Dienstag, 17. Februar 2009

Bericht aus Berlin Soul Power auf der Berlinale 2009 Im Overkill an Berlinale-Filmen kann sich der geneigte Musikfreund ab und wann gute Musikdokus herauspicken, die erst ein Jahr später auf DVD erscheinen oder auf Arte zu sehen sind. In den letzten zwei Jahren gab es u.a. Scott Walker 30th Century Man, Arthur Russell World Combination, Patti Smith Dream of Life. Highlight dieser Berlinale war Soul Power, eine Doku über das von Boxpromoter Don King organisierte Festival in Zaire 1974 parallel zum WM Fight Ali-Foreman. Seine Idee war es, ein Soul-Woodstock in Afrika zu veranstalten, ein Comeback to Africa. Das Beste vom Besten an schwarzer Musik diesseits und jenseits des Atlantiks sollte an drei Tagen zelebriert werden. Das Line Up war auch phantastisch: aus den USA James Brown mit den kompletten Allstars, Bill Withers, BB King, Sister Sledge, Spinners, Crusaders, ein 30-Mann-Orchester der Fania Allstars mit Celia Cruz und Ray Barretto; vom afrikanischen Kontinent dabei: Hugh Masekela, Miriam Makeba, Manu Dibango und diverse Bands aus Zaire. Compiliert hat das ganze Jeffrey Levy-Hinte, Cutter des Ali-Streifens When We Were Kings. Es gibt wunderbare Aufnahmen von Kinshasa und Umgebung: vom traditionellen Leben auf dem Lande bis zu den Straßenmusikern in hippen 70er-Jahre Klamotten, die elektrisch verstärkt auf einer Verkehrsinsel spielen. Eine Idylle im Vergleich zum heutigen Kongo der Warlords. Begleitet werden die schwerreichen Soulstars, die zum ersten Mal in Afrika sind, auf Touristen-Safari. Die unfreiwillige Komik ist schon beinahe rührend. Dazu gibt es Black Power Bonmots und Sparring Fights eines Ali in Bestform. Unfassbar ist das Gelingen des Festivals an sich: Man hat das teuerste Equipment aus LA ins zentrale Fußballstadion an den Äquator verfrachtet und in wenigen Tagen aufgebaut. Bild und vor allem der Sound sind unglaublich. Die besten Live-Aufnahmen von James Brown (mit Schnauz! 1974) und Allstars, die ich je gesehen und gehört habe. Sein Funk klingt exakt nach modernem Afrobeat, hätte auch Fela Kuti mit Tony Allen sein können. Bill Withers bringt eine ergreifende akustische Nummer, Miriam Makeba den Click Song. Natürlich gibt’s auch sehr viel Backstage-Gewusel zu sehen (BB King stellt in gefühlten 10 Sekunden seine Setlist zusammen, James Brown in der Garderobe, während des ganzen Films sehr gesprächig und in bester Laune!), aber am schönsten sind die Nahaufnahmen des afrikanischen Publikums, das höchstwahrscheinlich zum ersten Mal ein Soul Concert sieht und hört. Der Ausdruck in den Gesichtern sagt einfach alles.
Der bei der Premiere anwesende Regisseur („It sounds much better than Wattstax“) sucht schon seit Jahren einen Geldgeber, um das ganze Festivalmaterial in einer DVD-Box zu veröffentlichen. Das wäre ein Traum. (An-Dread)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dass es dort "eine Idylle im Vergleich zum heutigen Kongo der Warlords" gab, wage ich dann aber doch leicht zu bezweifeln. Das Land litt zu dieser Zeit bereits schwer unter der blutigen & grausamen Diktatur Mobutus ...

Anonym hat gesagt…

muss natürlich berlinale 2009 heissen, an-dread wies mich noch darauf hin. habe ich vergessen zu ändern. auf jeden fall mal wieder herzlichen dank an unseren umtriebigen berlin-korrespondenten.

Anonym hat gesagt…

@busch-man:
Claro, Mobutu ist auch in diesem Film allgegenwärtig, die politischen Zustände in Zaire 1974 werden durchaus nicht ausgeblended. Um so wahnsinniger war ja auch die Idee, dort solch ein Festival (und den Boxkampf) aufzuziehen, gleich einer Invasion von US-Aliens, ein culture clash wie er im Buche steht. Wie beschrieben, die Musiker gaben jedenfalls(auch außerhalb des Festivals)alles. Ein interessanter Soundtrack zur Zeitgeschichte.
An-Dréad

Anonym hat gesagt…

Völlig klar An-Dréad; sollte bloß eine winziger Kritikpunkt an deinem ansonsten hervorragenden Artikel sein.

Es existiert übrigens ein grandiose Bootleg von der Show "James Brown live in Zaire", welches Steinski dunnemals auch zum JB-Gedenken bei 'Beats in Space' aufgelegt hat. Besser war der gute Mann auf der Bühne wahrscheinlich nie wieder. Unfassbar.

Anonym hat gesagt…

den boot gibt´s übrigens gerade hier:

http://rs774.rapidshare.com/files/209967510/jbz.rar

viel spaß!

keep on keepin´ on
maggothead