Orange Blossom Special 12
Die TageDas war was.
Best OBS ever, jedenfalls aus meiner Sicht. Für mich war es allerdings erst das fünfte Mal. Peter Felkel schreibt uns dieses Jahr leider keine seiner emotionsgeladenen Zusammenfassungen, der Mann ist im Stress - was man ihm aber zumindest beim OBS niemals anmerkt. Einen ausführlichen Konzertbericht hat wie jedes Jahr der gute Ulrich Maurer für
Gästeliste.de geschrieben - schaut mal rein, hier erfährt man alle Fakten, kriegt reichlich Fotos und diesmal auch ein paar Videos!
Letztlich finde ich das Konzertprogramm eigentlich immer gleich gut: die bekannten Namen rocken so gut, wie man das erwarten darf und die Newcomer überraschen oft auf ganzer Linie, so auch diesmal. Übers Wetter will ich nicht lange reden: konnte es besser kommen? Haben wir uns auch alle verdient, auch wenn die klassische Rindenmulchaura vor der Bühne schon ein wenig gefehlt hat. Statt eigenwilliger Gummistiefelmode diesmal also bleiche Waden zu Hotpants, gekrönt von teils kühnen Kopfbedeckungen, das alles mit etwas Sonnencreme ganz ohne Sonnenbrand zu überstehen. Einfach herrlich. Unter diesen Bedingungen kann man dann tatsächlich noch mehr und auch konzentrierter Musik hören, außerdem kann man guten Gewissens viel Trinken, empfiehlt ja jeder Arzt.
Entsprechend gut besucht waren die Bierausschänke und der bewährte K
ühlschrank backstage, ohne dass man in den drei Tagen ernsthafte alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu beklagen hatte, sieht man mal von einem bestimmten schwedischen Drummer ab. Sowas gehört eben auch zu einer gewachsenen Festivalkultur, wie auch die organisatorische Perfektion des Ganzen, das ja dann verdientermaßen doch noch ausverkauft war.
Daher gleich mein tief empfundener Dank an alle Macher und Malocher: der Sound war einfach perfekt, und zwar überall auf dem Gelände. Beim Bierholen musste man nie lange warten und alle waren immer so freundlich und gutgelaunt. Wie Christoph backstage das Catering und die Getränkeversorgung managt, ist einfach nur verehrungswürdig. Da wird tatsächlich das nachgefüllte Bier nicht sorglos oben in die Kühlbox gelegt, sondern ganz unten rein gepackt, dass niemand auch etwas Lauwarmes trinken muss. Er und sein Team sehen leider nur ganz wenig von den Konzerten, wie
auch Ingolf mit seiner Crew in der Merchandise-Garage - die Armen. Erwähnte ich schon die bequemen Kopfstützen an der Pinkelrinne? Gelebte, praxisnahe Innovation.
Unsere Anreise verlief wie fast immer aus Stuttgart: mit fettem Stau, diesmal Kassel statt Würzburg. War dann angesichts des besten OBS-Freitags seit Menschengedenken schnell vergessen. Nach herzlichster Begrüßung durch all die alten Freunde gleich mehrere ganz feine Bands auf der Bühne: die von Chrispop zurecht gehypten the Audience mit souverän schwankendem Sänger und sattem Indie-Disco-Approach, oder auch die nur scheinbar unpassenden Belgier von Girls in Hawaii, ein gelungener Tribute an das freitags ja immer etwas jüngere Publikum.
Samstag dann gleich in die Vollen trotz erster erlebter Nachtschicht im Stadtkrug: die frühen Biere sind beim OBS ja immer die besten. Meine Tages-Highlights: Rykarda Parasol mit hervorragendem Glitterhouse-Album im Rücken, optisch etwas stylish, vor allem ihre beiden Jungs an Bass und Gitarre waren schwere Poser, bei denen ich immer an Olli Schulzens letztjährige Satiren denken musste. Lustigerweise war dann aber die ganze Band dermaßen basisnah und die weiteren Nächte auch im Stadtkrug wild am Tanzen, dass es doch eine einzige Freude war.
Dann natürlich Michael Sheehy und die leicht umbesetzten Hired Mourners (jetzt mit Geigerin), diesmal völlig verdient zur Prime Time. Auch wenn die Musik nur selten richtig rockt, sind Michael und Pat einfach saucoole Rockstars mit Seele. Das Publikum war zurecht gebannt. Vom herrlich schrägen Scott Matthew sah ich leider nicht mehr viel, die Pflicht im Stadtkrug mahnte zum Aufbruch. Dort kommt man dann gerne erst bei Tageslicht wieder raus, erfreut über maßlose Tanzbegeisterung zu alten Hits, aber auch reichlich rarem bis seltsamem Rare Groove- und Spoonful-Zeug. K-Nut übernehmen sie.
Wer muss da schon schlafen? Sonntag um halbeins stand schließlich Mary Epworth (Ex-Hired Mourners) mit ihrer Band auf der Bühne. In der wärmenden Mittagssonne spielte sie einen schönen Set zwischen Folk, Soul und Blues, vielleicht wird sie ja mal die neue Holly Golightly? Als Zugabe dann eine schlicht atemberaubende Version von „Four Horsemen“ der ollen Aphrodite’s Child (feat. Demis Roussos!), neben mir stand ähnlich ergriffen der hartgesottene Musikexpress-Schreiber Peter Felkel und sprach aus, was auch mir gerade in den Sinn kam: genau das war der magische OBS-Moment 08 mit nachgewiesener Gänsehaut-Garantie. Wow. Am nächsten Morgen um vier im Stadtkrug trauten wir uns dann auch, Mary unsere Begeisterun
g kundzutun, was sie dann angesichts so enthusiastischer älterer Männer doch auch sehr rührte….
Nach Mary Epworth dann das einzige verpasste Konzert (Gisbert zu Knyphausen - selbst R-Man hat es gefallen), weil ich mit K-Nut dann doch noch das Frühstück bei unseren unschlagbaren Gastgebern Heike und Axel (legendärer SBS-Resident) nachholen wollte. By the Way: wenn man derart königlich residiert, kann das OBS ja nur super werden - ich habe die Unterkunftskarriere in Beverungen jedenfalls bis ganz nach oben geschafft: vom Campingplatz über das Hotel Kuhn und die Hochzeitssuite bei Schübeler nun in die Lauenförer Privat-Residenz, besser geht es nicht. Sagte ich schon danke?
Bis nachmittags halbvier dann mit kühlem Bier in der Hand die Weser entlang bis zum Festival spaziert um Scou
t Niblett zu sehen. Auf dieser immer schönen Wegstrecke trifft man übrigens regelmäßig Musikerprominenz in mehr oder weniger gelöstem Zustand, Michael Sheehy hielt sogar Zwiesprache mit der niedlichen kleinen Schafherde. Scout Niblett wurde von Rembert übrigens als eher schwierig und kantig angekündigt, war sie dann aber nur bedingt. Allein mit ihren Autoschlüsseln um den Hals, ihrer herrlich lauten E-Gitarre und dem beinahe komatösen Drummer (der aber Wumms hatte) entwickelte sich das für mich schönste Konzert des Festivals. Man muss sich da schon drauf einlassen, aber wenn man ganz vorne steht, Ca
t Power und Sylvia Juncosa mag und Althea & Donnas „Uptown Top Ranking“ auch ohne Reggae-Beat erkennt, ist man im Himmel. Später dann das vorgezogene Finale, als R-Man und Rembert sich The Great Crusades auf die Bühne holten, um AC/DC zu gröhlen und selbst die coole Rykarda mit aufs Schlagzeug drosch.
Apropos Moderation: R-Man und Rembert waren ja mal wieder so was von in Bestform, ich wüsste nicht, wie man angemessener durch ein solches Festival führen kann. Und der über drei Tage gestreckte Witz war diesmal wieder echt knorke. What else? Wir standen vorm Schrein und hatten alle keine Ahnung, um wen es sich handelt - auch der Hinweis mit dem Wifebeater-Shirt erschloss sich erst später. Der umfassend gebildete Peter Felkel wusste aber bescheid: Ike Turner war’s, der ja bek
anntlich den Rock’n’Roll erfunden hat.
Nochmal ganz heißen Dank an alle Macher, DJs, Gäste und Freunde aus allen Ecken Deutschlands, von der Glitterhouse-Crew vor allem Rembert fürs coole Programm und die souveräne Gesamtleitung (OBS muss weitergehen!), dazu natürlich auch dem Stadtkrug-Team um Barbara und Lothar, die wie niemand anders Extrem-Gastronomie mit Sonne im Herzen bewältigen. Chapeau.
Ach ja: die hübschen Bilder hat K-Nut gemacht, ein hervorragender Fotograf, kühner DJ und rundum guter Junge. Die leicht verwackelten sind von mir. (Whirlyjoe)