Donnerstag, 30. Oktober 2008

Spoonful Praxistest Donnerstags lege ich ja gelegentlich in einer sehr kleinen Stuttgarter Kneipe ein paar Platten auf, quer durch alle Stile, ganz wie ich lustig bin. Im Sommer ist es dort durch unkonventionelles im-Freien-auf-dem-Boden-rumhocken zum Teil bombenvoll, im Winter auf wenigen Quadratmetern eher überschaubar besucht, dank des Rauchverbots mittlerweile aber richtig gemütlich. Ich spielte dann den ganzen Abend eher unaufgeregten Funk- und Soul-Sound für bewährtes Stammpublikum, gegen Mitternacht zum Finale dann auch ein paar etwas fettere Funktunes – und siehe da, ein paar mutige junge Menschen fingen zu tanzen an, was (bei meiner Musik) dort ziemlich selten vorkommt. Schließlich frug mich eine charmante junge Französin, ob ich nicht ein wenig Röck’n’Röll auflegen könne. Konnte ich. Kurz jedenfalls. Plötzlich war der ansonsten den Schließzeiten gemütlich entgegendümpelnde Laden gerappelt voll mit – wie sich dann herausstellte, bislang im Freien vor sich hin trinkenden französischen Erasmus-Austauschstudenten – in der Mehrzahl Studentinnen. Es kam dann zum handstreichartigen Entern durch eine unglaublich tanzwütige Meute – und ich stand mit meiner kleinen Plattenkiste da, das Programm schon fast durchgespielt und ohne offensichtliche Tanzhits im Repertoire. Zum Glück hatte ich aber Spoonful 13 - The Hits And Then Some dabei, die als „The Saviour Disc“ oder das „Spoonful Survival Kit“ geplant war, falls mal niemand tanzen will. Okay, meine Crowd wollte tanzen. Und ich spielte dann fast die gesamte CD mit meinem zwischen die 1210er gequetschten alten Discman, dazu mit letzter Kraft zusammengekratzte Hits aus der Vinylkiste. Funktionierte prächtig. Es war zum Bersten voll, die Scheiben beschlugen in kurzer Zeit mit leckerem Bierdunst und gegen später, als die Eingangstür längst abgeschlossen war, fiel auch das Rauchverbot, wegen Umwidmung zur Privatparty. Das gutgelaunte Thekenpersonal geizte dann auch nicht mit mehreren Lagen Schnaps für die superlustigen und trotz wachsender Trunkenheit gänzlich unkomplizierten Gäste. Der Laden bebte also und die jungen Leute (knapp dem Teeniealter entwachsen, schätze ich mal) tanzten wild zu coolen Spoonful-Sounds von Booker T, Aretha, Al Wilson, Bo Diddley, The Coaster, Johnny Rivers, Marvin Gaye, Ray Charles – ihr kennt sie alle – und dank R-Mans cleverem Sequencing schließlich auch Pogo zu Kinks und Who. Als ich dann um halbdrei wirklich gar nichts mehr aufzulegen hatte, schickten wir die Truppe mit „The Power Of Love“ von Frankie Goes To Hollywood aus der Hausanlage im Rücken schließlich in einen weiterführenden Club, donnerstags in Stuttgart gar nicht so einfach. Vor allem wenn Schwaben französisch und Franzosen englisch sprechen. Lange Rede kurzer Sinn: Spoonful 13 ist ein Must-Have! (Whirlyjoe)

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Respekt! Bei den Schilderungen neige ich zur Klaustrophobie! Weil: gegen den Palast ist der 1.Stock ja ne Arena! Aber dafür ist der Palast auch ein echter Stuttgarter Klassiker. (Whirly, gibt's eigentlich noch den ZumZum daneben mit der Gliedmaßen-amputierten Bedienung?). Und mit Sicherheit gibt es schlimmeres als vor französischen Studentinen zu performen (da denke ich gleich an Sophie Marceau). Ach ja, 'the Hits & More' ist wirklich klasse und unverzichtbar!

Caesar

Anonym hat gesagt…

cäsar, du warst früher echt dabei. zum zum wurde samt der übrigens sehr netten einarmigen pommestante schon vor drei jahren abgewickelt. da gab es übrigens zwei wochen lang abschiedsparties im zum zum, mit djs und disco. dort stehen jetzt ganz neue gesichtslose funktionsbauten mit system-gastro, die sich hoffentlich noch immer über das herumlungernde palastpublikum ärgern.

Anonym hat gesagt…

[Unter anderem] für solche Abende lebt man doch - grandioser Bericht, Whirly! Das Sequencing der Spoonful-Hits ist im übrigen wirklich großartig; die Saviour-Disc schleppe ich am Samstag deshalb auch sicherheitshalber mit auf einen 30. Geburtstag. Der Jubilar will leider höchstselbst seine Lieblingshits auflegen. Sowas geht ja gerne schief ...

Anonym hat gesagt…

He Whirly Joe!
heidenei, ich werde so sentimental, wenn ich diesen Bericht lese...Und ich muss Cäsar natürlich recht geben,was die Französinnen angeht...Obwohl Sophie Marceau... Abtanzen bis in den Morgen...vielleicht ja wirklich demnächst im 1.Stock.
wie immer ganz unbelastet von Musikwissen: sailorgirl

Anonym hat gesagt…

Bei den Szenen wünschte ich mir 20 Jahre jünger und an diesem Ort gewesen zu sein.
Nun ja, das Internetcafe schließt gleich ich muss nun zurück ins Seniorenheim. Seufz ...
By the Wayy & WTF - wo bekommt ein Nichtkenner der Szene die genannten "Spoonfulls" her? :-(

Andre

Anonym hat gesagt…

Danke Cheffe wegen dem Hinweis - hab direkt ein bisschen was geordert und muss dann mal wieder den CD-Player abstauben :-)