Donnerstag, 15. November 2007

Northern Soul
Die wegweisenden Clubs
in 4 Volumen


Es gibt ja diverse Northern Soul Compilations, aber nun erschien eine kleine Serie, bei der sich jede CD einem der vier wegweisenden Northern Soul Clubs und dem speziellen Sound widmet. Zuerst einmal eine Begriffsdefinition, geschrieben von Jonathan Fischer und geklaut aus der Süddeutschen Zeitung:

Northern Soul: Als der englische Journalist Dave Godin in den sechziger Jahren den Begriff prägte, da ahnte noch niemand, dass diese in Nordenglands Clubszene gefeierte Spielart schwarzer Musik einmal zum weltweiten Phänomen avanciert und aus ihrem Umfeld stilprägende Musiker (Paul Weller) und DJs (Gilles Peterson) hervorgehen. Dann aber, warum auch nicht? Schließlich gilt der Allnighter als Urmutter aller Raves: Der Sprachreinhalter möge es uns verzeihen, also, der Allnächtige aller Raben zelebrierte regelmäßig einen Gottesdienst, bei dem die Nordseelen-Jünger zu Platten tanzten, wobei gerade abwegiges, vergessenes und seltenes Seelenfutter besonderes Flügelschlagen auslösten. Je rarer umso kräh. Vorausgesetzt die Songs hatten das richtige Up-Tempo, Hoch-Tempo - Motown-verwandte Beats und euphorischen Schmiss. Schmiss, das kennt man ja.

DJs reüssierten als Stilprediger: In der Folge konnten Allnighter-Favoriten, die in Amerika nur in einer Auflage von tausend Stück veröffentlicht worden waren, in England plötzlich zehn- bis hundertmal so viele Nachpressungen verkaufen, füllte so manches One-Hit-Wonder aus Chicago dank Northern Soul in Manchester ganze Hallen.Bassist Verdine White von Earth, Wind & FireFoto:apViel Geheimniskrämerei umgab die DJs und ihre Koffer: Was einmal im Fernsehen oder Radio lief, war für diese Szene meist gestorben, dafür ließen sich Fans gerne mit seltenen Singles fotografieren. Der ganze Mythos des Northern Soul speiste sich aus einer trotzigen Ausschluss-Haltung: Wir graben tiefer. Wobei graben "dig" heißt und "dig" neben "graben" eben auch "lieben". Und nur wir kennen uns aus. So konnte die Musikindustrie nie von dieser Bewegung profitieren, oder gar die Subkultur der meist aus der Arbeiterklasse stammenden Northern-Soul-Fans unterwandern.

Lange undenkbar - nun sind alle auf vier CDs versammelt: Die entscheidenden Songs, die Clubs wie The Twisted Wheel, The Golden Torch, Blackpool Mecca oder das Wigan Casino zu wochenendlichen Wallfahrtstempeln machten. DJ-Veteran Ian Dewhirst hat die Auswahl getroffen: Nach Clubs geordnet zeigen die vier CDs auch eine Entwicklungsgeschichte des Northern Soul. In Manchesters Twisted Wheel wurde seit 1963 zu Uptempo-Rhythm'n'Blues von Major Lance, James Carr und Larry Williams getanzt. Anfang der siebziger Jahre übernahm das Golden Torch in Stoke-On-Trent die Führung: Neben die alten Little Richard-Nummern traten zeitgenössische Singles von Philip Mitchell bis zu The Trammps.

Als Jahre später die DJ-Teams des Wigan Casinos und Blackpool Meccas konkurierten, hatte das Northern Soul-Universum seine größte Ausdehnung erreicht. Selbst Van McCoy, Earth Wind & Fire und Gil Scott-Heron durften auf den Plattenteller - neben Paul Anka und Taj Mahal. Alles ging, sofern es in das Beat-Schema passte. 1978 wurde das Wigan Casino vom Billboard Magazin zum "besten Club der Welt" gewählt: Die auf diesen CDs versammelten Songs können, in der richtigen Lautstärke abgespielt, noch heute vermitteln, warum. (JONATHAN FISCHER)

Northern Soul Story
Vol. 1/Twisted Wheel

Das Twisted Wheel in Manchester öffnete 1963 als Cafe und Beatnik-Hangout in der Brazenose Street seine Tore, zog in die Whitworth Street und wurde zum Nightclub umgebaut und fortan von Mods frequentiert. Roger Earle war der erste Star-DJ. Gespielt wurde damals Jazz und Chicago Blues, später dann die britischen R&B-Bands wie Zoot Money, Long John Baldry, Alexis Korner etc. Der Laden besaß keine Alkohollizenz, aber trotzdem war der samstägliche Allnighter ein Pflichttermin. Es gab ja Pillen und wer Bier brauchte, ging in den White Heart Pub um die Ecke. Später traten durchweg schwarze Soul-Künstler auf (Joe Tex, Junior Walker, Bob & Earl etc.) und der Club war der erste, der Platten aus den USA importierte. Gegen Ende dominierten die Motown-Hits. 1971 mußte das Twisted Wheel wegen Drogenmissbrauch seine Türen schließen. Das Wheel war die Geburtsstätte des Northern Soul und hatte zeitweise 15.000 Mitglieder.

Unter den 25 Tunes dieser von Ian Dewhirst zusammen gestellten CD finden sich Kracher wie Ride Your Pony (Lee Dorsey). That's What I Want To Know (James Carr), Shake A Tail Feather (James & Bobby Purify), Soul Time (Shirly Ellis) und weitere Kracher. (R-man)

cd

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hier gibt es ein sehr schönes Jonathan-Fischer-Portrait von dem bayerischen Schriftsteller und Musikliebhaber Franz Dobler. Krasser Typen ...

http://www.franzdobler.de/artikel/archiv/jonathan_fischer.htm

Anonym hat gesagt…

Hier nochmal der Link:

http://www.franzdobler.de/artikel/archiv/jonathan_fischer.htm

Anonym hat gesagt…

Na, das klappt aber gut ...