nicht nur einen Longplayer pro Jahr veröffentlichte. Eine vernünftige Discographie ist leider nicht aufzutreiben gewesen, der ansonsten verlässliche Allmusic Guide liefert hier nur Bruchstücke.
„All Songs written, arranged, directed and produced by Hamilton Bohannon“ war einst das Gütesiegel auf all seinen Releases, weshalb er heute übrigens bequem von den Tantiemen leben kann. Was genau der Chef auch instrumental zu seinen Produktionen beiträgt, ist oft nicht klar, sicher ist aber, dass er selbst die Songs gesungen hat, und zwar mit einem leicht fisteligen Falsett, was aber kaum störte, da fast immer hypnotische Instrumental-Passagen das Geschehen dominierten oder gleich ganz auf Gesang verzichtet wurde. In späteren Jahren arbeitete er dann zunehmend mit Gastvokalisten wie Carolyn Crawford oder Altrinna Grayson, die man aber wohl nicht kennen muss.
Stilistisch bewegte sich Bohannon souverän von eigenwillig stoischem Funk in Richtung Disco, wobei das dominierende Element immer die Gitarren waren. Oft hört man gleich mehrere, die konsequent ihre lässigen Funk-Licks durchspielen, dabei aber niemals eruptiv heavy klingen, wie ja beispielsweise oft genug bei Parliament/Funkadelic. Bohannon setzte konsequent auf das Repetitive, verzichtet fast immer auf Breaks, was die Songs zum Teil fast schon auf der Stelle treten ließ, was eben diesen superhypnotischen Groove erzeugte. Spex-Schreiber Olaf-Karnik nannte dieses Prinzip „Disco-Minimalismus“.
1975 war sein bestes Jahr, Nummern wie „Foot-Stomping Music“und der faszinierende Midtempo-Burner „South Africa Man“ sind allesamt ein Muss – simpel gestrickt, repetitiv, ja monoton, stampfend und völlig oldschool instrumentiert, mit echten Drums, Orgel/Fender Rhodes und immer diesen messerscharfen Gitarren, ganz selten auch mal mit ein paar Bläsern aufgepeppt. Dieses Prinzip rettete Bohannon dann zwar auch in die Disco-Epoche, klang Richtung achtziger Jahre dann aber immer kommerzieller und chartskompatibler.
Diese beiden essenziellen Tunes finden sich auch auf der Rhino-Compilation The Very Best Of Bohannon - Funky, Wicked & Smooth von 1995 mit insgesamt 14 Tracks ein geeigneter Einstieg in sein Oeuvre. Nummern wie „Let’s Start II Dance Again“ und vor allem „Take The Country To N.Y. City“ sind jedenfalls prototypischer Bohannon-Sound: ekstatisch, funky, guitardriven. Auch klasse: „Funky Reggae“ besteht fast nur aus einem Ein-Ton-Funk-Lick der Gitarre, zu mächtig pumpendem Bass und gewohnt unerheblichen Vocals, das Ganze erstaunlicherweise im unteren BPM-Bereich und dennoch absolut floortauglich. Ist übrigens kein Reggae, heißt nur so. Manko dieser Zusammenstellung ist aber der „Smooth“-Part mit einigen unerträglich seichten Cheesy-Tunes der Marke Soft-Jazz von spektakulärer Abgründigkeit – um das Phänomen Bohannon in Gänze zu verstehen vielleicht ja unabdingbar. Dafür taugen die recht ausführlichen Linernotes von Journo David Nathan und erst recht die coolen Bilder im Booklet.
Etwas raffinierter fällt dagegen Bohannon - The Collection (Spectrum 2004) aus, mit ebenfalls 14 Tunes, überwiegend aus der mittleren Phase und ohne die ganz frühen Hits. Eher spartanisch aufgemacht, reihen sich hier die Funk-Burner aneinander, darunter unschlagbar upliftende Floorfiller wie „Let’s Start The Dance“ - hier sorgen die messerscharfen Gitarren für einen unwiderstehlichen Peitschen-Beat, der Gesang wird von Caroline Crawford bestritten. Bohannon ist im Disco-Zeitalter angekommen, erlaubt sich aber noch einmal einen achtminütigen Trip in die Downtempo-Frühphase und bleibt dabei 100%ig funky. Dazu kommt das ebenso merkwürdige wie geniale „Summertime Groove“, das mit einer erstaunlich niedrigen BPM-Zahl vor sich hin brodelt - Bohannon at his best. Einige Tunes stammen dagegen aus der zweiten Reihe späterer Produktionsjahre, passen aber in Vibe und Funkiness vorzüglich zueinander.
Ich wage zu behaupten, dass sich aus den beiden Compilation ein 60-minütiges Hammeralbum fabrizieren ließe, immerhin gibt es nur minimale Überschneidungen – man sollte sich also beide besorgen. (Whirlyjoe)
Bohannon
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Habe ich vor kurzem noch bei Deutschlands bestem Mailorder gesucht und nicht gefunden. Sehr gut, dass die beiden CDs jetzt offenkundig wieder zu haben sind.
Kommentar veröffentlichen