Freitag, 27. April 2012

Abt. OBS-Vorfreude
Burning Eagle Festival in Reutlingen

Am letzten Samstag fuhr eine kleine Stuttgarter Delegation raus auf die schwäbische Alb nach Reutlingen, wo beinahe unbemerkt zum zweiten Mal ein feines Musikfestival durchaus im Geist des beliebten Orange Blossom Special stattfand. Das Burning Eagle residierte im Kulturzentrum Franz K., einem umgebauten Kino mit gediegener Atmosphäre, mit riesengroßer Bühne, ganz vorzüglichem Sound und mit rund 400 Besuchern auch vor gut gefülltem Haus.

Die Besetzung konnte sich dann auch wirklich sehen lassen, denn mit den formidablen Garda und Headliner Dan Mangan waren gleich zwei OBS-geadelte Acts am Start.
Die Atmosphäre war angenehm entspannt, das Publikum – wohl wegen Herrn Mangan – ausgesprochen jung und weiblich. Aber auch der eine oder andere OBS-Veteran wurde gesichtet (hallo Landau!). Den Local Hero Tristan Brusch verpassten wir, bei Garda waren wir aber pünktlich mit dem ersten Nachmittagsbier (Zwiefaltener) am Start.
Die sechs ebenso ausgeruhten wie sympathischen Menschen spielten zwar uncoolerweise im Sitzen, zauberten mit Pedal Steel, Keyboards, Gitarren und schönem Harmony-Gesang – vor allem aber der Conor Oberst-Stimme des Sängers mal wieder sehr subtile und wunderschöne Musik.

Mit dem historischen Ragtime-Folk des Briten Jamie Harrison konnte ich dann wenig anfangen, schon gar nicht mit seinem exaltierten Sax-Player. Dafür aber mit dem vorzüglichen Damien Nicholas DeRose aka Peasant – tolle Stimme, edler Americana-Rock. Der tourt in den nächsten Wochen übrigens weiter durch Europa.
Das Highlight waren dann die Schweden der Travelling Band, an Pfingsten ja zum Glück auch beim OBS am Start. Da hat OBS-Booker Rembert mal wieder eine gute Hand gehabt, denn die fünf bärtigen Skandinavier spielten ein mitreißend enthusiastisches Set mit viel Gitarren-Dampf, tollen 70s-Style-Harmonies und fast schon Southern Rock-artiger Atmosphäre. Da dürfen wir uns schon mal drauf freuen.
Sehr charmant spielte dann die ausgesprochen britisch anmutende Engländerin Liz Green auf, ihr spleeniger Vaudeville-Swing kam beim erfreulich aufmerksamen Publikum verdientermaßen gut an. Es folgten noch Dan Mangan und die Schwesterband The Crackling, für mich ein wenig rätselhaft, wie der Kanadier mit seinem hölzernen Standard-Indie-Emo-Sound so erfolgreich sein kann. Liegt wahrscheinlich an mir, denn das Publikum war wieder einmal restlos begeistert.

Macht insgesamt ein gelungenes und sehr entspanntes kleines Festival mit sehr fairem Eintrittspreis – die 18 Euro waren mehr als gut angelegt. Nächstes Jahr sind wir – dann in neuer Location – natürlich auch wieder dabei.
 
(Whirlyjoe)

Sonntag, 15. April 2012


My Sweet Lord!

George Harrison versucht hier, eine 7" in seinen Car Player zu schieben! Das hätte ich gerne mal erlebt. Wer Geld übrig hat, der kann sich so ein Teil hier ersteigern! Have a nice day! (R-man)

Mittwoch, 11. April 2012

Abt.: Brandneu und direkt ins Herz
Lee Fields & The Expressions
Faithful Man

Nachdem ich mir mit dem Album von Lee Fields in den letzten Tagen mein Herz in Streifen gerissen habe, möchte ich nur mal kurz kundtun, dass Faithful Man ein fabulöses Soul-Monument ist, welches sich aufrecht mit jedem klassischen Soulalbum messen kann. Und da schließe ich auch Otis oder James Carr ein... mögen sie einfach kommen. Lee Fields muss da keine Angst haben. Nachfolgend das Review unseres Herrn Whirlyjoe, eher ein Stoiker... etwas mehr Herzblut dürfte es schon sein. Sagt: R-man.

Nach knapp zwei Jahren endlich ein neues Album von einem der größten Classic-Souler: Lee Fields hat in den 70ern als Independent Artist den kommerziellen Durchbruch knapp verpasst, wurde in den 90ern aber von Soul-Spezialisten wie Desco und Soul Fire wieder entdeckt, was ihm 2009 dann endlich wieder ein neues Album ermöglichte. Die Chance konnte er mit dem souveränen „My World” auch nutzen, jetzt setzt er mit „Truth & Soul“ sogar noch einen drauf und nähert sich fast schon der einsamen Klasse eines Charles Bradley. Seine Stimme ist fast ebenso sensationell, oft klingt er lupenrein nach Bobby Womack, ähnlich roh und heiser - und trotzdem immer unglaublich deep und emotional. Die Songs sind wunderbar eingängig, allerdings nicht ganz so puristisch inszeniert wie die schnörkellose Kunst von Charles Bradley. Lee Fields liebt es üppiger, gerne mit Streichern zu Bläsern, die Songs auch ein wenig komplexer und nicht ganz so klassisch oldschool, saftiger Southern Soul ist schon eher sein Metier. Ganz ähnlich eben wie der große Bobby Womack in den frühen Siebzigern. Produziert haben Jeff Silverman und Leon Michaels vom Truth & Soul-Label, die auch schon für Aloe Blacc und El Michels Affair gearbeitet haben. Hier findet das echte Soul-Revival statt, nicht bei Adele. (Whirlyjoe)

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Sonntag, 8. April 2012


Ein zweites Osterei...
Spoonful - Vol. 58
Hard Row To Hoe

Popcorn ist ein Musikstil, der seit einigen Jahren vermehrt auf Flyern, Postern und vor allem in eBay-Artikelbeschreibungen auftaucht. Dabei sind die Grenzen zu Altbekanntem fließend, und viele Stücke die einem bisher von Rockabilly Record Hops oder Northern Soul Allnightern her geläufig waren, bekommen auf einmal ein neues Etikett (und oft auch Preisschild) ans Revers geheftet. Aber was haben wir uns konkret in dieser exotischen Schublade vorzustellen?

Der Begriff Popcorn oder Popcorn Oldies kommt ursprünglich aus Belgien und die Musik bewegt sich vereinfacht gesagt tempo- und stimmungsmässig irgendwo zwischen den musikalischen Eckpfeilern von Little Willie Johns Fever, Ray Charles' Hit The Road, Jack, Tennessee Ernie Fords Sixteen Tons und Dions Wanderer. „Aha, es geht um den Stroll“ denkt sich jetzt der tanzbegabte Rock'n'Roller, und ja, es geht ursprünglich tatsächlich um einen bestimmten Tanz, aber nein, es ist nicht der Stroll, bei dem Rockabellas und Hepkittens im Formationsflug mehr oder weniger anmutig über die Tanzfläche rauschen. Vielmehr ist der „Popcorn“ als Paartanz eine Mischung aus Disco-Fox und Slow Jive, geschwindigkeitsmässig eher im niederen Bereich verortet und wurde in diesem Rahmen, Musikarchäologen haben es herausgefunden, zum ersten mal 1968 in der Diskothek „The Groove“ im belgischen Ostende aufs Parkett gelegt  - Insider nannten den Tanz „Soul Swing“. Ein gewisser Freddy Cousaert stand hinter den Decks und orientierte sich zunächst an frühen Motown-Stücken und Rhythm'n'Blues an der Schnittstelle zum Soul (was man heute ja auch gerne „New Breed“ nennt). Kurze Zeit später startete die örtliche Tanzbude des Dörfchens Vrasene bei Antwerpen ihren „Soul-Afternoon“, der nur Sonntagnachmittags stattfand! Bald platzten die Tanzflächen hier und bei ähnlichen in ganz Belgien aus dem Boden schießenden Veranstaltungen aus allen Nähten, in Vrasene musste ein Anbau her, der 1970 unter dem Namen „The Popcorn“ eröffnete, und da schau her, plötzlich hatte das Kind einen Namen.

Das Augenmerk der DJs war darauf ausgerichtet, die Tänzer mit seltenen Platten, raren Schätzen und unwiderstehlichen Sounds auf die Tanzflächen zu lotsen. Ein bestimmter Rhythmus und das mittlere Tempo waren das Credo, unter dem die guten DJ's Zeugenaussagen zufolge eine einzigartige Stimmung schaffen konnten. Dabei wurden Tunes auch gerne drastisch runtergepitcht, so lief das 1:56 Min. lange Chills & Fever von Allen Wayne gerne auch mal 3 Minuten! Interessanterweise ist die Tatsache, dass hier ein Musikstil nicht von den Interpreten, sondern den DJs definiert wurde, nicht die einzige Parallele zum gleichzeitig in Großbritannien durchstartenden Northern Soul. Auch die Jagdgründe für begehrte Singles waren die selben, und es gab tatsächlich einen regen Austausch zwischen englischen und belgischen Jägern und Sammlern. Was den Briten zu langsam war, wanderte oftmals nach Belgien und umgekehrt.

Aber der Belgier experimentiert gerne. Da taucht er mal erfolgreich Kartoffelstängchen in heisses Fett, aber wo die Fritten bei uns rot/-weiß kommen, hat er mehr als 30 Saucen am Start. Und an sich gutes Bier versetzt er gerne mal mit dem einen oder anderen Obst. Und so verhielt es sich auch mit dem Popcorn-Sound. Je länger zusätzliche Köche am Brei mitmischten, umso mehr verdarben sie die ursprüngliche Rezeptur. Plötzlich experimentierte man mit Latin, mischte munter Ska-Tunes von Prince Buster und den Skatalites unter und baute schließlich sogar weiße Tränenzieher von Paul Anka, Neil Sedaka und ähnlichen Konsorten ohne Rücksicht auf Verluste ein. Schwülstige Streicher und dramatische Chöre störten kein bisschen, Hauptsache der Rhythmus stimmte. Im Laufe der Jahre wurde der Sound immer weiter verwässert, italienischer und französischer Pop, James Last-mässiger Partysound und noch schlimmere musikalische Verbrechen wurden nun unter dem Namen Popcorn Oldies auf den Plattenteller gelegt und scheinbar schien das niemanden zu stören. Es hätte reichlich Möglichkeiten für einen Aufstand à la "Keep our Popcorn clean!" gegeben - man hat sie alle verpasst. Vor einer aktuell stattfindenden Popcorn Oldies Party in Belgien (da gibt es reichlich) hätte ich echt Angst. Schon alleine die Flyer sind so dermassen neben der Geschmacksspur, dass es schon wieder eine eigene Kunstform ist...

Auf der Suche nach dem Ur-Rezept bin ich tatsächlich über jede Menge Scheußlichkeiten gestolpert (Little Peggy March, Vico Torriani, Sabrina, Pat Boone und reichlich mehr unerträglicher Schleim) und hoffe, die Tunes zwischen Spät-R&B und Früh-Soul (mit einigen Genre-typischen Ausreissern zur besseren Darstellung) freigelegt zu haben, die Ende der 60er/Anfang der 70er tatsächlich im Groove und Popcorn gedropt wurden. Zum guten Schluß läuft allerdings Persian King von Nino Rienzi, eins dieser Spät-Popcorn-Tunes im dramatisch-exotischen James-Last-Partysound, ein Hit auch unter ernstzunehmenden Popcorn-DJs ... so daneben, dass es schon wieder gut ist. Davor gibt es 31 Sides (total 79:57 Minuten) der absoluten Extraklasse und zusammen mit Spoonful #26 - Chills & Fever (der ersten Popcorn Comp) gehört diese CD zu meinen Spoonful-Favoriten. I love this sound! Heavy rotation!  (Prince R-man)

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Samstag, 7. April 2012


Ein erstes Osterei...
Spoonful - Vol. 59
Sin City Jukebox Vol. 7 / Tassel Twisters Special

Völlig überraschend lagen vor kurzer Zeit zwei CDs von Herb Franklin mit Poststempel Wiggins, Mississippi in meinem Briefkasten. Und zwar ebenso überraschend prall gefüllt mit 65 siedend heißen Instrumentals, die der gute Herb aus seinem Fundus zusammengestellt hat. Und zwar nachdem er im Internet stöberte, um den ungefähren Wert seiner zirka 15.000 Singles umfassenden Sammlung zu taxieren. Dort stieß er wiederholt auf den Begriff Tittyshaker, was ihn einerseits mächtig amüsierte und andererseits daran erinnerte, dass in seiner Sin City Bar zu wilden Instrumentalsounds so manch erotischer Tanz aufgeführt wurde und die Tassel (und nicht nur die!) schwer ins Rotieren gerieten.

Tassel Twisters ist deshalb auch der Untertitel des 7. Volumens der Sin City Jukebox. Eine schier grandiose 34 Song Sammlung und wer der Meinung ist (war ich zugegeben auch), dass 80 Minuten Instrumentalsound langweilig sind, der wird seine Meinung revidieren müssen. Denn hier wird alles geboten, vom sleazy Kriecher (das monumentale Crawlin‘ der Untouchables) bis hin zu völlig ausser Kontrolle geratenen High-Speed-Trips, gewürzt durch einige Abstecher in den Orient (Ganiman & His Orientals, Jack La Forge), die Wüste (The Champs) oder auf den Mond (The Premiers). Ein wenig Indianergeheul, wie beim saucoolen Mr. Custer Stomp von The Scouts, oder Urwaldgeräusche tragen zur Kurzweil bei.

Der Tassel Twister kommt mit vintage Sin City Burlesque Original Memorabilia! Und natürlich Linernotes von Herb Franklin selbst. Und das Beste: unser Tassel Twister ist zu 95% Las Vegas Grind-frei! Nur The Whip der Frantics und Buzz Saw von den Gee Cees (letzteres auch die einzige Spoonful-Doublette) finden sich auch auf der Mutter aller Stangentanz-Compilations. Und was Herb hier geschickt hat, kann sich mal gaaaanz locker damit messen. Absoluter Killer! (R-man)

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Freitag, 6. April 2012

Das shake baby shake-Team wünscht frohe Ostern.