Dienstag, 21. Oktober 2008

Abt.: Deep Soul Take Me To The River A Southern Soul Story 1961-1977 „A“ und nicht „The“ Story Of Southern Soul ist diese 3-CD-Box untertitelt. Also ein Versuch, die Geschichte dieser Musik zu erzählen. Denn wer kann schon für sich in Anspruch nehmen, bei der Vielzahl von Songs, die zwischen 1961 und 1977 (der Zeitraum, dem sich Take Me To The River widmet) aufgenommen wurden, die definitive Version zu schaffen?!? Aber die Sammler und Jäger von Ace/Kent sind ganz nahe dran, denn sie sind seit Jahrzehnten mit dem Herz dabei. Und das ist hier von vorne bis hinten zu spüren. Und so kompilieren sie hier ziemlich chronologisch 75 Songs mit Juwelen von legendären Labels wie Stax, Hi, Dial, Excello und Studios wie Muscle Shoals, Criteria, Fame und Broadway Sound/Quinvy. Dazu gruben sie nicht ultratief, denn diese Box ist nicht für Digger (obwohl sich trotz allem einige Raritäten finden), sondern für den Fan dieser Musik. Und die Geschichte von Southern Soul kann man eben ohne The Dark End Of The Street, When A Man Loves A Woman oder If Loving You Is Wrong nicht erzählen. Zwischen diesen (wahrscheinlich) bekannten Tunes tummeln sich aber reichlich kleine Geschichten, die auch ein Southern Soul Enhusiast wie ich nicht kannte. Und oben genannte Tunes sind zudem völlig verschleißfrei. Während Motown sich vor allem an die weißen Teenager und jungen Erwachsenen wandte, mit Songs, in denen es um schmachtende Blicke ging, war der Southern Soul für Grown Ups. Hier ging es um reale Liebe, um betrügen und betrogen werden, um in kleine Stücke gebrochene Herzen, um Sehnsucht, körperliches Verlangen, um Seelenpein. Und das wurde musikalisch auch so rübergebracht, nicht antiseptisch clean, sondern verschwitzt und erdig, eingespielt von ebenso schwarzen wie weißen Musikern. Und das in Zeiten, als die Rassentrennung im Süden der USA für Aufruhr und Hass sorgte. Großartige Gitarristen (von Duane Allman bis Bobby Womack), beseelte Rhythmusgruppen, pechschwarze, gospel-geschulte Backgroundstimmen, kurze Bläsersätze und später auch ein paar Streicher. Dazu durchleidet ein Sänger die 3 Minuten wie der sprichwörtlich geprügelte Hund, der droht, an dem Schmerz in genau diesem Augenblick zu Grunde zu gehen. Ob die Stimme nun anklagt oder verteidigt ist egal, das geht ohne Umwege direkt dorthin, wo es weh tut. Knapp 90 % der Tunes hier werden von Männern gesungen, eine Handvoll Frauen (Aretha Franklin, Etta James, Gwen McCrae, Millie Jackson etc.) beweist aber eindrucksvoll, daß Herzschmerz keine Männerdomäne ist. Das Verhältnis von schwarz zu weiß ist 73 zu 2 – die einzigen Bleichgesichter, die es geschafft haben sind Eddie Hinton und Charlie Rich. Letzterer liefert allerdings mit When Something Is Wrong With My Baby ein absolutes Highlight ab. Welch ein Song, welch eine Version! Das Tempo ist fast durchgehend schleppend, nur selten wird das Tempo angezogen oder gar Dancefloor-kompatibel. Bei Balladen lässt es sich eben besser leiden. Und gelitten wird hier ohne Unterlass. Wer sowieso unglücklich verliebt ist, der wird sich in jeder Zeile wiederfinden und muß zwangsläufig die Dosis verringern. Verpackt ist Take Me To The River in ein Hardcoverbuch (im Pappschuber), in dem Platz ist für die drei Discs und ein 72-seitiges, natürlich durchweg 4-farbiges Booklet. Dort finden sich die wie gewohnt extrem kenntnisreichen Track-by-Track-Notes, in denen der Fan sein Wissen erweitern kann und erfährt, daß die Kreativität von Bobby Womack wegen einer „self confessed `appreciation´ of Bolivian marching powder“ schwer zurück ging. Alles in allem ist Take Me To The River das erwartete Wunderwerk. Mehr Gefühl in 75 Songs geht nicht. Und besser wird das in meiner Zeit keiner mehr machen. Deshalb: Take Me To The River ist „The Southern Soul Story“ und ein wundervolles Dokument einer ganz tief ins Herz gehenden, einzigartigen und großartigen Musik. Jahrzehnt-Charts. Ganz oben. (R-man) 3-cd

14 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

kommt auf meinen weihnachtswunschzettel.

Anonym hat gesagt…

ich finde es ja schön intim, dass wir uns unsere comments selbst schnitzen. eventuell können wir uns das mit dem blog auch schenken und ich schreib dir privat, was ich so auf dem teller habe? ist auch weniger stressig. -r-man

Anonym hat gesagt…

Nix da, ich bin auch noch da. Aber das mit dem Weihnachtswunschzettel, das war auch mein erster Gedanke, andererseits: Warum so lange warten?
f-stone

Anonym hat gesagt…

waren wir nicht mal auf platz 5 der rolling stone charts in sachen online-medien?

Anonym hat gesagt…

Yep, für Weihnachten vorgewünscht.

Anonym hat gesagt…

ja joe, waren wir. aber ruhm ist vergänglich. wir gehören jetzt zu den has-beens... naja, machen wir was anderes. wie wäre es mit einer eisdiele? -R-man

Anonym hat gesagt…

ok, Eisdielengründen im Oktober finde ich eine tolle Sache, hat so was herrlich antizyklisches. Einrichtung im Stil der späten 50er und frühen 60er. Und was kommt in die Jukebox? Vielleicht etwas "Southern Soul", wobei wir wieder elegant beim Thema wären.
f-stone

Anonym hat gesagt…

nene, schön so weitermachen!
bedenke! bei einer eisdiele verdient die familie immer mit...
BadaBing!

Anonym hat gesagt…

auch auf meinen wunschzettel gehört die südstaaten soul geschichte, aber da sollten doch auch die "sweet soul music" cds rauf... soul passt zwar definitiv gut zu weihnachten, aber wäre das nicht dem guten zu viel?! und gibt es womöglich zu viele überschneidungen?! muss meinen wunschzettel nochmal in der eisdiele überdenken...

Anonym hat gesagt…

hey knut - machen wir dieses jahr wieder einen weihnachtssampler?

Anonym hat gesagt…

...oha!

Anonym hat gesagt…

...ich glaube, r-man muss erst mal die vom letzten Jahr verkaufen...

Anonym hat gesagt…

und wenn wir uns selbst was schenken?
ich les immer noch mit, bin vielleicht bei den comments etwas passiver geworden (zeitmangel), aber selbst wenn ne eisdiele ne tolle idee ist, lasst sbs blos nicht sterben!

Anonym hat gesagt…

was ist denn mit euch los? midlifecrisis? Eisdiele könnt ihr auch noch machen, wenn ihr mal 40 seid.

Ernsthaft: auch ohne comment les ich natürlich ebenfalls alle paar Tage mal rein, -- so wie die vielen Hundert anderen halt auch. Also nix da, aufgeben gilt nicht!
fat fred