Horace Andy, Lee Scratch Perry & Adrian Sherwood
@ Wassermusik Festival 09 Berlin HKW, 17.07.2009
Ein sehr schönes Open-Air-Event in Berlin ist das Wassermusik-Festival im Haus der Kulturen der Welt – direkt an der Spree, am Tiergarten, mit Blick von der Terrasse auf das Kanzleramt. Letztes Jahr war das Thema der Pazifik mit jeder Menge Tiki-Buden und Surf-Musik galore (u.a. Bambi Molesters), dieses Jahr wird hier der Atlantik präsentiert: also Reggae, Calypso (u.a. mit dem großen Mighty Sparrow) und Tango. Das Ganze geht über drei Wochen, gepaart mit Ausstellungen und Filmen aus der Region (u.a. Countryman), Konzerte immer freitags und samstags für pro Abend schlappe, subventionierte 10 Euro!
Also letzten Freitag trotz Unwetterwarnung auf dem Reggae-Showcase gewesen: Horace Andy mit mittlerweile ergrautem Bart und entsprechenden Dreadlocks, aber mit immer noch hoher Stimme, brachte ein souveränes Set seiner Hits. Beeindruckend wie viele Klassiker er doch geschrieben hat, inklusive seiner dargebotenen Massive-Attack-Tunes. Die Band kam zwar nicht immer mit und musste bei einigen Songs das Intro zweimal anspielen, aber dafür war es dann für den Meister auch perfekt. Ein dankbares Publikum erzwang diverse Zugaben.
Gespannt warteten alle auf das Perry-Sherwood-Set, da Konzerte mit dem mittlerweile 73-jährigen Wahl-Schweizer oft ein zweifelhaftes Vergnügen sind. Gerne hinken seine Gesangsdarbietungen und Improvisationskünste seiner manchmal mittelprächtigen Backing-Band hinterher. Als Zuschauer fühlt man sich dann eher peinlich berührt. Adrian Sherwood sollte es aber alleine richten, zunächst mit einem famosen Intro: der Chase-the-Devil-Riddim overdubbed mit dem Beatles-Vocal-Track von A Day in the Life. Genial! Dann kam die lebende Legende komplett mit Glitzerzeug und CDs beklebt samt Rollkoffer(!) auf die Bühne geschlichen und hangelte sich so – wie befürchtet – 90 Minuten durch sein Oeuvre, von Roastfish & Cornbread bis zu seinen letzten eidgenössischen Produktionen.
Aber wer jemals die Gelegenheit hat, Adrian Sherwood an den Decks zu erleben, sollte dies auf keinen Fall verpassen. Perrys Auftritt (über-)lebte vom Mix der Original-Tunes aus den 70ern bis in die 90er, superfein abgestimmt, immer wieder überraschend in der Abfolge, trotzdem wie aus einem Guss. Dazu gab es ein paar eingestreute Gimmicks mit dem elektronischen Schlagwerk an den Decks und stetes in sich gekehrtes Handclapping, um den Groove nicht zu verlieren, alles angenehm unprätentiös. Sogar während des eigenhändigen Abbaus seiner Anlage (trotz frenetischer Zugaben-Wünsche) blieb Sherwood souverän und droppte aus der hohlen Hand noch ein paar Tunes bis zum feierlichen Heart-of-the-Congos Abschluss: den Congoman. Erst dann brach das angekündigte Unwetter herein. (An-Dréad)
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