„You’re At Home, Baby“ - OBS Tag 2
Orange Blossom Special, das kleine feine Festival von
Glitterhouse Records, Ausgabe Nummer 15 – und schöner denn je. Eure Korrespondenten K-Nut und Whirly berichten wie jedes Jahr direkt aus den Augen des Hurricanes (Glittergarten, Stag-O-Lee-Area, Stadtkrug) und zeigen euch die schönsten Fotos.
Whirlyjoe: Der Samstag begann glänzend für mich: dank der mehr als komfortablen Unterkunft bei Heike & Axel in Lauenförde und dem weitsichtigen Frühzubettgehen war ich so ausgeschlafen wie noch selten beim OBS. Das Wetter zeigte sich erst noch etwas mürrisch, der Garten war aber schon vor Mittag so voll wie noch nie um diese Zeit, denn mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass die skandinavischen Glitterhouse-Darlings
Washington die „geheime“ Überraschungsband waren. Dank eines luxuriösen Frühstücks bei Familie Richter im Stadtkrug verpassten wir allerdings das meiste vom Gig, mir persönlich tat das nicht weh, finde ich Washington beim vierten oder fünften Konzert inzwischen doch arg rührselig und Coldplay-haft. Ja, schimpft nur in den Comments über so viel Ignoranz….
K-Nut: Ich war ja auch völlig baff einen dermaßen knüppelvollen Glitter-Garten um diese unchristliche Uhrzeit vorzufinden. Washington mag ich ja ganz gerne, aber dass sie immer rührseliger werden stimmt schon irgendwie. Als samstägliche Einstiegs-Band im leichten Nieselregen aber perfekt platziert.
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Alex & Patrick |
Whirlyjoe: Aber dann. Die beste Band des Festivals. Natürlich bin ich voreingenommen, weil ich Michael Sheehy und seinen Bruder Patrick als Freunde bezeichnen darf, aber was die beiden Londoner mit ihrer neuen Band
Miraculous Mule geboten haben, war einfach umwerfend. Deepster Gospel-Blues, Soul und äh, Spacerock, von Michael mit diversen aufgedrehten Effektgeräten an der Gitarre in Szene gesetzt. Ich hab die Jungs über die Jahre jetzt schon so oft spielen sehen, aber das war der Hammer. Gänsehautmusik im wahrhaftigen Sinn, nicht wahr Peter? Früh legte ich mich fest: „bessere Musik würde es beim OBS garantiert nicht mehr geben“, behauptete ich kühn, um später dann doch noch eines Besseren belehrt zu werden.
K-Nut: Ich durfte die Mulis ja bei ihrem letzten Deutschland-Trip für zwei Tage begleiten - aber die werden tatsächlich immer besser! Michael mag ja kein Virtuose an seinem Instrument sein, aber er gehört definitiv zu meinen Lieblings-Gitarristen.
(Die Gitarre-im-Nacken-Einlage hielt ich ja für einen Gag, den hat er aber am Sonntag wiederholt.) Das war wirklich großartig und hätte, meiner Meinung nach auch gut in den Abend gepasst. Die vier ergänzen sich wirklich perfekt. Großes Kino!
Whirlyjoe: Danach
Marie Fisker, die Dänin mit dem biederen Outfit, aber einem umso hinreißenderen Sound zwischen Mazzy Star und Velvet Underground. Musik zum Ein- und Abtauchen, magisch und nicht von dieser Welt. Mein OBS war nach diesem Konzert schon gerettet. Wie war das bei dir, Knut?
K-Nut: Du hattest mir ja angekündigt, dass Frau Fisker (von der ich noch nie einen Ton gehört hatte) auf den Spuren von Mazzy Star wandeln würde. Die mochte ich ja immer sehr gerne, war also höchst gespannt. Meine Aufmerksamkeit konnte sie zwar nicht über den gesamten Gig halten, dafür klang mir das zu oft nach Zitat („…woher kenne ich das jetzt schon wieder?“), aber insgesamt fand ich den Auftritt der jungen Dame mit dem urgroßmütterlichen Outfit schon sehr gelungen. …bin aber weder ab- noch ein-getaucht.
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The Great Bertholinos |
Whirlyjoe:
The Great Bertholinis sah ich nur aus dem Augenwinkel, vertraue aber Herrn Chrispops Urteil, etwas verpasst zu haben.
K-Nut: Da muss ich ja gestehen, dass mich meine Allergie gegen Ost-Folklore gar nicht erst in die Nähe der Bühne kommen liess. Aber selbst R-man fand die ganz gut.
Ich kann mir da aber wirklich keine Meinung erlauben.
Whirlyjoe:
Emily Jane White sah ich mir dann wieder aus der Nähe an – die perfekte Nachmittagsmusik zum inzwischen richtig sommerlichen Wetter. In sich ruhend und unaufgeregt, die blanke musikalische Schönheit.
K-Nut: Im Vergleich zu Ihren Alben war das ja eher karg instrumentiert, aber dennoch wunderschön, da hast Du recht.
Positiv überascht war ich auch vom Pausenmusikanten
Rocco Recycle, der ja auf den ersten Blick doch recht albern wirkte, sich aber als echter Entertainer entpuppte und zudem im Backstage-Bereich als grundsymphatischer Zeitgenosse neue Freunde sammeln konnte.
Whirlyjoe:
Dan Mangan wurde unter den anwesenden Indie-Nerds als Geheimtipp gehandelt, und zwar durchaus zurecht. Der Kanadier hat einer erstaunliche Reibeisenstimme, dazu eine fiebrige Band im Rücken, was mich zum Teil angenehm an Okkervil River erinnert hat. Der große Erfolg beim jüngeren Publikum war jedenfalls in höchstem Maße verdient.
K-Nut: Indie-Hypes finde ich aus Reflex heraus ja immer erst mal doof – als wäre „indie“ ein Qualitäts-Merkmal – aber der Herr Mangan steht seit Samstag auf meinem Einkaufszettel. Sehr schön das!
Das Soundcruiser-Program war ja am Samstag etwas bunter gemischt, ab und wann provozierten wir auch die ein oder andere spontane Tanzeinlage auf der Wiese.
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Slim Cessna's Auto Club |
Whirlyjoe: Äh,
Slim Cessna‘s Auto Club sah ich mir dann von hinten in der Stag-O-Lee-Area an. Zumindest von dort hinten hat das nicht so gut funktioniert. Cow-Punk mit Showcharakter? Als ich kurz mal nach vorne ging, sah ich eher befremdliche Exorzismus-Rituale auf der Bühne, die ich aber wohl falsch verstanden habe.
Gisbert zu Knyphausen hatte danach das erwartete Heimspiel. Der ist einfach ein Guter, hat Charisma und betörende Songs, von denen ich leider zu wenige gehört habe, denn die DJs müssen ja rechtzeitig im Stadtkrug sein, seit Samstag auch noch mit dem 1210er vom Soundcruiser unterm Arm.
K-Nut: „Cow-Punk“? Wo hast Du denn da Punk gehört? Ich fand das überraschend poppig. Die Bühnenshow war aber dermaßen durchgeknallt, dass man das wohl nur lieben oder hassen konnte. Ich konnte mich nicht ganz zwischen Faszination und Belustigung entscheiden und machte mir zwischendurch Sorgen um die Kinder auf der Bühne. Ich werde mir das wohl mal auf Tonträger anhören müssen um zu beurteilen ob die Musik alleine trägt. Auf jeden Fall als Diskussions-Thema so geeignet wie der Auftritt der
Fabulous Penetrators 2010.
Ob der Herr zu Knyphausen und ich jemals zueinander finden? Ich werde es weiter mit ihm versuchen. Wenn der hochgeschätzte Nils Koppruch meint das wäre ein Guter verdient er auch eine dritte und vierte Chance. Vielleicht funkt’s ja irgendwann mal…
Die erforderliche Plattenspieler-Logistik machte auch einen recht frühzeitigen Aufbruch per Taxe nötig.
Whirlyjoe: Die Party geriet dann doch ein wenig aus den Fugen, ich kann mich nicht erinnern, einmal einen derart proppevollen Stadtkrug erlebt zu haben. Da muss man schon motiviert sein. Ich durfte mit Chrispop eröffnen, später übernahm Patrick mit zum Teil neuen und gewohnt wilden Goodies, weiter kann ich mich imBier-, Schweiß- und Zigarettendunst nicht mehr erinnern. K-Nut, übernehmen sie….
K-Nut: Bei den Aftershow-Parties sind Gedächtnislücken erlaubt und nur zu verständlich. Erwarte bitte keine Details! Patrick hat noch ein Weilchen mit R-man gemeinsam gezaubert. Mindestens die Hälfte von Tamikrest erschien, verstand sich anscheinend glänzend mit den Party-Animals von Miraculous Mule, es wurde ausgiebig getanzt und gefeiert. Irgendwann waren die alten Herren müde (inkl. Dir – habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich in Wahrheit älter bin als Du?). Axel war auch von zwei langen Nächten etwas angezählt. Den Rest der Nacht bestritten dann Chrispop und ich. Der Mann ist ja schließlich Profi und ich freue mich natürlich, dass er einen Hobby-DJ wie mich an seine Seite lässt. Die Ping-Pong-Sessions von uns beiden klappen auch von mal zu mal besser und wir hatten eine volle Tanzfläche bis 05:30. Dann haben wir noch zwei Rausschmeisser gespielt- es wurde weitergetanzt. Dann haben wir alles ausgeschaltet – ein Päärchen tanzte weiter. (Das muss dann aber eher sexuelle Gründe gehabt haben.) Die Sonne schien schon, Wecker auf 10:30 und ab auf die Matratze.
to be continued
(Whirlyjoe & K-Nut)