Donnerstag, 20. September 2012


Abt.: More Bass!
Lee “Scratch” Perry & Friends
Disco Devil/The Jamaican Disco Mixes


Wie das Leben so spielt. Ohne meine tägliche Dosis an jamaikanischer Musik gehe ich nicht ins Bett. Am liebsten natürlich Rocksteady und early Reggae bis zirka 1972. Als ich neulich aber an einem Ikea Möbelstück schraubte, habe ich die Studio One Disco Mix CD reingeschoben, die Soul Jazz vor Jahren veröffentlichte, und mich am Erfindungsreichtum jamaikanischer Produzenten erfreut. Und keine 12 Stunden später stolperte ich im www über die Lee Perry Doppel-CD-Sammlung, die offensichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit frisch erschienen ist. Und zwar auf Trojan, das nun im Hause Universal vor sich hindümpelt und scheinbar nur noch ein 1-Mann-Unternehmen ohne jegliche Promotionhilfe ist. So kann‘s gehen. Jedenfalls: Disco Devil (eine Version von Max Romeo’s gigantischen Chase The Devil), der Titeltrack von Lee „Scratch“ Perry ist dabei einer meiner absoluten Favoriten, also war die Freude groß!


Und jetzt mal keine Angst vor dem Wort Disco! Im Prinzip haben die Jamaikaner in der zweiten 70er Hälfte nur die Erfindung der 12“-Maxi aufgegriffen, um die ursprünglichen 3-Minuten Tracks mit der Version auf eine 12“ zu pressen, damit beim Soundsystem stramm durchgetanzt werden konnte. Die Version war meistens der Dub, der zuvor auf 7“-B-Seite zu finden war, manchmal gepaart mit DJ-Toasting. Auf jeden Fall sehr oft sehr abgefahren und weit davon entfernt, irgendeinen Rhythmuspart endlos zu wiederholen (wie bei den US Maxis). Die Pressungen hielten sich im überschaubaren Rahmen, wahrscheinlich wurden größtenteils Kleinauflagen für die Sound Systems und Dancehalls gefertigt. Yep!
Und nun zu Disco Devil: Bombe! Bässe! Roots Reggae durch den Discowolf gedreht! 18 lange Tunes, die Lee Perry zwischen 1977 und `79 für den Tanz hinschraubte. Und Lee Perry war der Meister dieses Fachs, wobei der spezielle Sound seines Black Ark Studios zur Einzigartigkeit beitrug. Was der Mann dort mit minimaler Ausrüstung zauberte war so radikal, dass Lloyd „Bass Culture“ Bradley ihn den „Salvatore Dali des Dub“ taufte. Scratch sagte selbst über sein Equipment: „It was only four tracks written on the machine, but I was picking up twenty from the extraterrestral squad...“. Ob nun Max Romeo, Junior Murvin, The Congos oder die Heptones ist egal. Das hier ist ein durchgängiger Trip in eine ganz eigene musikalische Sphäre. Auf Basssssswellen wirst du dorthin transportiert und verbringst 140 wunderbare Minuten an einem anderen Ort. Und wenn die vorbei sind, dann werden deine Augen leuchten und die ersten Worte werden sein: „Mehr Bass!“ (R-man)

PS: Ist wie gesagt unter dem Radar veröffentlicht worden und als Doppel-CD nicht mal teuer!

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