Konsens-Rocker:
Tom Petty
Gibt es jemanden, der Tom Petty nicht mag? Kann ich mir gar nicht vorstellen. Man muss ja kein beinharter Fan sein (kann ich mir auch nicht richtig vorstellen), aber der Typ ist schon ein Guter. Und in fast jeder größeren Plattensammlung wird sich die eine oder andere seiner Scheiben finden, schon weil er über all die Jahre (mittlerweile über 30) eben so kontinuierlich und beständig gearbeitet hat. Und weil der Platz zwischen Byrds und Springsteen eben von niemandem besser besetzt wird.
Auch bei mir stehen einige Vinyle im Schrank, genau genommen alle Scheiben bis zum 1991er Longplayer „Into the Great Wide Open“. Diese acht Alben (den Live-Mitschnitt „Pack Up the Plantation“ schenke ich mir hier) habe ich jetzt nach längerer Zeit mal wieder durchgehört, wie immer auf der Suche nach shake baby shake- wenn nicht sogar spoonful-tauglichen Songs. Allzu optimistisch war ich diesbezüglich nicht, aber wir werden sehen.
1976 Tom Petty & the Heartbreakers
Mein zweitliebstes Petty-Album, hier noch unglaublich frisch und unbekümmert, wie ein zeitgemäßes Update des etwas abgestandenen Byrds-Rickenbacker-Sounds. Der Stil ist Rock’n’Roll, der Hit des Albums heißt „Breakdown“ und ist ein smoother Downtempo-Burner zwischen Blues, Funk und Soul. Zum Tanzen zwar schon arg langsam, der Song funktioniert aber immer. Habe ich als Video in einer Version von 1985 gefunden, das Publikum wirkt doch recht enthusiastisch.
Der andere Hit war der leidliche Chartserfolg „American Girl“, bis heute nicht totzukriegen und mit seinem flotten Shuffle-Beat und leichten Motown-Anklängen absolut partytauglich.
1978 You're Gonna Get It!
Für mich ein Rückschritt: solider, aber altbackener Rock auf Springsteens Spuren, ohne echtes Highlight – zumindest für den DJ. Einigermaßen Rockdisco-tauglich ist noch das boogiemäßige „I Need To Know“, mehr finde ich hier aber nicht.
1979 Damn the Torpedoes
Reden wir nicht lange drum herum: sein Meisterwerk. Nach der relativen Orientierungslosigkeit des Vorgängers hier wieder mehr auf die Byrds-Karte setzend, dazu gleich eine ganze Handvoll echter Songklassiker: „Refugee“ vielleicht sein allerbester, selten klangen Orgel und Gitarre gemeinsam so gut, auch Toms nasaler Gesang entfaltet sich hier wie noch nie. Kann man im Rock-Kontext problemlos auflegen. Ich mag auch „Here Comes My Girl“, allein schon wegen der perlenden Rickenbacker-Gitarre. Schaut mal hier. Insgesamt ein enorm sonniges und upliftendes Album.
1981 Hard Promises
Und jetzt war Tom Petty richtig im Flow: dieser Longplayer bietet mit “The Waiting”, „A Woman In Love“ und „Insider“ einige der besten Petty-Songs, die dem DJ allerdings nur bedingt weiterhelfen. Schon interessanter ist da „Nightwatchman“ mit einem leicht sumpfigen, untertourigen Funk-Groove und fetter Slide Guitar. Da könnte mehr draus werden.
1982 Long After Dark
Objektiv ein kleiner Rückschritt, weil sich hier ein paar unangenehme New Wave-Elemente (sprich Keyboards statt E-Piano und Orgel) einschleichen, manches erinnert mich an die immer zu slicken Cars, die damals ja gut im Geschäft waren. Dennoch gibt es hier feine Songs, vor allem die Single „You Got Lucky“ mit ihrem verschleppten Groove habe ich damals doch ziemlich oft und gerne gehört. Zum Tanzen findet man hier aber kaum was Taugliches.
1985 Southern Accents
Interessantes Album: sehr traditionell-oldschooliges Cover-Artwork, aber einige Songs mit David A. Stewart von den Eurythmics produziert. Und zwar bewusst funky, aber irgendwie zu happy-go-lucky, wie nicht nur dieses ausnehmend scheußliche Video zu „Make It Better (Forget About Me)“ dokumentiert.
Da können zwar auch taktlose Arhythmiker drauf tanzen, aber die Musik ist zu schwach. Besser ist „It Ain’t Nothin’ To Me“, trotzdem ein eher bemühter Versuch, auf den Spuren des damals noch sehr erfolgreichen Prince zu wandeln. Ist mir zu plump.
Aber auf diesem Album findet sich doch noch eine kleine Perle: „Spike“, ohne Stewart, dafür in bester „Breakdown“-Tradition. Laidback, bluesig und trotzdem funky, ein bisschen wie JJ Cale mit E-Piano. Kann man zu später Stunde problemlos auflegen.
1987 Let Me Up (I've Had Enough)
Zu dem Album habe ich keinen richtigen Zugang gefunden. Es rockt solide, bietet aber nichts Neues und leider auch keine herausragenden Songs. Es musste etwas passieren.
1989 Full Moon Fever
Und das geschah dann auch: Aus der Travelling Wilburys-Connection (mit Roy Orbison, George Harrison und Bob Dylan) griff sich Tom Petty ELO-Mastermind Jeff Lynne als Producer – ein gewagter Schritt, der sich aber auszahlte. Beatles-Jünger Lynne entwarf ein ebenso poppiges wie unwiderstehliches – vor allem auch verkaufsfähiges neuen Sound-Design, was als Konzept auch deshalb aufging, weil die Songs hier einfach Klasse haben: vor allem „I Won’t Back Down“, „Runnin’ Down A Dream“ und sogar das Byrds-Cover „Feel A Whole Lot Better“ gehen immer. Vom Format-Radio mittlerweile zwar ziemlich totgedudelt, aber trotzdem gut.
1991 Into the Great Wide Open
Weitgehende Kontinuität zum Vorgänger, wieder mit Jeff Lynne at the Controls. Allerdings ohne die zwingenden Uptempo-Hits, dafür aber mit eher entspannten Pretiosen wie „All Or Nothin“.
Für mich war es ein lohnender Rückblick auf lange nicht mehr Gehörtes, insgesamt doch sehr bodenständiges Zeug. Die lobend erwähnten Uptempo-Nummern kann ich mir im shake baby shake-Kontext sehr gut vorstellen, meinen Favourite „Breakdown“ werde ich bei nächster Gelegenheit im Spoonful-Kontext präsentrieren, auch auf die Gefahr hin, mich gnadenlos zu blamieren. (Whirlyjoe)
11 Kommentare:
Mit 'Breakdown' kann man sich nie und nimmer blamieren, Joe - einer meiner All Time Favourites! Mit Petty schneidest du bei mir - wie schon bei Steely Dan - ein derzeitiges Lieblingsthema an. Durch den grandiosen Auftritt beim Super Bowl hab' ich mich da nochmal dran begeben. Sein countryfiziertes Wildflowers-Album, aus der Zeit der American Recordings mit Johnny Cash, ist übrigens auch noch ein echter Burner ...
Für meinen Geschmack gehen Jeff Lynne-Produktionen mit ihrem fürwahr ekligen Bummbatsch-Schlagzeug GAR NICHT. Auch nicht die besagten Tom Petty-Platten. Und ja, die beste Tom Petty ist auf ihre Art die zweite Johnny Cash American Recordings. (Die ist aber natürlich nur bedingt tanzbar:))
habe zwar I Won't Back Down auch recht angenehm im Ohr, aber Jeff Lynne und sein Sound kann ich auch nix abgewinnen. War gerade mal bei einem Antik-Flohmarkt und habe nichts geschossen. - R-man
ich bin ja heimlicher elo-verehrer, muss ich zugeben. was lynne aus petty - zum richtigen zeitpunkt - rausgeholt hat, finde ich schon sehr gelungen. die ganzen späteren platten gingen dann komplett an mir vorbei. countryfiziert klingt aber mal vielversprechend.
...ach Whirly, auch da ergänzen wir uns mal wieder: Dank meiner damaligen Angewohnheit nur aktuelle Veröffentlichungen zu kaufen habe ich Tom Petty's Spätwerk nahezu komplett.
Die letzte Petty 'Highway Companion' hat übrigens wieder Herr Lynne produziert.
...und das sogar sehr gut!
(ELO mag ich ja garnicht!)
mal einen Tipp:
die neue Petty DVD/CD "Running down a dream" ist sowas von klasse .
Der biographische Film (2 DVD)ist informativ, unterhaltsam, spannend und umspannt Petty´s ganze Karriere. Die DVD mit der Show ist sehenswert, ob man jetzt "best of´s" mag oder nicht, der Mann hat was zu bieten. Und die CD ist ne nette Ergänzung/Komplettierung.
Es liegt mir sehr fern Werbung zu machen, aber ein guter Tipp für Neueinsteiger, Wiedersucher oder All-Time-Fans ist es allemal
Peter HtH
Hi Whirly, war heute beim Skifahren und sehe deinen Beitrag erst jetzt. Hätte ich auf sbs ja nicht unbedingt erwartet, eine Würdigung von T.P. Finde ich aber toll!
Ich mag ihn ja auch sehr. Mit den Wave angehauchten Aufnahmen (du hast's erwähnt) in den 80ern habe ich so meine Mühe. Das Frühwerk und dann wieder ab den Lynne Produktionen finde ich ihn wirklich Klasse. In der Neuzeit gab es aber leider wieder den einen oder anderen Ausfall. Das bereits von busch-man empfohlene Wildflowers-Album solltest du dir, allerdings nicht aus DJ-optik, schon etwas genauer anhören. Rick Rubin sitzt hier an den Reglern. Und der hat ja schon aus anderen alles rausgeholt! Ziemlicher Kontrast zum Kitsch und Bombast von Lynne, aber laid-back und gemütlich. Etwas für den Sonntagmorgen?
bluetwang
hab ich es doch immerhin geahnt: petty ist schon konsensfähig.
peter: die petty-dvd hast du schon zweimal lobend erwähnt, ist mir schon aufgefallen und hat mich auch zum wiederhören animiert. vielleicht kann ich das ding ja mal von dir ausleihen?
Ja, Whirlyjoe,
Tom Petty ist schon klasse.
Du solltest auch sein Spätwerk nicht verschmähen. "Wildflowers" (eine seiner Besten), "Echo", der Soundtrack zu "She`s the one" und auch die vielgescholtene "The Last DJ" bieten einige Höhepunkte.
Nur die von Jeff Lynne produzierten Werke könnten so viel besser sein, wenn sie z.B. von Rick Rubin produziert worden wären. Lynne hat sich als Weichspüler einen unrühmlichen Namen gemacht.
Und warum hast Du im Zusammenhang mit den Byrds von "abgestandenen Byrds-Rickenbacker-Sounds" gesprochen ? Ich denke, sie sind eine der wichtigsten Bands der Pop-Geschichte. Ohne Byrds gebe es sicherlich auch nicht den Tom-Petty-Sound in dieser Form.
Schöne Grüße
Heino Walter
yo heino,
das spätwerk habe ich nicht verschmäht, das blieb eher irgendwie auf der strecke, so viel anderes zeug zu hören...
in sachen byrds sind wir uns völlig einig, das war nur so gemeint, dass es schon fragwürdig ist, ende der 70er noch immer zu versuchen, wie die byrds zu klingen. wobei das manche bands ja bis heute sehr gut hinkriegen - wie die beachwood sparks oder auch the church in ihrer blütezeit. petty gefällt mir halt als er selbst am besten.
Ende der 80er Tom Petty & the
Heartbreakers in der Grugahalle
in Essen - eines der besten
Konzerte überhaupt ...
wer auch auf Live-Mitschnitte
steht, sollte (wie bei anderen
Künstlern auch) die DVD von
"Sound/Stage" wählen - Bild &
Ton vom Feinsten ...
ansonsten kann man sich dem
bereits genannten Lobeshymnen
nur anschließen - axel
PS: auch geil in "Postman"
mit Kevin Costner ...
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