Montag, 7. November 2011
The Past and Future of Soul:
Charles Bradley and his Extraordinairies
Am Samstag fuhren wir motiviert nach Mannheim-Ludwigshafen zum ersten Konzert der aktuellen Tour von Daptone-Star Charles Bradley. Die etwas längere Anreise sollten wir nicht bereuen, denn wir wurden mit einem wahrhaft sensationellen Konzert belohnt.
Der Rahmen war eher uncool, aber entspannt: „Das Haus“ ist eine funktionale Mehrzweckhalle, die dann auch sehr ordentlich mit einem eher gesetzten Publikum gefüllt war. Die komplett weiße Band spielte dann zunächst im Stil klassischer Soul-Revues ein paar lässige Instrumental-Nummern und erwies sich dabei durchaus als so etwas wie eine zeitgemäße Neuauflage von Booker T & The MGs – mit Orgel, Gitarre, Trompete und Sax zur kompetenten Rhythm Section. Wer genau die Burschen waren, kann ich nicht sagen, die zuständige Label-Betreuerin von Daptone sprach aber von einigen Überschneidungen mit der famosen Menahan Street Band, was ich ihr gerne glaube. Egal – die Burschen spielten einen staubtrockenen Groove, funky, organisch, kraftvoll und extrem mitreißend.
Nach 15 Minuten kam Charles Bradley auf die Bühne und eroberte das zunächst etwas hüftsteife Publikum im Handumdrehen. Der Typ ist völlig umwerfend, knuffig und charmant, liefert eine prächtig altmodische Show und hat eine Stimme, die mich einfach umhaut. Ich durfte ja schon James Brown, Curtis Mayfield und Isaac Hayes live erleben, aber so viel Soul habe ich noch nie erleben dürfen. Die Showelemente mit Mikrofonständerkippen, theatralischem Zubodenwerfen und irren Tanzeinlagen ist natürlich klassische JB-Schule, aber der Typ bringt das extrem souverän und mitreißend rüber.
Und Bradley ist ein wahrhaftiger Soulman, stimmlich zwischen Wilson Pickett und James Brown. Bei aller Liebe zur theatralischen Show lebt er seine Texte mit Leib und äh, Seele. Tief emotional und oft den Tränen nahe, gibt er wirklich alles. Und als dann während des Konzerts auch noch sein 63. Geburtstag mit Torte und Gesangseinlage des Publikums gefeiert wurde, flossen dann echte Tränen über des Meisters Wangen. Zum Konzertende stieg er übrigens ins glückliche Publikum hinab, drückte zunächst ein paar Hände und fing schließlich an, fast jeden einzelnen Besucher zu herzen und zu drücken.
Das 90-minütige Konzert verflog leider viel zu schnell, zwischenzeitlich legte Bradley ein Päuschen zum Umkleiden ein, während die Band u.a. das unschlagebare „Take The Road By Walking“ der Menahan Street Band originalgetreu intonierte. Und auch Bradleys aktuelle Single, das Neil Young-Cover „Heart Of Gold“ gelang ganz prächtig. Dazu kamen natürlich alle Hits des fantastischen Daptone-Albums „No Time For Dreaming“.
Insgesamt war das ein grandioser Konzertabend und wahrscheinlich das Beste, was ich dieses Jahr live erleben durfte. Charles Bradley ist gleichzeitig die Vergangenheit und die Zukunft der Soul Music, genauso wie ansonsten wohl nur noch Label-Kollegin Sharon Jones.
Beim Merchandise konnte man übrigens diverse 7-Inch-Vinyle erstehen, mit Zeug von Bradley und auch der Menahan Street Band, was wir uns natürlich nicht entgehen lassen konnten.
Falls ihr die Möglichkeit habt, dann schaut ihn euch unbedingt noch live an – niemand wird es bereuen, das verspreche ich.
06.11.11, 21:00, Berlin - Lido
08.11.11, 21:00, Erlangen - E Werk
09.11.11, 21:00, Köln - Luxor
10.11.11, 20:30, Basel - Kaserne
Das Foto hat Ola gemacht.
(Whirlyjoe)
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1 Kommentar:
...Super Bericht
Erstklassig geschrieben...wie immer.
Besucht doch mal Unseren Blog.
funkdirektion.blogspot.com
Wäre super wenn Ihr eine Kritik
hinterlassen würdet.
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