Sonntag, 27. November 2011

Reggae's Gone Country/Various Artists

Ein erstaunliches Projekt, das aber nur halb so kurios klingt, wie es zunächst vielleicht anmuten mag.
Zu verdanken ist es der Vizechefin von VP, dem größten Reggae-Label der Welt, die aus unerfindlichen Gründen ein beinharter Country-Fan ist.

Deshalb arbeitete jene Cristy Barber schon seit längerem an einem Fusion-Projekt, wofür VP nun mit Warner Music Nashville kollaboriert. Unter der Regie von Country-Bigshot John Rich (von Big & Rich), dem Singer/Songwriter Charlie Pennachio, dem legendären jamaikanischen Saxplayer Dean Fraser und VP-CEO Chris Chin entstand nun dieses Album, auf dem überwiegend jüngere Jamaica-Artists (aber auch große Namen wie Beres Hammond, Luciano und Freddie McGregor) klassische Country-Nummern von Jim Reeves, Patsy Cline, George Strait, George Jones, Roger Miller, Marty Robbins oder Eddie Rabbit singen.

Dabei treffen dann die entspannten Riddims von Sly & Robbie auf Pedal Steel und Fiddle, das Ganze im gut abgehangenen Format und tatsächlich problemlos miteinander fusionierbar.

(Whirlyjoe)

Freitag, 25. November 2011

Deep Street Soul – Look Out, Watch Out

Zwei Jahre nach dem schwungvollen Debüt der australischen Deep-Funker nun der Nachfolger nach ganz ähnlichem Strickmuster: orgeldominiert und beat-heavy, dabei doch ein gutes Stück dreckiger als ihre Landsleute von den Bamboos.
Was vor allem am scheppernden Schlagzeug-Sound von Sol Loco liegt, der die Band aus dem ansonsten ja eher gefälligen Booker T. & The MGs-Instrumentalband-Format herausholt und eher bei den Meters landen lässt.
Denn gesungen wird hier nur gelegentlich, dann aber gleich richtig beeindruckend. Nämlich mit heißen Soulstimmen von der neu entdeckten May Johnston, dazu Randa Khamis (von Randa & The Soul Kingdom) und Roxie Ray.

Die Eigenkompositionen der Band taugen, das Highlight auf diesem zweiten Album ist aber das saftige Cover von Viola Wills 69er-Hit „Sweetback“, hier kongenial von Randa gesungen. Macht insgesamt erneut dirty, raw & gritty Deep Funk from down under.

(Whirlyjoe)

Dienstag, 22. November 2011


Sivert Høyem & Harrys Gym - live im Luxor Köln 

Ist das Kölner Luxor am Wochenende keine ideale Konzert-Location, da dann zugunsten der Club/Tanz-Gäste gerne mal pünktlich um 19:00 angefangen wird und um 21:30 Schluss mit Live-Musik ist (mehrfach erlebt), kann man den Laden an Wochentagen durchaus empfehlen! 
Am gestrigen Montag gastierte Sivert Høyem, so manchem als die mächtige Stimme von Madrugada bekannt.

Das doppelte Instrumentarium auf der Bühne liess es erahnen: Vorprogram! Da kann einem ja zwischen großartigen Neuentdeckungen und nervigem Langweilertum so ziemlich alles passieren. Von Harrys Gym hatte ich zuvor noch nie gehört. Ich stand mit einem frischen Becks in der dritten Reihe und hatte also keinen Grund zur Flucht. Die Bühne betraten drei Herren und eine hübsche junge Dame in Rüschenbluse. Optisch erinnerte mich die Sängerin/Gitarristin an die bezaubernde Dawn Landes, stimmlich ging sie aber eher als Mischung von  Siouxsie und Karin Dreijer Andersson (The Knife/Fever Ray) durch.
Das ging von leicht verhuschtem skandinavischem Pop bis zu elektronisch unterstützten, druckvollen Rock-Grooves (großartiger Drummer), steigerte sich dem Ende entgegen, wirkte aber trotz meist doppeltem Synthie-Einsatz nie gekünstelt. Mein persönliches Highlight: Attic - das klang irgendwann wie Massive Attack auf Speed.
Also ein klarer Fall von gelungenem Einstand - das gefiel nicht nur mir!


Nach kurzer Umbaupause und Synthie-Intro zu leerer Bühne (das scheint wieder modern zu werden) erschienen Sivert Høyem und Band. ...und genau so stellte er sich nach eher sanftem Einstieg (Blown Away) vor: "Hello, my name is Sivert Høyem and this is my band." Die zweite Nummer liess dann aber gleich so einige Unterkiefer Richtung Fußboden klappen - ein heftiger Rocker mit eher herben Breaks und recht harten Gitarrenriffs. Und so verlief das komplette Konzert: ruhigere Passagen im Wechsel mit ziemlichen Brocken. Was alles bombenfest zusammenhielt: die wirklich beeindruckende Stimme dieses doch recht schlanken Herren. 
Dass Sivert Høyem gewohnt ist in Norwegen vor deutlich größerem Publikum zu spielen, liess er zwar nicht raushängen, aber so manches Rock-Star-Gebaren ist ihm wohl nicht völlig fremd. Insgesamt hinterliess er aber einen recht sympathischen Eindruck und zeigte gegen Ende sogar öfter, dass er auch gelöst lachen kann.

Ein Roadie war ständig damit beschäftigt nach nahezu jedem Song neue Instrumente anzureichen und bereits gespielte zu entsorgen. Wieviele Gitarren da letztendlich zum Einsatz kamen blieb unüberschaubar. 

Eines war dieses insgesamt wirklich sehr, sehr gute Konzert vor allem: Es war laut! Jeder Song, selbst die "romantischeren", wurde sehr druckvoll gespielt. Das Keyboard sorgte nur ganz selten für Untermalung, sondern war bevorzugt für strange Sounds und Effekte zuständig. So wurde The Kids Are On High Street aus dem Madrugada-Repertoire nicht mit dem Synth-Teppich der Studio-Aufnahme unterlegt, sondern mit drei Gitarren kräftig "durchgerockt". Ein Song begann gar mit einem wüsten Intro, wie ich es zuletzt auf dem Gang Of Four-Konzert zu hören bekam. Madrugada-Songs waren locker dazwischen gemischt, aber deutlich in der Minderheit.
Zwei großzügige Zugaben später beendete die Band um halb zwölf den Abend. Eine Gänsehaut-Soloversion (Sivert zur Akustischen) von Majesty und Vorstellung der Band-Mitglieder inklusive.
....und da mir meine alten Knochen furchtbar weh taten, bin ich alter Depp nach hause ohne am stark bevölkerten Vinyl-Stand vorbeizuschauen - worüber ich mich schon während der Heimfahrt geärgert habe.


(K-Nut)

Montag, 21. November 2011

Other Lives am 10.11. im Blue Shell, Köln.

Nachdem sich die Sportfreunde R-man und K-Nut ja beim RS Weekender mit den Other Lives eher schwer taten konnte ich die Band kurz vor Sessionsanfang live in Kölle erleben.
Wir sicherten uns gute Plätze ganz vorne, heutzutage ein „Muss“ da ab Publikumsmitte immer mehr gequasselt wird.
Supports finde ich im allgemeinen überflüssig und zeitraubend, war aber sehr angenehm über Jason Serious überrascht; eine westliche Multikultitruppe mit Wohnsitz München, die mit einen feinen Folk, harmonischen Gesang und schön gespielten Banjo durchaus für gute Laune sorgten.
Dann kämpften sich Other Lives mit ihren Instrumenten durchs Publikum auf die kleine Bühne, die anschließend proppevoll von Keyboard, E-Piano, Cello, Trommeln, Schlagzeug usw. war. Ein großer Vorteil des Blue Shell ist, das der Service auch noch während der Umbauphase und des Konzert sich mit Kölschkränzen durchs Publikum quetscht und lecker Kölsch anbietet.
Ich war schon etwas skeptisch ob der großartige Sound der CD hier auf die Bühne zu übertragen ist - ja war er! Klang war toll! Das war halt nicht alles Synthesizer und PC sondern auch Geige, Klarinette und Trompete und was weiss ich alles. Im Wechsel, ganz ohne neuen Soundcheck, lieber K-Nut
Es wurde alles von der der letzten, sehr schönen Platte, und auch ältere Stücke gespielt wobei der zottelige Sänger und wohl auch Chef der Gruppe sich die Seele aus dem Leib sang. Er wirkte auf der Bühne nicht ganz von dieser Welt…
Irgendwo hab ich „Kammerpop“ gelesen, kann man sicher so nennen, war für mich halt großartige Unterhaltung!
Später am Merchandisingstand auch äußerst sympathisch und bescheiden.

Hinzufügen möchte ich noch das ich am Vorabend die russischen Messer Chups im Sonic Ballroom erleben durfte, auch sehr kurzweilig: mit schneller Gitarre, trockenen Schlagzeug und langbeiniger Bassistin. Untermalt wird die Mucke mit einer Kollage von alten B-Horrormovies und Russ Mayer Damen…

BadaBing!

Donnerstag, 17. November 2011


Der Rolling Stone Weekender
Wahrscheinlich hat sich der ein oder andere ja schon gefragt ob wir denn keinen Rückblick zum Rolling Stone Weekender mehr bringen möchten. Da kam aber bei allen Beteiligten eine arbeitsreiche Folge-Woche und wohl auch diverse Erkältungskrankheiten dazwischen.

Nun denn:
R-man: Wir sind so gegen 15 Uhr in Bevertown losgekommen und trotz schwer beladenem Ford Transit locker durch gerauscht. Richtung Puttgarden (wie früher nach Roskilde), dann aber Abfahrt 10 genommen und die 5 Minuten Richtung Ferienparadies gecruist. Während Sidekick Archie und ich uns noch selbst beweihräucherten wie locker doch der Trip war, sah ich links am Fahrerfenster plötzlich tief in die blutunterlaufenden Augen eines riesigen Monster-Hirsches. Der Bursche hatte nicht diese Stöpsel zwischen den Ohren, sondern ein richtig fettes Geweih mit gefühlten zehn, wenn nicht zwölf Enden. Oder gar 14-16? Er ging hinten voll in die Hufe, so Hintern runter mit quietschenden Bremsgeräuschen und machte dabei ein sehr dummes Gesicht, wie in einem Bugs Bunny Cartoon. Ich konnte überhaupt nicht reagieren, nur staunen. Archie hat von all dem nichts mitbekommen. Ich hätte tot sein können, Hirschkopf direkt durchs Fenster und einer der 18-20 Hörner direkt durch die Augenhöhle in mein Hirn. Aus und vorbei.
Als ich Archie bei der Abholung der Schlüssel unterstützte, wollte die Dame Vorkasse, was laut Archie nicht abgemacht war. Und wer ihn kennt, der weiß, dass das ungemütlich werden kann. Ich habe das Ganze dann staatsmännisch mit meinem guten Namen gelöst.

Immer wieder schön, das Donnerstagabend Treffen mit den anderen Plattendealern, Frank (plus Anhang, der Mann muss einen Magneten in der Tasche haben), der gute Schuppo (Fozzybär mit dem nettesten Lächeln der Welt) und der ebenso coole wie wirre Franco - „hömma, ich habe da in Honneff einen Gewölbekeller aufgetan. Da lege ich jetzt mal ein Konzept vor. Dann rufe ich dich an.“ Ein Macher (und netter Kerl, don't get me wrong). Natürlich gingen des Hirschen wegen auch ein paar Jägermeister. Nach einem kurzen Nickerchen trafen dann meine Apartmentgenossen ein und dann wurden noch ein paar weitere Bierchen hinter die noch trockene Binde gegossen.

K-Nut: Für mich ging es Donnerstag-Abend los mit einer der nervigsten Auto-Fahrten meines Lebens. Für die ersten 25 KM benötigte ich zwei Stunden, und so kamen Chrispop, Axel und ich erst am frühen Freitag-Morgen gegen 02:30 (Abfahrt 17:30 in Köln!) am Weissenhäuser-Strand an. Dort wurden wir von einem recht gut gelaunten R-Man mit ein paar kalten Begrüßungs-Bierchen empfangen. Freund Rembert gesellte sich noch zu uns, eine geplante Vorab-Besichtigung des beeindruckenden Komplexes (O-Ton Rembert: „Genau so stelle ich mir Belgien vor!“) scheiterte aber an verschlossenen Türen.

Aussicht vom Balkon
Am Freitag dann ein skuriles Frühstück mit zwei Vegetariern, einem Nichtfrühstücker und einem, der auch gerne mal ordentlich Blutwurst auf’s Frühstücks-Brötchen legt (ich).

Dann Standaufbau direkt am Haupteingang; eigentlich eine perfekte Position, da alle an uns vorbei mussten, der Platz erwies sich aber dank frostiger Temperaturen als deutlich suboptimal. Als erstes machte ich mich mal mit dem netten Haustechniker, der örtlichen Polizei und der Berufsfeuerwehr bekannt (in genau dieser Reihenfolge).
...und im nächsten Jahr weiß ich dann genau, wo sich die Sensoren für die Rauchmelder bzw. Alarmanlage befinden und steige auch nicht mehr auf hohe Leitern! Versprochen!!! („So ein Einsatz kostet schnell mal 5.000,-€!“ „Tut mir leid, habe ich gerade nicht dabei...“)


Stag-O-Lee & Glitterhouse
R-man: Der Aufbau des Stag-O-Lee Stands lief ansonsten gewohnt geschmiert. Mit K-Nut und Chrispop braucht man sich keine Sorgen zu machen. Ich war letztes Jahr schon mal da und habe auf meinen drei Standmetern einen gigantischen Umsatz gemacht und hatte dementsprechend „the time of my life“. Damals.

K-Nut: Das Wetter war ja eigentlich toll! Zwei Tage keine einzige Wolke zu sehen – aber ein paar Grad wärmer hätte es ruhig sein können, oder? Allerdings ein echter Vorteil: Der biergefüllte Transit gab den perfekten, nahegelegenen Kühlschrank ab. Und wenn es ganz frostig wurde gab es leckeren Lütje Minze zum aufwärmen.
Die Stand-Situation war ja vergleichbar mit dem OBS, so hatten wir auch diesmal die fette Anlage am Start. – und das sollte sich noch bewähren. Luxuriöserweise auch zwei Plattenspieler.

R-man: Im achsogrossartigen Soundcruiser, muss man hinzufügen. Aber K-nut hat es schon gesagt, es war einfach zu kalt. Ich friere wegen guter Körperisolation ja eigentlich selten (und hatte folglich auch auf allzu warme Klamotten verzichtet), aber das kroch schon in der ersten Minute in mich hinein und machte mich mürbe. Zudem litt ich unter mangelnder Kauflust der Besucher, ein echtes Problem, wenn man Umsätze vorher hochrechnet und verplant. Den Abend gerettet hat wie letztes Jahr der gute Volker H. aus W. (ein Jugendfreund), der eine Flasche Lütje Minze spendierte, ein lokales Gebräu, das man wohl nur in Lütjendorf in einem kleinen Laden am Marktplatz kaufen kann. Schmeckt wie flüssiges After Eight und hat satte 50 %! Schmeckt, wärmt und hat heilende Kräfte. Bands habe ich an dem Abend keine gesehen. Oder?

K-Nut: Nö, nicht dass ich wüsste. Ich trinke ja normalerweise keinen Schnaps, und süßen schon garnicht - meine mich aber an ca. 5 Lütje Minze erinnern zu können. Echt lecker! Auch von mir herzlichen Dank. Ich habe dann mit Chrispop im großen Zelt ca.10 Minuten Notwist gesehen. Da machten diverse Herren lustige Geräusche mit lustigen Instrumenten (u.a. einer Wii-Fernbedienung), das passte aber gerade so gar nicht zu meiner Stimmung, also zurück zum Stand.
Später habe ich dann versucht Portugal. The Man zu sehen, ließ mich aber von der ewig langen, und nicht kürzer werdenden, Schlange abschrecken. Die tolle Ausweichstrecke quer durch die Herrentoilette entdeckte ich erst später.

Abends dann ein erneuter (und letzter?) Versuch mich mit Wilco anzufreunden. Es tut mir leid, wahrscheinlich bin ich schlicht zu doof für diese Band. Da kann die Presse Herrn Tweedy noch so sehr feiern – ich verstehe das alles einfach nicht. Im großen Zelt wurde jede kurze Noise-Einlage frenetisch bejubelt. Mich hinterliessen meine 20 Minuten Wilco einfach nur ratlos und genervt. Das ist wohl doch exklusiv Musik für Studierte und Studierende...

R-man: Ach ja, bei Wilco war ich doch so drei Minuten. Ich wollte dann so ein paar Treppenstufen hoch, um besser zu sehen, und wurde dann von einer Gauleiterin darauf hingewiesen, dass hier der VIP-Bereich beginne und ich doch besser wieder gehen sollte. Beheizt von ein paar Minzschnäpsen machte ich ihr ausführlich klar, dass ich garantiert wichtiger sei, als 95 % der Lutscher, die da oben stehen. Gebracht hat es nichts. Befehl ist Befehl.

K-Nut: Am Samstag wollte ich mir dann mal ein bisschen mehr Live-Musik gönnen; ich war ja schliesslich nicht nur zum Arbeiten mitgekommen.

Heather Nova
Ganz kurz zu Heather Nova, immer noch sehr hübsch die Dame, aber musikalisch doch unglaublich langweilig. Dann R-man zu den Other Lifes geschleppt. Die hatte ich ihm als „wahrscheinlich beste Band des Festivals“ angepriesen (das Album mag ich sehr). Nachdem wir ziemlich lange vor dem Rondell (eine Mischung aus King-Size-Gartenhaus und Großraum-Sauna) gewartet hatten und so gerade eben noch reindurften („Jetzt nur noch 15!“) hatten wir die Möglichkeit einem elend langen Soundcheck zu lauschen (sehen konnten wir leider nichts); als es dann losging war der Sound an unserem Platz noch immer grottig, die Luft zum schneiden und der erste Song packte uns auch nicht gerade. Als wir dann während der zweiten Nummer wieder gingen, stand draußen noch eine ganze Menge Menschen, von denen drei glückliche Schlanke unsere Plätze einnehmen durften. Das war also nix! 

Zwischendurch mit Chrispop an die Ostsee und der Sonne beim Untergang zugeschaut.
la mer

Anschliessend erstmal ein Stand-Bierchen (oder war’s ein Minz-Likör?) dann wollte ich unbedingt noch zu Archive. Da stand ich dann in Bühnennähe mittendrin und hatte großen Spaß! Die Mischung aus Massive Attack, Pink Floyd und Bratz-Gitarren wirkt auf Tonträger ja ab und wann etwas bemüht, aber live packte mich das sofort. Das Konzert begann mit einem längeren Sequencer-Intro zu leerer Bühne (das sollten später noch Cake wiederholen) und steigerte sich dann in ein wirklich tolles „Best Of Archive“-Konzert. Nach ca. 80 Minuten trieb mich meine Blase aus dem Zelt und erwartungsgemäß blieb ich beim Rückweg am Stag-Stand hängen. Trotz Chrispops „Seit wann stehst Du auf Stadion-Rock?“ blieben Archive mein absoluter Festival-Höhepunkt! 

Archive
Später zu Cake. Die fingen, laut Poppy, ebenfalls mit sonderbarem Synthie-Intro zu leerer Bühne an – und zwar stolze 12 Minuten lang, sodass die Band zu einem munteren Pfeifkonzert auf die Bühne kam. Cake sind eine, nach wie vor, sehr unterhaltsame und abwechslungsreiche Band. Da wechseln sich funky Rocker mit Mitsingrefrains und Countrywaltzes mit jazzigen Balladen und purem Pop ab. Wirkt auf Dauer etwas beliebig, hat aber Spaß gemacht (und die hübschesten T-Shirts hatten Cake auch!). Der Frontmann wollte übrigens kurz vor dem Gig die sechs €uro für eine Spoonful-CD bei mir mit Kreditkarte bezahlen.

R-man: hier mische ich mich mal ein. Drei Minuten Cake, zwei Songs Other Lives (Hippierock), mehr war nicht. Laut K-Nut (siehe nächste Zeile) war ich bei Elbow – glaube ich nicht. Es war ein kalter und trauriger Tag. Zu wenig Umsatz und irgendwie frustriert. Bis Volker noch eine Flasche Lütje Minze vorbei brachte. Dann wurde es langsam besser.

Elbow
K-Nut: Wie meinen? Du hast mich am Händchen mit zu Elbow geschleppt, bist aber gleich beim ersten Song wieder verschwunden! Elbow kannte ich vorher nicht, die waren mir aber sehr ans Herz gelegt worden. Großes Bühnen-Spektakel mit Streichern und großem Auftritt des Sängers. Nach der ersten Nummer (die klang, als hätte man sie aus dem 3.Wahl-Haufen von Phil Collins gezogen) fing der Sänger einen längeren Monolog an, der zwar stellenweise ganz lustig war, aber eben Konzert-dramaturgisch völlig daneben. Nach dem zweiten Song (oder war das noch mal der erste?) fing er wieder an zu sabbeln. Ich bin dann gegangen und hatte kurz darauf eine sehr vergnügliche halbe Stunde an den Plattenspielern. 

Aus dem großen Zelt strömten ziemlich viele Menschen (ich war wohl nicht der einzige der das langweilig fand) und fingen spontan an im eiskalten Flur zu tanzen. Den einheizenden GoGo-Boy gab ein gutgelaunter R-Man auf dem Rand eines Palmenkübels. Nachdem ich meine „Hits“ alle verpulvert hatte übernahm Chrispop dann die Spätschicht.

R-man: ja, die letzte halbe Stunde. Letztes Jahr hatte ich zwei Girls aus Neubrandenburg mit meinen 10 verbliebenden Tonträgern zur Ekstase gebracht, was dann in spontanen „Du bist unser König!“ Rufen kulminierte als ich meine letzte Platte droppte – Ich Wünsch Mir Eine Kleine Mietzekatze von Wum & Wendelin. Dieses Jahr war ich besser vorbereitet und als die beiden Mädels plötzlich aus dem Nichts auftauchten und wie letztes Jahr zur Bambule animierten, kochten die paar Meter plötzlich über. Ich stand irgendwann auf einem Blumenkübel, schwang einen Palmwedel über mein Haupt und bewegte meinen grazilen Körper im Rhythmus der Musik. Bis dann wieder so ein Security-Nazi kam und mir den Wedel aus der Hand nahm. Hat er wahrscheinlich als Waffe eingestuft. Egal, gar schön war's.

K-Nut: Nana! Ich fand die Security eigentlich sehr umgänglich. Leider gibt's von der Tanzeinlage keine Fotos...  
Als wir dann zu später Stunde den Stand abgebaut hatten, gingen wir noch zur RS-Aftershowparty und tranken ein paar Absacker zu anscheinend geshuffelten Indie-Hits mit Michael Jackson und Take That- Einlagen.

R-man: vor der Aftershowparty bin ich dann noch kurz im Kinderspiel-Waterworld gelandet und wollte mich dort mit einem Floß und einer Liane von Küste zu Küste (5 Meter) ziehen. Ich muss wohl zugenommen haben in den drei Tagen, denn plötzlich stand ich knöcheltief im Wasser und versaute mir meine blauen Wildleder adidas.
K-Nut: Davon habe ich wiederum Bilder, hähä.
R-man: Mit nassen Füssen war die Aftershow Party aber genauso langweilig. Rembert konnte die Tracks sogar vorhersagen!

K-Nut: Als Gesamt-Erlebnis-Wochenende war das ein großer Spaß! Als Festival für mich persönlich nicht der große Wurf. Das lag aber zum größten Teil an den Venues, die nicht unbedingt konzerttauglich sind (Ausnahme, trotz peinlichem VIP-Bereich: das große Zelt) und dem Line-Up (das ist natürlich reine Geschmacks-Sache). 
Mir fällt übrigens gerade ein, dass wir auch einen schnarch-langweiligen Fleet Foxes-Song mitbekommen haben!
Das superangenehme Publikum, die freundliche Crew, die sonderbare Location, die leckeren Getränke und natürlich unsere lieben Glitterhouse-Stand-Nachbarn wogen aber so ziemlich alles auf.

R-man: ich habe ja musikalisch kaum etwas mitbekommen, aber irgendwie habe ich das Gefühl (ich erlaube mir jetzt einfach ein Urteil), dass die Truppen beim RSW entweder weinerliches Indie-Schrum-Schrumm machen oder bräsigen Neuzeit-Prog-Rock. Der einzige, den ich sehen wollte (Seasick Steve) hatte einen Tag vorher abgesagt. Ich bin ja auch nicht wegen der Musik hingefahren, sondern wie gewöhnlich hinter dem schnöden Mammuth her gewesen. Und hier schien Umsatz gleich Stimmung, geteilt durch Frostbeulen mal Lütje Minze hoch zehn.
Ich werde nächstes Jahr wohl wieder vor Ort sein, mit geringeren Umsatzerwartungen, mehr Schnaps und sexy Skiunterwäsche. Nuff said.

K-Nut: Ich kann's kaum erwarten...

Donnerstag, 10. November 2011

...das shake-baby-shake-Team verabschiedet sich bis Anfang nächster Woche um in der Zwischenzeit beim Rolling-Stone-Weekender mal nach dem rechten zu sehen...
Fall jemand von Euch auch da ist: Sagt mal Hallo! (Ihr werdet uns zu finden wissen.)
Am 11.11.11 um 11:11h möchte ich eine kurze Gedenkminute für die daheimgebliebenen Kölner Kollegen einlegen.



(K-Nut)

Montag, 7. November 2011


The Past and Future of Soul: 
Charles Bradley and his Extraordinairies

Am Samstag fuhren wir motiviert nach Mannheim-Ludwigshafen zum ersten Konzert der aktuellen Tour von Daptone-Star Charles Bradley. Die etwas längere Anreise sollten wir nicht bereuen, denn wir wurden mit einem wahrhaft sensationellen Konzert belohnt.

Der Rahmen war eher uncool, aber entspannt: „Das Haus“ ist eine funktionale Mehrzweckhalle, die dann auch sehr ordentlich mit einem eher gesetzten Publikum gefüllt war. Die komplett weiße Band spielte dann zunächst im Stil klassischer Soul-Revues ein paar lässige Instrumental-Nummern und erwies sich dabei durchaus als so etwas wie eine zeitgemäße Neuauflage von Booker T & The MGs – mit Orgel, Gitarre, Trompete und Sax zur kompetenten Rhythm Section. Wer genau die Burschen waren, kann ich nicht sagen, die zuständige Label-Betreuerin von Daptone sprach aber von einigen Überschneidungen mit der famosen Menahan Street Band, was ich ihr gerne glaube. Egal – die Burschen spielten einen staubtrockenen Groove, funky, organisch, kraftvoll und extrem mitreißend.

Nach 15 Minuten kam Charles Bradley auf die Bühne und eroberte das zunächst etwas hüftsteife Publikum im Handumdrehen. Der Typ ist völlig umwerfend, knuffig und charmant, liefert eine prächtig altmodische Show und hat eine Stimme, die mich einfach umhaut. Ich durfte ja schon James Brown, Curtis Mayfield und Isaac Hayes live erleben, aber so viel Soul habe ich noch nie erleben dürfen. Die Showelemente mit Mikrofonständerkippen, theatralischem Zubodenwerfen und irren Tanzeinlagen ist natürlich klassische JB-Schule, aber der Typ bringt das extrem souverän und mitreißend rüber.

Und Bradley ist ein wahrhaftiger Soulman, stimmlich zwischen Wilson Pickett und James Brown. Bei aller Liebe zur theatralischen Show lebt er seine Texte mit Leib und äh, Seele. Tief emotional und oft den Tränen nahe, gibt er wirklich alles. Und als dann während des Konzerts auch noch sein 63. Geburtstag mit Torte und Gesangseinlage des Publikums gefeiert wurde, flossen dann echte Tränen über des Meisters Wangen. Zum Konzertende stieg er übrigens ins glückliche Publikum hinab, drückte zunächst ein paar Hände und fing schließlich an, fast jeden einzelnen Besucher zu herzen und zu drücken.

Das 90-minütige Konzert verflog leider viel zu schnell, zwischenzeitlich legte Bradley ein Päuschen zum Umkleiden ein, während die Band u.a. das unschlagebare „Take The Road By Walking“ der Menahan Street Band originalgetreu intonierte. Und auch Bradleys aktuelle Single, das Neil Young-Cover „Heart Of Gold“ gelang ganz prächtig. Dazu kamen natürlich alle Hits des fantastischen Daptone-Albums „No Time For Dreaming“.

Insgesamt war das ein grandioser Konzertabend und wahrscheinlich das Beste, was ich dieses Jahr live erleben durfte. Charles Bradley ist gleichzeitig die Vergangenheit und die Zukunft der Soul Music, genauso wie ansonsten wohl nur noch Label-Kollegin Sharon Jones.

Beim Merchandise konnte man übrigens diverse 7-Inch-Vinyle erstehen, mit Zeug von Bradley und auch der Menahan Street Band, was wir uns natürlich nicht entgehen lassen konnten.

Falls ihr die Möglichkeit habt, dann schaut ihn euch unbedingt noch live an – niemand wird es bereuen, das verspreche ich.

06.11.11, 21:00, Berlin - Lido
08.11.11, 21:00, Erlangen - E Werk
09.11.11, 21:00, Köln - Luxor
10.11.11, 20:30, Basel - Kaserne

Das Foto hat Ola gemacht.

(Whirlyjoe)

Donnerstag, 3. November 2011

hingehen:

Charles Bradley and his Extraordinairies on Tour

Für Kenner: unter den Musikern der Extraordinairies sind auch Leute, die sonst bei der famosen Menahan Street Band spielen.

05.11.11, 20:00, Ludwigshafen - das Haus (Enjoy Jazz Festival)
06.11.11, 21:00, Berlin - Lido
08.11.11, 21:00, Erlangen - E Werk
09.11.11, 21:00, Köln - Luxor
10.11.11, 20:30, Basel - Kaserne

Hier das ganz neue Video:



(Whirlyjoe)

Dienstag, 1. November 2011


Musik zum Fühlen: The Melvins

Einmal im Jahr kommen sie auf Tour, und jedes Mal bin ich aufs Neue geplättet. Und zwar vor allem durch die extreme physische Kraft der Band, die – seit 28 Jahren im Geschäft – ja schon seit geraumer Zeit mit zwei Drummern antritt. So auch am Freitag in der bestens gefüllten Schorndorfer Manufaktur. Die beiden Trommler wurden erneut auf die Pole Position der Bühne platziert: mittig und ganz vorne am Bühnenrand. Links davon King Buzzo im Fleece-Kaftan und dieser unglaublichen Frisur, die Tingeltangel-Bob von den Simpsons vorweggenommen hat, rechts der gewaltige Bassist, optisch exakt die Mitte zwischen Buddy Miles und Johannes dem Täufer.

Der mächtige Melvins-Sound lebt aber voll und ganz von der Kraft der zwei Drummer. Ich stand zum Glück ganz vorne – allerdings direkt vor einem Subwoofer, der mir das gesamte Konzert lang die Magenwände traktierte. Selten konnte ich Musik intensiver fühlen als an diesem Abend. Aber so hatte ich freie Sicht auf den ganz schön in die Breite gegangenen Brachialdrummer Dale Crover, der das Geschehen auf der Bühne diktierte. Dass er dabei wie ein irrer Serienkiller aussieht (und wie sein jüngerer Kollege in einem Röckchen auftritt) tut dem Vergnügen keinen Abbruch.

Am besten klingt es, wenn die beiden Drummer unisono mit kraftvollem Punch Beat und Breaks zelebrieren. Buzzo legt sich mit seiner gläsernen Noise-Gitarre und der nach wie vor kraftvollen Stimme schwitzend ins Zeug und bei den Melvins klingen sogar so dämliche Erfindungen wie Schlagzeugsoli ganz und gar faszinierend. Nach hundert Minuten war wie immer ohne Zugabe Schluss, mehr hat es auch wirklich nicht gebraucht. Wie gesagt – eine physische Erfahrung, die man unbedingt mal erlebt haben sollte. Nächstes Jahr kommen sie hoffentlich wieder.

Hier kann man sich ein ganzes und fast neues Konzert der Band ansehen.

Das schnelle Handy-Foto kommt wie gewohnt von Chris: herzlichen Dank dafür.

(Whirlyjoe)